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27.07.2009 | 17:26 | Klimaforschung 

StartClim 2008: Anpassung an den Klimawandel in Österreich

Wien - Im Forschungsprogramm StartClim setzen sich ForscherInnen seit Anfang 2003 mit dem Klimawandel und seinen Folgen in Österreich auseinander.

Wirbelsturm - Tornado
(c) yaha vibe - fotolia.com
Selbst bei sehr weitgehenden Klimaschutzmaßnahmen kann ein gewisses Maß an Klimaänderung nicht mehr verhindert werden. Anpassung an den Klimawandel ist daher ein zentrales Thema in der Klimadebatte. StartClim2008 befasste sich mit verschiedenen Aspekten der Anpassung an den Klimawandel in Österreich und leistet damit einen Beitrag zur Entwicklung einer österreichischen Anpassungsstrategie an den Klimawandel.


Waldböden:

Böden sind eine wichtige Quelle und auch Senke für Treibhausgase. Die durch den Klimawandel verursachte Erwärmung der Böden führt zur Erhöhung der Treibhausgasemissionen aus den Böden und damit zu einer Verstärkung des Klimawandels. Dieser selbstverstärkende Effekt konnte mittels Modellberechnungen für drei Waldstandorte in Tirol belegt werden. Bei einer Temperaturzunahme um 1°C wird etwa 10% mehr CO2 durch Bodenatmung freigesetzt. Bei einer Temperaturzunahme von 2°C werden etwa 20% mehr CO2 und N2O (Lachgas) emittiert. Ursache dafür ist der beschleunigte mikrobielle Abbau von im Boden gespeichertem Kohlenstoff und Stickstoff.
 
Gegenüber den vorindustriellen Werten hat die Temperatur in Österreich bereits jetzt um etwa 2°C zugenommen, bis Mitte des Jahrhunderts ist mit einer weiteren Zunahme um ca. 1-2°C je nach Region zu rechnen.


Landwirtschaft

Der Ackerbau im Osten Österreichs wird aufgrund der Folgen des Klimawandels und der damit verbundenen begrenzten natürlichen Wasserversorgung der Agrarflächen zunehmend schwieriger und möglicherweise ohne entsprechende Anpassungsmaßnahmen partiell unmöglich werden. Landschaftsstrukturen, wie zum Beispiel Windschutzhecken, können das Mikroklima verändern und die Wassernutzungseffizienz der angebauten Kulturen verbessern, indem sie den Wind bremsen, die Taubildung fördern, die potentielle Verdunstung reduzieren und auch die Winderosion verringern. Eine Abschätzung der ökonomischen Grenzen und Chancen einer Landschaftsstrukturierung ergab z.B., dass sich für eine 5m hohe und 6m breite Windhecke bei einer durchschnittlichen Windschutzwirkung der 10fachen Höhe der Struktur bereits bei einer angenommen 10%igen Ertragssteigerung der Feldfruchternte ein ökonomischer Vorteil für den Betrieb ergeben kann. Werden darüber hinaus auch noch die zu erwartenden positiven Effekte der Landschaftsstrukturierung auf die Erhöhung der Biodiversität, die Wirkung auf das Landschaftsbild, die Erholungsnutzung sowie eine betriebsübergreifende Vermeidung der Bodenerosion ins Kalkül gezogen, kann aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive ein noch größerer ökonomischer Nutzen gegeben sein.

Für ein 1,44 km² großes, landwirtschaftlich genutztes Einzugsgebiet im Nordosten Österreichs wurde die Wirkung ausgewählter Bodenschutzmaßnahmen hinsichtlich Verringerung der Bodenerosion und Rückhalt des Niederschlagswassers in der Landschaft für den Zeitraum 1961-1990 als Referenz modelliert. Der Großteil der Bodenerosion entsteht im Frühjahr. Je nach Klimaszenario zeigen sich bei konventioneller Bewirtschaftung Veränderungen im Bodenabtrag zwischen -55 bis +22% (bei gemäßigten Treibhausgasemissionen) bzw. -17 bis +56% (bei extremen Treibhausgasemissionen), womit auch ein Anstieg der Erosion über die Toleranzgrenze möglich scheint. Bei Verwendung von Direktsaat im gesamten Gebiet zeigen die Berechnungen zukünftige Erosionsraten zwischen 0,16 und 1,42 t.ha-1.a-1 , welche ähnlich hoch bzw. höher sind als unter derzeitigen Bedingungen. Unter Grünlandnutzung kommt es nur zu marginalen Sedimentausträgen (>0,03 t.ha-1.a-1) aus dem Einzugsgebiet. Da das tolerierbare Maß nicht überschritten wird sind beide Bodenschutzmaßnahmen mit geringfügigen Adaptierungen auch unter zukünftigen Klimabedingungen als für die Bodenfruchtbarkeit nachhaltig anzusehen - allerdings sind Veränderungen von extremen Niederschlagsereignissen noch nicht berücksichtigt.


