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02.05.2009 | 03:25 | Agrarforschung 

Forschung für robustere Nutzpflanzen: Lange gesuchter Rezeptor für pflanzliches Stresshormon entdeckt

München - Feldpflanzen, die bei gleichen Erträgen weniger Wasser brauchen als bisher - darauf werden angesichts des Klimawandels auch deutsche Landwirte bald angewiesen sein.

Dürre
(c) proplanta
Damit Pflanzen von sich aus mehr Wasser sparen als bisher, muss ihre "innere Alarmanlage" sensibler gemacht werden. Kernstück dieser Alarmanlage ist ein Signalempfänger - ein Rezeptor, nach dem Pflanzenforscher in aller Welt seit Jahren fahnden. Botaniker der TU München haben ihn jetzt gefunden. Darüber berichten sie in der renommierten Zeitschrift "Science". Trockenheit ist purer Stress für Pflanzen. Wenn es zu heiß oder trocken wird, schütten sie deshalb ein pflanzliches Stresshormon aus, die Abscisinsäure (ABA). Dieser Signalstoff sorgt unter anderem dafür, dass die Pflanzen winzige Öffnungen in ihren Blättern, die Spaltöffnungen, schließen, um so ihren Wasserverlust zu verringern. Um diese Anpassungsreaktion zu starten, müssen die Pflanzenzellen ABA jedoch zunächst erkennen. Wie sie das tun, war lange unbekannt. Viele Forschergruppen waren auf der Jagd nach dem verantwortlichen ABA-Rezeptor, ein Team um Prof. Erwin Grill vom Lehrstuhl für Botanik der Technischen Universität München (TUM) hat ihn jetzt - zeitgleich mit einer Forschergruppe in Kalifornien - gefunden.

Ausgangspunkt der Suche von Prof. Grill und seinen Kollegen waren bereits bekannte Elemente der Alarm-Signalkette: Enzyme aus der Gruppe der Proteinphosphatasen blockieren normalerweise wie eine Schranke die Weiterleitung des ABA-Signals in der Zelle. Damit die Schranke unten bleibt, müssen die Proteinphosphatasen aktiv sein. Bei Stress wird diese Aktivität blockiert und die "Enzym-Schranke" geht nach oben: Das Signal wird weitergeleitet und die Anpassungsreaktion beginnt. Die Wissenschaftler kannten schon zwei Proteinphosphatasen, die als die effektivsten Enzym-Schranken des ABA-Signalweges gelten. "Wir haben deshalb gezielt nach Proteinen gesucht, die an diese Proteinphosphatasen ankoppeln, um sie dadurch vielleicht auszuschalten", so Prof. Grill.

Im Reagenzglas mischten die Wissenschaftler daher verschiedene Proteine mit den Proteinphosphatasen zu Proteinkomplexen. Zu jeder dieser Mixturen fügten sie dann ABA hinzu. Vier Proteinkomplexe zeigten dabei keine Veränderung, doch die fünfte Mixtur stoppte bei Zugabe von ABA schlagartig die Aktivität der Proteinphosphatasen. Verbarg sich hier der gesuchte Rezeptor, der die Weiterleitung des Alarmsignals ermöglichen und die Pflanze zum Wassersparen bringen kann? Die Forscher brauchten mehr Sicherheit.

Daher griffen sie zur "isothermalen Titrationscalorimetrie". Diese aufwändige chemische Messmethode kann anhand geringer Temperaturänderungen feststellen, ob Moleküle aneinander binden - und wird am TUM-Lehrstuhl für Biochemie in Garching routinemäßig eingesetzt. Mit Unterstützung der dortigen Kollegen konnten die Botaniker vom Wissenschaftszentrum Weihenstephan tatsächlich eine Bindung von ABA durch das entdeckte Protein nachweisen. Sie gaben dem lange gesuchten Rezeptor daraufhin den Namen RCAR1.

Die im Reagenzglas gefundene Wechselwirkung zwischen Proteinphosphatase und RCAR1 konnten die Botaniker anschließend auch in lebenden Pflanzen nachweisen. Dabei zeigte sich, dass die untersuchte Ackerschmalwand (Arabidopsis thaliana) empfindlicher auf das Stresshormon ABA reagiert, wenn sie durch gentechnische Manipulationen dazu gebracht wurde, mehr RCAR1-Protein zu bilden. Das bedeutet: Der gefundene Rezeptor RCAR1 kann die innere Alarmanlage der Pflanze tatsächlich sensibler machen. Und er scheint nicht der einzige zu sein: Die Forscher haben bei der Ackerschmalwand noch 13 weitere Proteine gefunden, die offenbar ganz ähnlich wirken.

"Wir haben mit unserer Entdeckung für einen Durchbruch im Verständnis der Stressreaktion von Pflanzen gesorgt", freut sich Prof. Grill. Die Erkenntnisse der TUM-Forscher könnten in Zukunft helfen, Nutzpflanzen mit geringerem Wasserbedarf und verbesserter Trockentoleranz zu entwickeln. Angesichts des in vielen Erdteilen wachsenden Wassermangels würde sich damit ein Traum vieler Landwirte erfüllen. (idw)

Spaltöffnungen auf einem Blatt der Ackerschmalwand - links: geöffnet, da ungestresst; rechts: geschlossen wegen Trockenstress (Bild: Prof. Walther / Uni Ulm)
Spaltöffnungen auf einem Blatt der Ackerschmalwand - links: geöffnet, da ungestresst; rechts: geschlossen wegen Trockenstress (Bild: Prof. Walther / Uni Ulm)
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