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08.04.2024 | 05:34 | Ernährungstrend 
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Fleischverzehr auf neuem Tiefstand

Berlin - Der langfristige Trend zu einem geringeren Fleischverzehr hat sich in Deutschland auch im Jahr 2023 fortgesetzt.

Fleischkonsum
Der mittlere Pro-Kopf-Verbrauch nahm 2023 auf weniger als 52 Kilogramm ab. Den größten prozentualen Rückgang gab es bei Rind- und Kalbfleisch. (c) proplanta
Nach vorläufigen Angaben des Bundesinformationszentrums Landwirtschaft (BZL) lag der mittlere Pro-Kopf-Verzehr bei 51,6 Kilogramm; das waren 430 Gramm weniger als im Vorjahr. Damit erreichte der Fleischverzehr den niedrigsten Wert seit Beginn der Erfassung.

Der größte prozentuale Rückgang wurde laut BZL für Rind- und Kalbfleisch verzeichnet. Hier sank der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch gegenüber 2022 um fast 5% auf 8,9 Kilogramm. Bei Schweinefleisch ging die verzehrte Menge im Mittel um fast 600 Gramm auf 27,5 Kilogramm pro Person zurück. Gestiegen in der Gunst der Verbraucher ist hingegen erneut das Geflügelfleisch, insbesondere Hühnerfleisch. Der Pro-Kopf-Verzehr betrug im Schnitt 13,1 Kilogramm, was im Vergleich zu 2022 ein Plus von rund 900 Gramm bedeutete.

Ernährungsweisen verändern sich

Als Grund für den stetig sinkenden Fleischverzehr nennt das BZL unter anderem die sich verändernden Ernährungsweisen. Dabei dürfte auch das generell gewachsene Bewusstsein dafür, welche Auswirkungen ein hoher Fleischkonsum auf die eigene Gesundheit, Klima und Umwelt hat, eine Rolle spielen.

Der insgesamt abnehmende Verzehr von Fleisch wird dem Bundesinformationszentrum zufolge von einem rückläufigen Import an Fleisch und Fleischwaren sowie an Konserven aus Schweinen, Rindern und Kälbern begleitet. Dies ist besonders bei Schweinefleisch zu beobachten. Hier sanken die Einfuhren von 1,00 Mio. Tonnen im Jahr 2022 auf rund 960.000 Tonnen. Die erheblich umfangreicheren Schweinefleischexporte einschließlich Konserven nahmen im Jahresvergleich indes kräftiger ab, nämlich um gut 340.000 Tonnen auf 2,22 Mio. Tonnen.

Mehr Geflügel sowie Rind und Kalb

Nach BZL-Angaben fiel 2023 die deutsche Nettoerzeugung von Schweinefleisch, also des Fleisches der im Inland geschlachteten Tiere, mit 4,18 Mio. Tonnen Schlachtgewicht um 6,8% kleiner aus als im Jahr zuvor. Die Nettoerzeugung von Geflügelfleisch legte hingegen um 1,4% auf 1,52 Mio. Tonnen Schlachtgewicht zu. An Rind- und Kalbfleisch wurden bezogen auf das Schlachtgewicht dem BZL zufolge 999.800 Tonnen produziert und damit 0,5% mehr als 2022. Der Selbstversorgungsgrad Deutschlands mit Fleisch insgesamt lag im vergangenen Kalenderjahr bei 120%; im Vorjahr waren es allerdings noch 125% gewesen.

An der Realität orientieren

Für Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir ist der sinkende Fleischverzehr ein Indiz dafür, dass die Deutschen bei ihrer Ernährung stärker auf ihre Gesundheit, die Auswirkungen auf die Umwelt und das Wohl von Tieren achten. Alle Zahlen deuteten darauf hin, dass dieser Trend anhalte.

„An dieser Realität sollten sich Landwirtschaft, Handel und Politik gemeinsam orientieren, um die Tierhaltung in Deutschland zukunftsfest weiterzuentwickeln“, erklärte der Minister am Donnerstag (4.4.) mit Blick auf die aktuellen Verbrauchszahlen. Er wies darauf hin, dass sich die Verbraucherinnen und Verbraucher laut Umfragen höhere Standards in der Tierhaltung wünschten und auch bereit wären, dafür mehr Geld zu zahlen. „Natürlich braucht es dafür ein breiteres Angebot, und der Handel hat hier wiederholt klargemacht, künftig auf höhere Haltungsformen zu setzen.“

Marktwirtschaft nicht verstanden?

Özdemir rief dazu auf, die neuen Marktchancen zu nutzen: „Weniger Tiere besser halten - darum geht es.“ Mit der Einführung des staatlichen Tierhaltungskennzeichens und des Bundesprogramms für den Umbau der Tierhaltung seien bereits entscheidende Schritte getan worden. Gleichzeitig setze sein Ministerium darauf, dass Landwirtinnen und Landwirte neben tierischen Produkten mit pflanzlichen Alternativen gutes Geld machen könnten, so der Grünen-Politiker. Hafermilch oder Veggieburger böten ein wachsendes Marktpotenzial für die heimische Land- und Ernährungswirtschaft.

Derweil attestierte der Agrarsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, dem Minister, die Regeln der Marktwirtschaft „einfach nicht verstanden“ zu haben. Es sei vollkommen falsch, die Tierhaltung in Deutschland mit der politischen Brechstange zurückzudrängen. Özdemir versuche dies aber mit allen Mitteln, kritisierte Stegemann. Jetzt müsse auch noch der langfristige Trend zu weniger Fleisch dafür herhalten. Dabei passten sich dieser Entwicklung die Landwirte bereits seit Jahren an.

Der Minister sollte lieber Verantwortung für die Landwirtschaft übernehmen und die Tierhaltung wettbewerbsfähig und zukunftsfest gestalten. „Sonst wandert unsere regionale Tierhaltung weiter ab und wir müssen noch mehr Fleisch importieren“, gab der CDU-Politiker zu bedenken.
AgE
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Kommentare 
maximilian schrieb am 17.04.2024 16:14 Uhrzustimmen(0) widersprechen(0)
Stegemanns polemische Kritik zeigt, dass er den Trend der Zeit verschlafen hat. Lt. Artikel ist der Import von Fleisch rückläufig. Er faselt davon, dass wir mehr Fleisch importieren müssten. Und das bei einem Selbstversorgungsgrad von 120 % bei Schweinefleisch. Dass die Einfuhr von Fleisch aus anderen Mitgliedsstaaten der EU unproblematisch ist, weil die gleichen Produktqualitätskriterien gelten, scheint Herrn Stegemann unbekannt zu sein.
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