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23.08.2013 | 15:33 | Wassererwärmung durch Klimawandel 

Fremde Fischarten wandern in Ostsee ein

Kiel - Fische aus dem Süden machen sich in nördlichen Gewässern breit, weil diese wärmer werden.

Wassererwärmung
(c) proplanta
Sardinen oder Doraden könnten die Ostsee erobern, der Dorsch verschwinden. Die Migration von Fischen erläutert der Meeresökologe Thorsten Reusch vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel im dpa-Interview:

Frage: Wird die Ostsee zur neuen Heimat von Speisefischen, die wir eher aus dem Urlaub in Spanien oder Griechenland kennen?

Antwort: Wir müssen unterscheiden zwischen Irrgästen, die wie Zugvögel vom Kurs abkommen. Das gilt etwa für Mondfische, die wir am Eingang der Ostsee gesehen haben. Oder für Schwertfische, die vor Jahren im Kattegatt zwischen dänischer und schwedischer Küste auftauchten. Aber einige Arten ändern generell ihre Verbreitung.

Frage: Welche sind das und worin liegen die Ursachen?

Antwort: Sardelle, Sardine, Dicklippige Meeräsche, Rote Meerbarbe und Dorade kommen mehr und mehr um Jütland herum in Richtung Ostsee, weil sich die Klimazonen nach Norden schieben. Hiesige Meere haben sich seit 1860 dreimal schneller erwärmt als der Rest, um 1,5 Grad. Diesem Signal folgen Fische.

Noch gibt es dazu relativ wenige systematische Untersuchungen. Wir sind beteiligt an einem Projekt mit Instituten aus sieben Ländern, das mit vier Millionen Euro ausgestattet ist.

Frage: Was bedeutet die Erwärmung für heimische Arten in der Ostsee?

Antwort: Als Speisefische dominieren hier ja Sprotte, Hering und Dorsch, dazu Scholle und Flunder. Der Dorsch könnte nach Norden in Richtung Arktis auswandern: Er braucht kaltes Wasser von zehn Grad und weniger. Es ist möglich, dass die Ostsee in 100 Jahren ohne Dorsch sein wird, dafür mit Sardellen, Anchovis, Doraden. Die Sprotte wird bleiben und vielleicht zunehmen, weil sie es wärmer mag. Beim Hering ist eine Prognose schwieriger, aber er wird sich wohl halten.

Frage: Wie werden sich die Veränderungen auf die Fischerei auswirken?

Antwort: Wir werden sehen. Die Neuankömmlinge können wirtschaftlich genutzt werden. Ich erwarte, dass sie irgendwann befischt werden und das sollen sie auch - aber nachhaltig, also ressourcenschonend. Übrigens: Die Ostsee mit ihrem derzeitigen Salzgehalt existiert erst seit 6.000 Jahren. Im Grunde sind also alle Fische hier «Neubürger».

Frage: Wie entwickeln sich die Lebensbedingungen künftig insgesamt?

Antwort: Die Ostsee wird sauerstoffärmer, süßer und wärmer. Bis Ende des Jahrhunderts könnte das Oberflächenwasser um 4,5 Grad wärmer werden. Die Zuwanderung fremder Arten wird sich deshalb verstärken.

Frage: Gibt es außer dem Klimawandel weitere Ursachen für Migrationen?

Antwort: Die Schwarzmundgrundel kam über Kanäle aus dem 3.000 Kilometer entfernten Kaspischen Meer. Sie mischt hier die gesamte Küstenfischfauna auf und hat im Nord-Ostsee-Kanal eine ordentliche Population aufgebaut. Dieser Fisch ist ein Nahrungskonkurrent für heimische Arten.

Welche Folgen der gesamte Wandel haben wird, müssen wir abwarten. Beim Fußball kann es super funktionieren, wenn ein Trainer mal sechs Spieler auswechselt. Es kann aber auch in die Hose gehen.

Frage: Vor Kopenhagen wurde ein Pacu gefischt, Verwandter der Piranhas und angeblich scharf auf männliche Genitalien. Wie kam der in die Ostsee?

Antwort: Am wahrscheinlichsten ist, dass er aus einem Aquarium kam und ausgesetzt wurde. Er ist bestimmt nicht über den Atlantik aus Südamerika hierher geschwommen. (dpa)
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