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01.08.2023 | 08:11 | Wetterrückblick Juli 2023 

Wetter in der Schweiz im Juli 2023 - Sturm, Hitze und ein Waldbrand

Zürich - Der Juli 2023 brachte in der Schweiz mehrere markante Wetterereignisse: Gegen Monatsmitte stellte sich eine mehrtägige Hitzeperiode ein. Zur selben Zeit fegte ein Gewittersturm über die Alpennordseite. Mehrere Messstandorte meldeten neue Windrekorde für die Sommermonate.

Juliwetter in der Schweiz
Juli mit Hitze, Sturm und Waldbrand. (c) proplanta
Auf der Alpensüdseite folgte eine zweite Hitzeperiode ab der Monatsmitte. In diese Periode fällt ein Waldbrand im Oberwallis, der sich schnell auf eine grosse Fläche ausdehnte. Im letzten Monatsdrittel verursachte ein extremer Gewittersturm massive Schäden in der Jurastadt La Chaux-de-Fonds.

Die Julitemperatur 2023 erreichte im landesweiten Mittel 15,9 °C. Das liegt 1,3 °C über der Norm 1991–2020. Der Juli 2023 gehört im landesweiten Mittel knapp nicht zu den zehn wärmsten Julimonaten seit Messbeginn 1864. Der Julirekord von 17,8 °C stammt aus dem Hitzesommer 2015. Ebenso heiss zeigte sich auch der Juli 2006 mit 17,7 °C. Der Juli ist in der Schweiz von der vorindustriellen Periode 1871–1900 bis heute (1994–2023) um 2,1 °C wärmer geworden.

Typisches Sommerwetter



Die ersten beiden Monatsdrittel zeigten sich vorwiegend hochdruckbestimmt mit typisch sommerlichem Wetterverlauf. An vielen Tagen zogen Gewitter auf, die regional Regen, kräftige Böen und zum Teil auch Hagel brachten. In der Westschweiz blieben die Regenmengen bis am 20. Juli lokal gering mit weniger als 20 % der Monatsnorm. Die Alpensüdseite hingegen meldete in diesem Zeitraum lokal 80 bis knapp über 100 % der Norm.

Hitzeperiode



Sonnig und sehr heiss zeigte sich die dreitägige Periode vom 9. bis am 11. Juli. Nördlich der Alpen und im Wallis erreichten die Höchstwerte verbreitet 33 bis 36 °C und lokal auch über 37 °C, so in Genf (37,4 °C) und in Chur (37,6 °C). In Chur war es das zweithöchste Tagesmaximum seit Messbeginn 1959. Einzelne Messstandorte registrierten das höchste Tagesmaximum für den Monat Juli seit Messbeginn, zum Beispiel Zürich-Kloten mit 36,5 °C.

Genf erlebte eine der intensivsten dreitägigen Hitzeperioden seit Messbeginn 1864. Das mittlere Tagesmaximum erreichte knapp 36 °C. Dreitagesmittel des Tagesmaximums von über 36 °C gab es in Genf nur in den vier Sommern 1947, 2003, 2015 und 2022.

Hitzetag auf knapp 1500 m



Die Messstation Montana im Wallis auf 1423 m Höhe verzeichnete am 11. Juli mit 31,2 °C einen neuen Rekord der Tagesmaximum-Temperatur. Hitzetage mit 30 °C oder mehr sind in dieser Höhenlage sehr selten. Die Messreihe Montana weist seit Messbeginn 1959 nur in sechs Sommern einen oder maximal zwei Hitzetage auf. Vor 1983 sind keine Hitzetage zu finden.

Zwei Hitzeperioden im Süden



Auf der Alpensüdseite bewegten sich die Höchstwerte vom 9. bis am 11. Juli meist zwischen 31 und etwas über 33 °C. Biasca meldete als Höchstwert 35,3 °C. Eine zweite Hitzeperiode verzeichnete die Alpensüdseite zwischen dem 15. und 20. Juli. Die Höchstwerte erreichten nochmals 32 bis etwas über 33 °C.

Extrem warme Nacht in den Bergen



Sils-Maria im Oberengadin erlebte vom 15. auf den 16. Juli eine ungewöhnlich milde Nacht. Um Mitternacht lag die Temperatur noch bei 15 °C. Bis um 05:00 Uhr sank sie nicht unter 14 °C. Den tiefsten Wert von 12,5 °C erreichte die Temperatur am Morgen des 16. Juli zwischen 06:00 Uhr und 07:00 Uhr. Dies nachdem die Temperatur in der Vornacht noch deutlich unter 10 °C sank. Es war die höchste Tagesminimum-Temperatur am Messstandort Sils-Maria seit mindestens 50 Jahren. Vor 1971 ist die Datenreihe der Tagesminimum-Temperatur leider unvollständig.

