Der streng geschützte Fischotter hat Hunger. Tausende Forellenteiche sind ein reich gedeckter Tisch. Das bringt Teichbesitzer in Rage. Bayern schickt nun Schlichter. (c) proplanta
Nun sind zwei Teiche komplett leer - es fehlen etwa 700 Fische. Zitzelsberger ist überzeugt, dass Fischotter am Werk waren.
Deshalb hat der Landwirt Martin Maschke zu sich gebeten, den ersten Fischotterberater Bayerns. Der gelernte Fischwirtschaftsmeister ist seit zwei Monaten im Dienst und nimmt die Schäden durch den Otter unter die Lupe.
An den Teichen von Josef Zitzelsberger geht Maschke in die Knie. Er findet am Gewässerrand Schuppen eines Karpfens - die kargen Reste eines Festmahls. Am Rand der Teiche entdeckt sein geschultes Auge auch schmale Wegspuren.
«Der Otter kommt hier die Böschung hinunter, gräbt sich unter dem Zaun durch und ist im Teich», erläutert der Fischotterberater. Er ist überzeugt: Eine Otterfähe - wie der weibliche Otter auch genannt wird - mit ihren Jungen ist für die Verluste von Landwirt Zitzelsberger verantwortlich. «Eine Familie kann einen Forellenteich innerhalb eines Monats leerjagen.» Bis zu einem Kilogramm Fisch vertilge ein Otter am Tag.
«Die Natur geht den Weg des geringsten Widerstandes. Die Schäden für die Betriebe sind enorm und oftmals existenzgefährdend», sagt Ronald Menzel, Vizepräsident des Verbandes der deutschen Binnenfischerei und Aquakultur. Er geht davon aus, dass die Population des Fischotters deutlich angestiegen ist. Dort, wo die Tiere große Schäden anrichten, sollte man über einen Abschuss nachdenken. «Alles andere hilft ja nichts.»
Bislang ist der Fischotter in Deutschland streng geschützt. Früher wurde er intensiv bejagt, heute gibt es laut Deutschem Jagdverband nur noch wenige Hundert Exemplare. Es gebe kaum noch geeignete Lebensräume, beispielsweise wegen der Kanalisierung von Flüssen. Einige Otter verenden in Fischreusen oder werden überfahren.
In Bayern richteten Fischotter vor allem in Niederbayern und der Oberpfalz in den Teichen der Tausenden, meist kleinen Forellenbetriebe schweren Schaden an. Seit 2013 gibt es daher in Bayern einen Fischottermanagementplan, an dem Tierschützer mitgearbeitet haben. Wichtiger Baustein dabei ist der Fischotterberater. Er soll den Betrieben erklären, wie sie ihre Teiche durch den Bau von Schutzzäunen sichern können. Dafür winken Zuschüsse. Außerdem soll der Berater Schäden dokumentieren.
Es sei zu einfach, den Fischotter als Schädling hinzustellen, sagt Kai Frobel, Artenschutzreferent beim Bund Naturschutz in Bayern. «Das Problem ist auch die extrem intensive Forellenzucht. Das ist Massentierhaltung unter Wasser», betont Frobel. Die Züchter legten ihre Teiche oftmals an die Oberläufe von Bächen, griffen so in wichtige Biotope ein und belasteten das Ökosystem. «Und dann kommt der natürliche Feind der Fische eben an einen gedeckten Tisch.»
Landwirt Josef Zitzelsberger ist untröstlich. Er habe die Teiche nicht in erster Linie aus wirtschaftlichen Aspekten angelegt, beteuert er. Er verkaufe nur an Weihnachten und Karfreitag die Fische. «Ich komme jeden Tag zu den Teichen und beobachte die Fische. Das beruhigt mich.» Sein Problem ist nun, dass er derzeit im Umkreis keine neuen Fische bekommt. «Das Angebot ist einfach zu gering.»