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12.10.2009 | 14:07 | Waldwirtschaft 

Waldbauern sind Kooperationspartner bei der Erschließung des Energiemarktes

Frankfurt/Main - Experten aus Deutschland und Österreich haben jetzt im Rahmen einer gemeinsamen Veranstaltung des Ausschusses für Forstwirtschaft der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) und der Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen die Produktions- und Nutzungsalternativen von Hackschnitzeln analysiert.

Waldbauern sind Kooperationspartner bei der Erschließung des Energiemarktes
Außerdem wurden die Voraussetzungen für Beteiligungsmodelle zwischen Waldbauern und Energieversorgungsunternehmen diskutiert. Dabei zeigte Dr. Florian Zornmaier von der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft die jeweiligen Stärken und Schwächen der Prozessschritte vom Wald bis zum Biomassewerk auf. Er stellte dar, dass die Kosten für die Lieferung von Hackschnitzeln frei Werk in Abhängigkeit vom Brusthöhendurchmesser zwischen 10 und 20 Euro schwanken. In seiner Analyse kommt Dr. Zornmaier zum Ergebnis, dass das meiste Geld mit einer modernen und effizient gestalteten Logistikkette verdient oder verloren wird. Während für die Herstellung der Hackschnitzel diverse Hacker als Anbaugeräte oder Selbstfahrer zur Verfügung stehen, sind der Transport und die Lagerung des Hackgutes Dreh- und Angelpunkt der gesamten Wertschöpfung. Untersuchungen haben gezeigt, dass entkoppelte Arbeitsverfahren, die Vermeidung von Zwischenlagern und das Hacken auf dem Gelände des Biomassewerkes wirtschaftliche Vorteile für die Waldbauern bringen.
 
Dr. Artur Petkau von den Österreichischen Bundesforsten erläuterte, welche Aspekte bei Abschluss eines Liefervertrages für Holzhackschnitzel unbedingt vertraglich geregelt werden sollten. So empfiehlt er, in langfristigen Verträgen Preisgleitklauseln zu vereinbaren. Als Beispiel hierfür nannte er den Erzeugerpreisindex Nr. 126 des Statistischen Bundesamtes Fachserie 13 für Holz in Schnitzelform. Dadurch ist gewährleistet, dass Waldbauern von steigenden Preisen profitieren, wenn ein vereinbarter Basiswert regelmäßig überprüft wird. Bezüglich der Abrechnungseinheit sind seinen Aussagen nach verschiedene Verfahren in der Praxis üblich, was auch die Aussagen von Dr. Zornmaier untermauert. In kleineren Anlagen ist häufig die Abrechnung der Hackschnitzel nach Gewicht üblich, bei größeren Anlagen hingegen nach Gewicht und Wassergehalt. Hierzu bedarf es eines vereinbarten Verfahrens, um die Darrdichte der Holzprobe sicher bestimmen zu können. Dr. Petkau empfiehlt eine eindeutige Regelung der Abrechnungseinheit, da anderenfalls erhebliche Kosten auf die Waldbauern zukommen können. Schließlich verwies er auch darauf, höhere Gewalt zu definieren und die daraus abzuleitenden Konsequenzen. Denn nicht selten verhindert die Winterwitterung eine regelmäßige Belieferung des Vertragspartners, so dass Schadenersatzforderungen gegenüber den Waldbauern möglich sind.
 

Waldbauern stärker an der Wertschöpfung beteiligen

Im Verlauf der Tagung wurden auch Möglichkeiten diskutiert, wie Waldbauern über den Status des reinen Ablieferers hinaus an der Wertschöpfung beteiligt werden können. Aufgrund der politischen Ziele zum Ausbau der erneuerbaren Energien der Europäischen Union (EU) und der Bundesregierung werden zur Zeit die Grundlagen für Energieerzeugung für die nächsten Jahrzehnte gelegt. Die großen, international agierenden Energieversorgungsunternehmen haben diesen Trend bereits erkannt und engagieren sich deshalb sehr stark auf dem heimischen Bioenergiemarkt. Jobst Kühn von Burgsdorff von der Firma Biocen GmbH rät deshalb den Waldbauern, wachsam zu sein und die Gelegenheit für Investitionen in Biomassewerke nicht ungenutzt zu lassen. Hierzu präsentierte er Modelle vom einzelnen Liefervertrag, über Holzliefergesellschaften bis hin zu Wärmeliefergesellschaften. Die Idee dieser weitergehenden Einbeziehung der Waldbauern stammt ursprünglich aus der Landwirtschaft, in der Landwirte Beteiligungen an Zuckerfabriken erwarben. Erste Projekte zeigen, vor allem in Süddeutschland, dass Waldbauern auch diesen Schritt zunehmend gehen. Gerade Waldbesitzervereinigungen haben das Potenzial an Mitgliedern und Holzaufkommen, als Partner für Bioenergiepartnerschaften aufzutreten. Findet eine echte Kooperation statt, ist die Abrechnungseinheit nicht mehr die Tonne oder der Schüttraummeter, sondern die Megawattstunde gelieferte Wärme beim Verbraucher. In diesem Fall profitieren die Waldbauern von der gesamten Wertschöpfung des eingesetzten Holzes.
 
Im Vorfeld der Veranstaltung führte die Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen unter Leitung des Vorsitzenden Paul Kranz und des Geschäftsführers Korbinian Häsch eine Exkursion durch, bei der mit den Teilnehmern die Durchforstung ungepflegter Fichtenbestände demonstriert und die Möglichkeiten zur Gewinnung von Holzhackschnitzeln diskutiert wurden. Ein Highlight war die Besichtigung des Biomassewerkes in Bad Tölz, das die Biomasse ausschließlich von regionalen Waldbauern bezieht. Der Geschäftsführer der Stadtwerke Michael Hofmann stellte in einem anschließenden Vortrag die Vorteile der regionalen Biomassenbeschaffung dar und erläuterte die Gestaltung der Lieferverträge.
 

Bioenergiepartnerschaften

Um das Thema Bioenergiepartnerschaften zwischen Land- und Forstwirten weiter zu vertiefen, veranstaltet die DLG zusammen mit dem Verband kommunaler Unternehmer (VKU) und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA Power Systems) am 8./9. Dezember 2009 in Kassel eine Fachtagung. Ziel dieser Tagung, die unter dem Thema „Bioenergie-Partnerschaften - Kooperationen zwischen Land- und Forstwirtschaft und Stadtwerken“ steht ist es, die Möglichkeiten der Kooperationen aufzuzeigen und die jeweiligen Erwartungen der beiden Seiten zu diskutieren.
 
Interessenten erhalten weitere Informationen zur Veranstaltung des Ausschusses für Forstwirtschaft sowie zur Tagung „Bioenergiepartnerschaften“ bei der DLG, Ansprechpartner ist Dr. Frank Setzer, Tel.: 069/24788-323 oder E-mail: f.setzer@dlg.org. Das Programm der Kasseler Fachtagung ist im Internet unter www.dlg.org/bioenergiepartnerschaften zu finden. Hier ist auch eine online-Anmeldung möglich. (dlg)
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