Gewittersturm



Mit der Annäherung einer Kaltfront entwickelten sich am 11. Juli gegen Abend westlich der Schweiz ein riesiger Gewitterkomplex, der anschliessend schnell über die Schweiz zog. Am späteren Abend um etwa 22 Uhr bedeckte das Gewittersystem fast die gesamte Schweiz.

Der Gewitterdurchzug brachte lokal starke Windböen. In der Nordwestschweiz wurden in Fahy 108 km/h und in Delémont 93 km/h gemessen. Noch heftiger fielen die höchsten Gewitterböen in einem Streifen von der Zentralschweiz bis zum Bodensee aus. Luzern registrierte 120 km/h, Wädenswil 125 km/h und Steckborn 125 km/h. An mehreren Standorten war es ein neuer Windrekord für die Sommermonate (Juni bis August).

Waldbrand im Wallis



Am 17. Juli 2023 brach im Oberwallis ein Waldbrand aus, der sich schnell auf eine grosse Fläche ausdehnte. Die Löscharbeiten mit Einsatz von Helikoptern dauerten mehrere Tage. Der Waldbrand bedrohte Teile des Dorfes Ried-Mörel. Vorübergehend mussten Leute aus ihren Häusern evakuiert werden.

Das Wallis ist die niederschlagsärmste Region in der Schweiz. Trockenheit ist sich die Region grundsätzlich gewohnt. Mit der zunehmenden Sommerwärme und -hitze verdunstet aber immer mehr des sonst schon wenigen Wassers aus den Böden und die Trockenheit wird akuter. Als Folge der Zunahme der Trockenheit ist mit einer Zunahme der Waldbrandgefahr zu rechnen.

Extremer Gewittersturm im Jura



Beim Durchzug eines heftigen Gewitters am 24. Juli gegen Mittag wurden in La Chaux-de-Fonds extreme Windgeschwindigkeiten gemessen. An der MeteoSchweiz Messstation beim Flugplatz lag die höchste 1-Sekunden-Böe bei 217 km/h. Der Wert ist noch in Überprüfung. Eine Messstation des Flugplatz-Betreibers etwas ausserhalb der Stadt (Mont Cornu) meldete als höchste 3-Sekunden-Böe 165 km/h.

Der Sturm, vermutlich ein sogenannter «Down-Burst», forderte ein Menschenleben und 40 Verletzte. Zahlreihe Gebäude wurde beschädigt, einige auch massiv. Bäume brachen oder wurden entwurzelt. An vielen Fahrzeuge gab es Schäden durch umstürzende Bäume oder herunterfallende Gebäudeteile. Der Sturm warf einen Baukran um und knickte den Masten einer Hochspannungsleitung. Schwer getroffen wurde auch die Bahn-Infrastruktur. Der Zugsverkehr war unterbrochen.

Nicht das erste Mal so heftig



Am Nachmittag des 12. Juni 1926 zog unweit der Stadt La Chaux-de-Fonds ein extrem heftiger Gewittersturm vorbei. Sein Pfad zeigte eine charakteristische fast schnurgerade SW-NE Ausrichtung, was auf einen Tornado schliessen lässt. Der Tornado legte eine Strecke von 22 Kilometern zurück. Ein achtjähriger Junge, zusammen mit seiner Mutter unterwegs, wurde vom Sturm derart heftig durch die Luft geschleudert, dass er an den dabei erlittenen Verletzungen erlag. Seine Mutter und mehrere weitere Personen wurden schwer verletzt. Der Sturm hinterliess zerstörte Wohnhäuser und kahlgeschlagene Waldpartien.

Der Jura wurde schon mehrmals von massiven Tornados heimgesucht. Das wohl am besten dokumentierte Ereignis war jenes vom 26. August 1971 über der Vallée de Joux. Der Tornado hinterliess eine schnurgerade und praktisch durchgehende Waldschneise von etwa 20 Kilometern. Die Luftbilder der Schäden zeigen eindrücklich die in wirbelförmiger Anordnung am Boden liegenden Baumstämme. Der Tornado zog insgesamt 79 Gebäude in Mitleidenschaft, 18 davon schwer. Einzelne Gebäude wurden vollständig zerstört.

Beim Überqueren eines Campingplatzes schleuderte der Tornado einen Wohnwagen über die Wipfel ausgewachsener Tannen hinweg 30 Meter ins freie Gelände. Mehrere Autos, welche sich auf seinem Pfad befanden, liess er zermalmt und zum Teil in ihre Einzelteile zerlegt zurück. Zum Ereignis gibt es eindrückliche Bilder. Hinweise auf Berichte zum Ereignis von 1971 sind am Schluss dieses Beitrags zu finden.

