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28.10.2014 | 18:30 | Klimaforschung 

Weltklimarat vor großen Herausforderungen

Kopenhagen - Der Klimawandel ist da - und Experten zufolge durch Menschen verursacht. Alles schon bekannt? Im neuen Weltklimabericht malen die Forscher ein ähnlich bedrohliches Szenario wie 2007. Machen die Warnrufe noch Eindruck auf die Politik?

Weltklimabericht 2014
(c) proplanta
In dicken weißen Brocken schmelzen auf dem Platz vor dem historischen Kopenhagener Rathaus seit Sonntag hundert Tonnen Eis. Die zwölf Eisklötze aus einem Fjord vor der grönländischen Hauptstadt Nuuk sind kreisrund angeordnet wie die goldene Rathausuhr.

Die Klimawandel-Uhr tickt, soll die Installation «Icewatch» des dänisch-isländischen Künstlers Olafur Eliasson dem Betrachter sagen, während der Weltklimarat ganz in der Nähe über seinen großen Sachstandsbericht berät. Es sei fünf vor zwölf, warnen die Experten.

Fünf vor zwölf war es allerdings auch schon 2009, als sich mehr als hundert Regierungschefs in Kopenhagen zu Klimaverhandlungen trafen. Mit seinem 4. Report hatte der UN-Klimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) ihnen zwei Jahre zuvor eine schockierende Lektüre in die Hand gedrückt: deutlich höhere Temperaturen bis 2100, Anstieg des Meeresspiegels - und kaum noch Zweifel, dass der Mensch die Schuld am Klimawandel trägt.

Trotz der alarmierenden Prognosen wurde der Klimagipfel zur Enttäuschung. Die Politiker wurden sich nicht einig. Doch die Welt war wachgerüttelt, der Klimaschutz stand plötzlich in vielen Ländern viel stärker auf der Agenda. Jetzt hat der IPCC nachgelegt: Seit September 2013 ist sein 5. großer Klimabericht in drei Teilen erschienen.

Darin malen die Wissenschaftler das bedrohliche Szenario mit präziseren Pinselstrichen - auf Basis der neuesten Forschung. «Im Wesentlichen bestätigen sie das, was sie vorher gesagt haben. Es ist noch einmal sicherer geworden», urteilt Hans von Storch, Leiter des Instituts für Küstenforschung am Helmholtz-Zentrum.

Der neue Klimabericht, an dessen Zusammenfassung Wissenschaftler und Regierungsvertreter in dieser Woche feilten, sei zwar politisch nützlich. Er mache auf die Mächtigen aber wohl keinen Eindruck wie frühere Berichte. «Die Botschaft ist nicht mehr so furchtbar aufregend», meint von Storch. «Da verlangt man von der Klimaforschung auch zu viel. Sie kann ja nicht immer neues Öl ins Feuer gießen.»

Dass der Mensch mit der Emission von Treibhausgasen das Klima verändert - darüber sind sich die Forscher inzwischen weitgehend einig. Darüber wie der Wandel gebremst werden soll muss sich nun die Politik bei der Weltklimakonferenz 2015 in Paris einig werden.

Der neue Bericht, dessen zusammenfassenden «Synthesis Report» die Forscher nun nach einer Woche Diskussion um den genauen Wortlaut an diesem Sonntag (2. November) vorstellen, hat den Kampf gegen den Klimawandel trotzdem vorangebracht, meint Stephan Singer von der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature). Er habe nicht nur «Klimaskeptiker in die Schranken gewiesen», sondern etwa in Sachen Eisschmelze in der Arktis gezeigt: «Der Klimawandel passiert schneller und deutlicher als gedacht.» Aber macht ein neuer Bericht in sechs, sieben Jahren mit ähnlichem Tenor noch Sinn?

Der IPCC berät gerade in einer «Task Force» darüber, wie seine Arbeit künftig aussehen soll. Auch weil der Chef des Weltklimarats, der indische Ingenieur und unermüdliche Klima-Kämpfer Rajendra Pachauri, nach dem 5. Report seinen Hut nimmt, ist der Bericht ein Einschnitt. Dass der IPCC sich neu organisieren muss, ist also klar. In der ersten Jahreshälfte 2015 soll ein Plan stehen.

Von Storch plädiert in Zukunft für Wissensberichte, die regional angefertigt werden: «Das hat den Vorteil, dass diese Berichte viel mehr Kompetenz in der Einschätzung der Gegebenheiten vor Ort haben», sagt der Klimaforscher. «Die Fragen globaler Art sollte der IPCC weiter übernehmen.»

Wenn es nach dem WWF-Experten Singer geht, muss der Weltklimarat bis zum nächsten Bericht präsenter bleiben, um politisch relevant zu sein. Sonst komme «alle fünf bis sieben Jahre ein Hype, und dann geht es in den Keller», sagt der Umweltschützer. «Da muss man sich überlegen, wie man das Wasser heiß hält.» (dpa)
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