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17.08.2011 | 07:50 | Sommerloch-Meldung 

Viel Rummel um ein Rindvieh

Mühldorf - Es könnte auch eine Rettungsaktion für Menschen sein: Jetzt soll ein Hubschrauber mit Wärmebildkamera die entlaufene Kuh Yvonne finden.

Rindvieh
Der Helikopter des Radiosenders Antenne Bayern will an diesem Donnerstag rund um Zangberg im bayerischen Landkreis Mühldorf am Inn nach der «Kuh, die ein Reh sein will», suchen.

Eine Futterfalle, freiwillige Suchmannschaften, ein Fährtenleser, Pferde, Dackel Mirko, Ochse Ernst und Yvonnes Schwester Waldtraud - mit immer neuen Mitteln versuchen die Aiderbichler ihre extra zur Rettung gekaufte Kuh zu fangen. Nicht alle Methoden sind nach Expertenaussage geeignet. Aber das Sommertheater findet Publikum.

Weit über Deutschlands Grenzen hinaus verfolgen die Menschen den - wie die «Kleine Zeitung» aus Klagenfurt schreibt - «Ku(h)lt» um die ausgebüxte Yvonne, die früher als Milchkuh Angie auf einer Alm in Kärnten lebte und in Bayern mit ihrer Flucht der Schlachtbank entkam.

Yvonne, die sich weder mit dem flotten Ex-Zuchtstier Ernst noch mit leckerem Futter locken lässt, weckt mit ihrer Freiheitsliebe Sympathien fast wie seinerzeit Braunbär Bruno. Im Internet hat die Facebook-Gruppe «Rettet Yvonne» knapp 20.000 Fans. Die «Bild»-Zeitung hat 10.000 Euro für das Finden und Retten der «Waldkuh» ausgesetzt.

«Anonyme Kuhfreunde» verlangten hingegen Freiheit für Yvonne. «So schön könnte Yvonne es haben», heißt es bei Aiderbichl - wenn sie sich nur auf einen der Gnadenhöfe bringen ließe. Über ein «Medium» hat Gutsverwalter Hans Wintersteller angeblich einmal schon übernatürlichen Kontakt zu ihr aufgenommen. Yvonne ließ allerdings wissen: Sie brauche noch Zeit, um sich ihm anzuvertrauen.

Experten glauben, die Suchaktionen hätten das verwilderte Tier, das seit 24. Mai im Wald lebt, noch vorsichtiger gemacht. «Je mehr man die Kuh verfolgt, desto scheuer wird sie», sagt ein Züchter. Aiderbichl bedauert: «Jetzt ist Yvonne zu einer Nomadin geworden.»

Wenn auch die Aktion mit Hubschrauber und Tierbetäubern nicht klappt, soll am nächsten Wochenende Yvonnes zweieinhalbjähriger Sohn Friesi nach Zangberg gebracht werden. «Eine Kuhmutter vergisst ihr Kind nie», meint Aiderbichl-Gründer Michael Aufhauser. Tierexperten hingegen bezweifeln, dass verwandtschaftliche Bande noch wirken könnten. Spätestens im Winter, wenn es kein Futter mehr gibt, würde Yvonne sich ganz von selbst zu irgendeinem Stall in der Nähe bewegen.

Dass die medienwirksamen Aktionen zur Werbung um Spenden dienen könnten, weist Aufhauser zurück. «Das kommt eventuell später. Aber wir haben jetzt erst mal die Kosten zu tragen.» Allerdings räumen die Aiderbichler auf ihrer Internetseite ein, dass sie gerne auch einmal PR-Strategien einsetzen, um mit «einer weitreichenden Medien- und Pressepolitik» die eigene Tierschutz-Philosophie zu verbreiten.

Laut Aufhauser geht es um viel mehr als um die Rettung einer einzigen Kuh. «Wir sehen einen Einzelfall wie Yvonne nicht als Chance für zusätzliche Spenden, aber eine Chance, über Rinder zu sprechen die es in unserer Zeit besonders hart trifft.» Niedrige Milchpreise, Tiertransporte und Züchtung zur Hochleistungskuh, das seien die «Themen in den Ställen» und «Themen, die wir unterbringen können.» In den Medien ist davon im Zusammenhang mit Yvonne freilich nicht allzu viel zu lesen.

Für Medienwissenschaftler ist es ein Sommerlochthema, das gerade angesichts der vielen aktuellen Krisen in der Welt auf Interesse stößt. «Es würde zu weit gehen, es als kollektiven Eskapismus zu bezeichnen», sagt der Kommunikationswissenschaftler Thomas Birkner von der Universität Münster. «Es ist aber schon ein Stück weit Ablenkung.» Eine normale Kuh allein sei nicht interessant - erst die «Kuh als Reh» sei etwas Besonderes, wie die Nachricht «Mann beißt Hund». «Es ist eine typische human interest-Geschichte, die mal kurz vergessen lässt, dass der Rest der Welt gerade kopfsteht.» (dpa)
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