Mit dem Tornado von 1971 wiederholte sich das Ereignis vom 19. August 1890 in praktisch identischer Weise. Beide Tornados nahmen den absolut gleichen Pfad. Fotografien zerstörter Gebäude und Wälder aus dem Jahre 1890 dokumentieren, dass das Vallée de Joux 1890 und 1971 mit ungefähr derselben Wucht getroffen wurde.

Im Norden vorübergehend kühl



Nach der heftigen Gewitteraktivität am 24. Juli und einem Kaltfrontdurchzug am 25. Juli, floss aus Nordwesten kühle Polarluft zur Schweiz. Sie stammte aus der Region zwischen Grönland und dem Nordmeer. In allen Landesteilen fiel Niederschlag und auf der Alpennordseite sank die Schneefallgrenze bis gegen 2000 m hinunter.

In den tiefen Lagen der Alpennordseite erreichten die Tageshöchstwerte am 26. Juli verbreitet nur 17 bis 20 °C. Auf der Alpensüdseite stiegen die Höchstwerte dank Nordföhn auf 26 bis 28 °C. Im südlichen Tessin gab es dazu reichlich Sonnenschein.

Markante Temperaturrückgänge auf der Alpennordseite mitten im Hochsommer kommen heutzutage nicht mehr allzu oft, aber immer mal wieder vor. So lagen im Mittelland am 24. Juli 2011 die Tageshöchstwerte bei rund 17 °C, am 9. August 2007 sogar nur zwischen 12 und 15 °C.

Die Regensummen im Juli



Die Niederschläge, vor allem in Form von Gewittern, waren recht regelmässig über den Monat verteilt. Verbreitet grössere Mengen fielen am 11. und 12. Juli sowie am 24., 25. und 29. Juli. Die grössten Mengen innerhalb eines Tages gab es auf der Alpensüdseite in Scudellate mit 128 mm (3. Juli), auf dem Monte Generoso mit 79 mm (3. Juli) und in Ponte Tresa mit 76 mm (24. Juli). Auf der Alpennordseite registrierten die Messstationen Säntis mit 75,4 mm (29. Juli) und Ricken mit 69 mm (25. Juli) die grössten Mengen innerhalb eines Tages.

Grössere Gebiete mit überdurchschnittlichen Monatssummen gab es vor allem in der Nord- und Nordostschweiz, auf der Alpensüdseite und im Engadin sowie im oberen Wallis. Deutlich unterdurchschnittlich blieben die Mengen im Jurabogen vom Genfersee bis zum Neuenburgersee.

Sonnenscheindauer nahe der Norm oder leicht unterdurchschnittlich



Der Juli war nicht so sonnenreich wie der Vormonat. Trotzdem erreichte die Sonnenscheindauer im Juli verbreitet knapp die Norm 1991–2020. Lokal blieb sie leicht unterdurchschnittlich, vor allem in der Zentralschweiz, im Nordosten des Landes und in Graubünden.

Reife Beeren des Roten Holunders



Beim Roten Holunder beginnen die Beeren in tieferen Lagen normalerweise ab der letzten Juniwoche zu reifen. In diesem Jahr wurden die roten Beeren ab dem 20. Juni beobachtet, aufgrund der hohen Temperaturen im Juni und Juli knapp 10 Tage früher als im langjährigen Mittel von 1991–2020. Anfang Juli wurden reife Holunderbeeren schon oberhalb von 1000 m gefunden.

Die Linden blühten in diesem Jahr ebenfalls mit einem Vorsprung: bei den Sommerlinden waren es 4 Tage und bei den Winterlinden 6 Tage. Im Juli blühten die Sommerlinden in Höhenlagen oberhalb von 1000 m und die Winterlinden in Gebieten oberhalb von 700 bis 800 m.

Seit Mitte Juni blüht das Wald-Weidenröschen. Schon bald nach dem Beginn der Blüte im Tiefland lassen sich blühende Pflanzen in den Bergen finden. So blühte es am 1. Juli auf der Lenzerheide oder am 12. Juli in Adelboden. Die vorliegenden Beobachtungen liegen einige Tage vor dem mittleren Datum. Das Wald-Weidenröschen wächst in der ganzen Schweiz auf lichten Waldstellen, auf Felsschutt und am Ufer vom Flachland bis an die Waldgrenze. In Amerika wird es «Fireweed» genannt, weil es sich sehr schnell nach Waldbränden auf den entstandenen, offenen Flächen ausbreiten kann.

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