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30.04.2009 | 03:00 | Bodenökologie 

Extreme Wetterereignisse beeinflussen biogeochemische Prozesse im Boden

Bayreuth - In zahlreichen Regionen der Erde sind terrestrische Ökosysteme ausgedehnten Trockenperioden, schweren Regenfällen oder intensiven Frostperioden ausgesetzt.

Extreme Wetterereignisse
(c) FOR 562
Im Zuge des Klimawandels werden die Intensität und die Häufigkeit solcher extremen Wetterereignisse voraussichtlich zunehmen. Die Folgen dieser Entwicklungen für Böden und Pflanzen werden an der Universität Bayreuth von der DFG-Forschergruppe "Dynamik von Bodenprozessen bei extremen meteorologischen Randbedingungen" untersucht. Unter dem Titel "Impact of extreme meteorological events on soils and plants" hat die Zeitschrift "Global Change Ecology" im April 2009 eine Online-Ausgabe veröffentlicht, die u.a. vier Beiträge aus dieser Bayreuther Forschergruppe enthält. Deren Sprecher, Professor Dr. Egbert Matzner, und sein Mitarbeiter PD Dr. Werner Borken werten die publizierten Forschungsarbeiten in ihrer Einleitung als Belege dafür, dass biogeochemische Bodenprozesse von extremen meteorologischen Ereignissen in einem erheblichen, empirisch messbaren Umfang beeinflusst werden können.


Vergleichende Untersuchungen im Fichtelgebirge

Ein Beispiel dafür sind die Auswirkungen klimatischer Änderungen auf die Böden von Rotfichtenwäldern. Ein Bayreuther Forscherteam hat auf einer Waldfläche im Fichtelgebirge während der Wintermonate die Schneedecke beseitigt und dadurch in bis zu 15 cm Tiefe einen viermonatigen Bodenfrost ausgelöst. Im Vergleich mit einer schneebedeckten und daher weitgehend frostfreien Waldfläche konnte eine deutliche Verringerung der Bodenatmung festgestellt werden. Die von Bodenorganismen und Pflanzenwurzeln verursachte Freisetzung von Kohlendioxid fiel also in der Waldfläche, die vom Bodenfrost betroffen war, deutlich geringer aus. Dieser Effekt setzte sich während einer mehrmonatigen Trockenperiode im darauffolgenden Sommer fort. Denn infolge des Wassermangels konnten sich die Mikroorganismen im Waldboden nur eingeschränkt von der langen Frostperiode erholen, so dass über das ganze Jahr hinweg erheblich weniger Kohlendioxid abgegeben wurde.


Einflüsse von Wetterereignissen auf Mineralisierungsprozesse im Boden

Dieses Ergebnis stimmt mit weiteren Bayreuther Forschungsarbeiten gut überein, die der Mineralisierung von Kohlenstoff und Stickstoff in den Böden unterschiedlicher Klimazonen gewidmet sind. Dabei handelt es sich um Prozesse, die durch Mikroorganismen verursacht werden. Sie zersetzen und verarbeiten organisches Material im Erdboden in der Weise, dass der dabei freiwerdende Stickstoff und Kohlenstoff in anorganischen Substanzen - z.B. Wasser, Kohlendioxid, Salzen oder Spurenelementen - gebunden und in dieser Form in ökosystemare Stoffkreisläufe eingespeist wird. Entsprechend den jeweiligen klimatischen Verhältnissen gestalten sich solche Stoffumsätze und -flüsse in den Böden von Wäldern, Grasflächen oder landwirtschaftlichen Nutzflächen sehr unterschiedlich. Gleichwohl lassen die bisher erzielten Forschungsergebnisse zwei generelle Tendenzen erkennen: Ein starker Anstieg der Trockenheit im Sommer hemmt die Mineralisierung von Kohlenstoff und Stickstoff; eine erhebliche Zunahme der Niederschläge hingegen fördert diese Prozesse und bewirkt, dass mehr Kohlenstoff und Stickstoff aus dem Boden entweicht.


Einflüsse auf Pflanzen: Extreme Wetterereignisse und globaler Klimawandel

Biologische Entwicklungs- und Wachstumsprozesse von Pflanzen können von globalen Klimaänderungen wesentlich beeinflusst werden. Doch es wäre voreilig, Veränderungen dieser pflanzlichen Prozesse in jedem Fall mit einem globalen Klimawandel zu erklären. Darauf macht eine Studie aufmerksam, die in Zusammenarbeit eines Bayreuther Forscherteams mit dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) in Leipzig entstanden ist. Unterschiedliche Pflanzenarten - insbesondere Honiggras, Besenheide und Hornklee - wurden dabei künstlich erzeugten extremen Wetterereignissen ausgesetzt. Das überraschende Ergebnis: Punktuelle Ereignisse wie starke Trockenheit und heftige Regenfälle können pflanzliche Entwicklungs- und Wachstumsprozesse in ähnlichem Umfang beeinflussen wie ein volles Jahrzehnt einer allmählichen Klimaerwärmung.

"Wir wissen immer noch viel zu wenig darüber, wie die Pflanzenwelt auf die zunehmende Intensität und Häufigkeit extremer Wetterereignisse reagiert. Die jetzt in Global Change Ecology veröffentlichten Ergebnisse liefern aber einige wertvolle Erkenntnisse insbesondere hinsichtlich der komplexen Bodenprozesse", erklärt Professor Matzner. "Gemeinsam mit internationalen Partnern will unsere DFG-Forschergruppe diese Forschungsarbeiten intensivieren. Das Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung (BayCEER), an dem die Forschergruppe angesiedelt ist, bietet dafür wegen der hier praktizierten fächerübergreifenden Zusammenarbeit beste Voraussetzungen." (idw)

Versuchsfläche FichtelgebirgeBild vergrößern
Versuchsfläche im Fichtelgebirge: Dachinstallation zur Bodenaustrocknung.
BodenfrostBild vergrößern
Versuchsfläche im Fichtelgebirge: Entfernen der Schneedecke zur Induktion von Bodenfrost.
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