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21.01.2024 | 16:00 | Handelserleichterungen 

Ukraine überschwemmt EU-Markt mit Agrarprodukten

Brüssel - Der erleichterte Zugang von ukrainischen Produkten auf den EU-Binnenmarkt soll offenbar verlängert werden.

Handelserleichterungen Ukraine
Die Kommission will zeitnah einen Vorschlag präsentieren. Unterdessen fordern vier östliche Mitgliedstaaten erneut Handelsrestriktionen gegenüber der Ukraine. (c) proplanta
Wie aus Teilnehmerkreisen zu erfahren war, hat die EU-Kommission diesen Schritt am Montag (15.1.) im Sonderausschuss Landwirtschaft (SAL) angekündigt. Ein Vorschlag der Brüsseler Behörde über eine einjährige Verlängerung soll dem Vernehmen nach „zeitnah“ angenommen werden. Die endgültige Entscheidung darüber treffen die Mitgliedstaaten.

Zu den Handelserleichterungen zählte bisher unter anderem ein Zollmoratorium für ukrainische Agrarerzeugnisse. Nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar 2022 traten die Maßnahmen erstmals am 5. Juni 2022 in Kraft. Ein Jahr später wurden sie bis zum 5. Juni 2024 verlängert.

Ukraine weiterhin unterstützen

Die Kommission betont nun, dass man die Ausfuhren der Ukraine in den Binnenmarkt weiterhin unterstützen wolle. Gleichzeitig soll aber den Bedenken einiger Mitgliedstaaten und Interessengruppen in der Gemeinschaft Rechnung getragen werden. Ob und inwieweit die Einfuhren in die Europäische Union eingeschränkt werden können, bleibt abzuwarten.

Dass es zu einem teils enormen Anstieg bei bestimmten Agrarprodukten gekommen ist, räumen die Brüsseler Beamten ein. Laut Kommission ist vor allem der Geflügelsektor betroffen. Bei Fleisch habe es seit den Handelserleichterungen vor über eineinhalb Jahren eine Zunahme der Liefermenge um knapp 70 % gegeben. Bei Eiern liege der Anstieg sogar bei 172 %, erklärte ein Vertreter der EU-Behörde jetzt im SAL. Für die kommende Ernte in der Ukraine rechnet die Kommission trotz des Krieges mit steigenden Erträgen bei Getreide, Zucker und Ölsaaten.

Obst und Geflügelfleisch profitieren

Die autonomen Handelsmaßnahmen betreffen im besonderen Produkte, für die im Rahmen des vertieften und umfassenden Freihandelsabkommens der EU mit der Ukraine (DCFTA) bisher noch keine vollständige Zollfreiheit galt. Dies gilt unter anderem für Geflügelfleisch. Zudem können unverarbeitete und verarbeitete Agrarprodukte, für die regulär Zollkontingente vorgesehen sind, profitieren. Gleiches gilt für Obst und Gemüse, die im Normalfall dem Einfuhrpreissystem unterliegen würden.

Laut einigen EU-Staaten mit geografischer Nähe zur Ukraine stieg im vorigen Jahr durch gestiegene Einfuhren auch bei Getreide und Ölsaaten der Druck auf die dortigen regionalen Agrarmärkte. Negativ wirkte sich im Sommer zudem das Ende des Istanbuler Getreideabkommens aus, das von Russland nicht verlängert wurde. Dieses Abkommen hatte den Absatz von Getreide in Drittstaaten über das Schwarze Meer erleichtert.

Bauern blockieren Grenzübergänge

Handelsrestriktionen der EU-Kommission, die für Weizen, Mais, Sonnenblumensamen und Raps nur den Transit durch Polen, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien erlaubt hatten, wurden im September 2023 gestoppt. Als Grund wurde von der Kommission angeführt, dass die zuvor am 2. Mai eingeführten Schutzinstrumente die zuvor aufgetretenen Marktverzerrungen beseitigt hätten. Zudem wurde der Ukraine auferlegt, über eigene Exportbegrenzungen einen erneuten Anstieg der EU-Einfuhren zu verhindern.

Zuletzt mehrten sich Berichte, dass Landwirte etwa in Polen oder Rumänien über Straßenblockaden versuchen, die Einfuhr ukrainischer Erzeugnisse zu erschweren. Ein Sprecher der Kommission hatte jüngst erklärt, dass Polen, Ungarn und die Slowakei nach wie vor unrechtmäßige unilaterale Handelsrestriktionen gegenüber der Ukraine anwenden würden. Gegen- oder Strafmaßnahmen der Kommission sind zum aktuellen Zeitpunkt allerdings nicht absehbar.

Auf Betreiben Ungarns wurde die EU-Kommission nun erneut aufgerufen, die ukrainischen Agrareinfuhren einzudämmen. In einem gemeinsamen Schreiben an die Brüsseler Behörde forderten Polen, die Slowakei, Rumänien und Ungarn, die Agrareinfuhren in ihre Märkte zu begrenzen.
AgE
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