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17.01.2012 | 04:33 | Horn von Afrika 

Überlebenskünstler: Wie Ziegen der Dürre trotzen

Hannover - Einige Projektgebiete von Tierärzte ohne Grenzen e. V. wie Kenia, Somalia und Äthiopien waren 2011 von der schweren Dürre- und Hungerkatastrophe betroffen, deren Auswirkungen nach wie vor dramatisch sind.

Ziegenhaltung in Somalia
Ziegenhaltung in Somalia (c) Tierärzte ohne Grenzen
Viele Menschen dort leben von der Nutztierhaltung. Schafe, Rinder, Ziegen, Kamele und Hühner sichern ihr Überleben. Dabei eignen sich manche Tiere besonders gut für die Haltung unter extrem heißen und trockenen Bedingungen, wie sie etwa in Somalia herrschen. Die Ziege erweist sich hier als Überlebenskünstlerin: Sie braucht wenig Futter und kann sich selbst von trockenen Sträuchern noch ernähren. Sie kommt mit wenig Wasser aus und kann auf Vorrat trinken; sogar Wasser mit recht hohem Salzgehalt kann sie noch nutzen.

So sichert die Ziege die Ernährung von Menschen in Gebieten, in denen andere Tiere nicht mehr überleben können. Ihr Fleisch und ihre Milch sind wertvolle Nährstofflieferanten. Allerdings ist die Milchleistung einer Ziege, die in einem Trockengebiet in Afrika lebt, mit einer Tasse pro Tag (200-250 ml) wegen der kargen Nahrung und dem knappen Wasser auch deutlich niedriger als die einer deutschen Ziege, die täglich 3-4 Liter Milch gibt. Deswegen braucht eine Familie in Somalia 80-100 Ziegen, um überleben zu können. Um Verluste in Dürrezeiten ausgleichen zu können, sollten es 150 Tiere sein.

Der Jahrhundertdürre am Horn von Afrika konnten jedoch selbst die robusten Ziegen aus eigener Kraft nicht mehr trotzen. Tierärzte ohne Grenzen e. V. hat deshalb schon zu Beginn der Dürre Gegenmaßnahmen ergriffen. Mitarbeiter der Organisation führten Gespräche mit den Tierhaltern, um diese zu überzeugen, einen Teil ihrer Tiere zu verkaufen. Für das Geld konnten die Menschen Nahrungsmittel kaufen. Schwache Tiere sollten geschlachtet und für die Nahrungsmittelversorgung genutzt werden. Eine gesunde, kleine Zuchtherde sollte die verbliebenen Weide- und Wasserplätze nutzen, um die Dürre zu überleben. Tiermedizinische Maßnahmen wie Impfungen und Wurmkuren stärkten die Abwehrkraft der Tiere, Wasserlieferungen halfen Menschen und Tieren über die schlimmste Wasserknappheit hinweg.

„Cash for Work“-Aktivitäten, bei denen die Menschen gegen Bezahlung beispielsweise Brunnen entsandeten, brachten zusätzlich ein wenig Einkommen, um Nahrung zu kaufen. Durch diese Maßnahmen konnten viele Betroffene einen Teil ihrer Herde über die Dürre retten, ihren Lebensunterhalt sichern und in ihrer Heimat bleiben. So haben sie die Chance, sich nach der Dürre Schritt für Schritt wieder eine eigene Existenz aufzubauen. Der Wiederaufbau der Herden wird rund vier Jahre dauern. In dieser Zeit unterstützt Tierärzte ohne Grenzen e. V. die Menschen weiterhin mit „Cash-for-Work“-Aktivitäten und Tiergesundheitsmaßnahmen.

Auf lange Sicht setzt sich Tierärzte ohne Grenzen dafür ein, gemeinsam mit der Bevölkerung bessere Vorbereitungsmaßnahmen für Dürrezeiten zu treffen. Mit der Einführung eines Frühwarnsystems, Einbindung in Vermarktungssysteme, einer effizienteren Wasser- und Weidenutzung und Gründung von Spargruppen hat Tierärzte ohne Grenzen in Kenia bereits Erfolge erzielt, die den Menschen vorbeugend und langfristig helfen, Dürrezeiten besser zu überstehen. Diese Maßnahmen könnten auch auf Somalia übertragen werden. (togev)
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