Tourismus

Steigende Temperaturen führen zu Gletscherrückgang und vermehrtem Auftauen von Permafrost. Die Gletscherfläche im Tuxertal ist seit ca. 1850 bereits um ca. 65 % zurückgegangen und wird sich weiter sehr stark reduzieren. Berechnungen für das Tuxertal mit einem vereinfachenden Modell ergeben weiters ein Schrumpfen der Permafrostfläche auf ca. 73% gegenüber heutigen Werten bei einer Temperaturzunahme um 1,5°C. Dies kann zu Gefahren in Tourismusregionen führen. Eine Befragung von über 300 Bergtouristen und Erholungssuchenden im Tuxer Tal (Tirol) ergab, dass etwa die Hälfte der Befragten den bequemen Bergwanderern zuzuordnen ist, die auch den Ausblick in die Landschaft besonders schätzt. Diese Gruppe erweist sich im Hinblick auf Gefahrensituationen als sehr unerfahren und unsicher. Sie reagieren stark auf eine Veränderung der Bedingungen und zeigen eine hohe Bereitschaft in ungünstigen Fällen das Gebiet ganz zu verlassen, was Auswirkungen auf die regionale Wertschöpfung hätte. Hohe Unsicherheiten in Bezug auf Gefahren bei der Hälfte der Besucher unterstreichen die Bedeutung von Information. Anpassungsmaßnahmen, die etwa Investitionen zum Schutz und zur Erhaltung von Anlagen und Wegen, wie etwa eine bautechnische Sanierung, werden als Aufgabe der Länder (32%), der Gemeinden (22%), der Tourismuswirtschaft (21%) und der Republik (18%) gesehen.

Eine Befragung von Biobergbauern, Touristikern und Funktionären in Tirol ergab, dass der Klimawandel zwar von allen wahrgenommen wird, eine wirklich griffige Vorstellung darüber existiert aber nicht, eher Sorge als konkrete Bedrohung. Eine gewisse Ohnmacht in Anbetracht der Komplexität der Thematik macht sich bemerkbar, welche mit einer „verdrängenden Gedankenlosigkeit" verbunden zu sein scheint. In beinahe allen Interviews kommt die Sorge zum Ausdruck, dass die wahrscheinliche Entwicklung sich immer weiter von der wünschenswerten entfernt, d.h., die Kluft zwischen regionalem Ressourcen schonendem Biolandbau ohne Gentechnik, in Harmonie mit bäuerlichen Traditionen und touristischen Innovationen, und der Fortsetzung des bisherigen Strukturwandels, einschließlich des Einsatzes von Gentechnik immer größer wird. Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel orientieren sich an Bekanntem (z.B. Schneekanonen) und Altbewährtem (z.B. Biolandbau).


Gesundheit

Die hitzebedingte Sterblichkeit in Wien hängt direkt mit der Temperatur des Tages, an dem der Todesfall eintritt, zusammen. Von der Hitzesterblichkeit besonders betroffen sind Frauen, ältere Menschen und Personen in „ärmeren" Bezirken. Interessant ist, dass das Sterberisiko unter Hitzeeinwirkung für Krankenhauspatienten und für HeimbewohnerInnen gleich hoch ist, wie für andere Personen. Bei der Kälte- bzw. Winter-Sterblichkeit fanden sich hingegen keine Bezirksunterschiede. In diesen Fällen hängt die Sterblichkeit mit der durchschnittlichen Temperatur der dem Sterbetag vorangegangenen zwei Wochen zusammen - je kälter, desto mehr Stebefälle.

Eine klare Schwelle, ab welcher die Sterblichkeit stärker ansteigt, und daher Maßnahmen zu setzen wären, konnte nicht gefunden werden. Als praktikable Regelung erscheint das Setzen von Akutmaßnahmen in Form von Warnhinweisen und Verhaltensempfehlungen ab einer prognostizierten nächtlichen Abkühlung auf nicht weniger als 19°C.


Forschungsprogramm StartClim

StartClim wurde als Reaktion auf die Hochwasserereignisse 2002 mit dem Ziel gegründet, Folgen des Klimawandels zu untersuchen und Gegenmaßnahmen zu entwickeln. In Projekten mit einer Laufzeit von etwa zehn Monaten betrieben bisher über 100 österreichische WissenschafterInnen Klimafolgenforschung. Die wissenschaftliche Projektleitung hat Univ.-Prof. Dr. Helga Kromp-Kolb vom Institut für Meteorologie der Universität für Bodenkultur Wien, verwaltet wird StartClim vom Umweltbundesamt.

Finanziert wird StartClim von: BMLFUW, BMWF, BMG, BMWFJ, Österreichische Nationalbank, Österreichische Bundesforste, Österreichische Hagelversicherung, Umweltbundesamt, Verbund Austrian Hydro Power AG.


Weitere Informationen im Internet (umweltbundesamt.at)
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