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17.07.2012 | 12:38 | Energieforschung 

Höherer Bioenergieertrag durch Pflanzenvielfalt

Freising-Weihenstephan - Es muss nicht immer Mais sein: Auch aus Gras lassen sich Strom und Wärme gewinnen.

Energiepflanzen
(c) proplanta
In flüssiger Form wird Grassilage in Biogasanlagen vergoren; getrocknet und zu Heupellets gepresst kann der Grünschnitt auch in Verbrennungsanlagen eingesetzt werden.

Wissenschaftler der Technischen Universität München und der Universitäten Kassel und Leipzig haben nun gezeigt, dass der Energieertrag umso höher liegt, je mehr Pflanzenarten auf einer Grünlandfläche zu verzeichnen sind. Über ihre Ergebnisse berichten die Forscher in der Fachzeitschrift „Grass and Forage Science".

Gras ist nicht gleich Gras. Besonders „energiereich" ist Grünland dann, wenn möglichst viele verschiedene Kräuter, Gräser oder Leguminosen-Arten zu verzeichnen sind.

Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Technischen Universität München und der Universitäten Kassel und Leipzig anhand eines außergewöhnlichen Freilandversuches: Auf einer Fläche von 10 Hektar umfasst das sogenannte Jena-Experiment Grasland-Parzellen mit 1, 2, 4, 8, 16 und 60 verschiedenen Pflanzenarten.

Über zwei Jahre haben die Forscher den Grünschnitt von unterschiedlich artenreichen Parzellen chemisch analysiert. Dabei wurden nicht nur Trockenmasse und Energiegehalt erfasst, sondern auch die in der Biomasse enthaltenen Mineralstoffe.

„Eines der wichtigsten Resultate dieser Studie war der mit zunehmender Diversität ansteigende Bruttoenergieertrag bei einer thermischen Verwertung", erklärt Prof. Michael Wachendorf, Leiter des Fachgebiets Grünlandwissenschaft und Nachwachsende Rohstoffe an der Universität Kassel.

„So kann auf einem Hektar extensiv bewirtschaftetem Grünland mit einer Artenvielfalt von rund 60 Arten pro Jahr ein Bruttoenergieertrag von etwa 42 MWh erzielt werden", erläutert Wachendorf. „Damit ist der Energieertrag etwa doppelt so hoch wie auf der gleichen Fläche mit einem Bestand von nur vier Arten."

Ursächlich für diesen hohen Energiezuwachs auf gleicher Fläche sind Komplementäreffekte. Prof. Wachendorf: „Die Mischung vieler Arten nützt die vorhandenen Ressourcen wie Bodennährstoffe, Licht oder Wasser deutlich besser aus als eine Mischung von nur einer Handvoll Arten."

Zwar spielt die energetische Nutzung von Gras in Deutschland nur eine Nebenrolle. Dennoch ist das Heizen mit Heupellets eine von mehreren neuen Nutzungsmöglichkeiten für Grünland, das immer weniger für die Tierernährung benötigt wird.

„Man geht davon aus, dass in Mitteleuropa langfristig mindestens ein Viertel der Dauergrünlandflächen verschwindet, weil es entweder in Acker umgewandelt wird oder brachliegt", stellt Prof. Wolfgang W. Weisser fest, der an der Technischen Universität den Lehrstuhl für Terrestrische Ökologie innehat.

„Damit gehen auch wichtige Ökosystem-Dienstleistungen verloren, wie der Schutz des Grundwassers oder des Bodens vor Erosion."

Der Einsatz von Grünschnitt als nachwachsendem Rohstoff kann neue Absatzmöglichkeiten schaffen und dieser Tendenz entgegen wirken.

„Es besteht die Möglichkeit, diese extensiven Grünlandflächen weiterhin zu nutzen und damit all ihre positiven Eigenschaften zu erhalten", ergänzt Dr. Alexandra Weigelt von der Arbeitsgruppe Spezielle Botanik und funktionelle Biodiversität der Universität Leipzig.

Neben der thermischen Verwendung von Grünschnitt steht auch eine stoffliche Nutzung des Grünschnittes im Fokus der Forschung: Ökologen und Biotechnologen der TUM untersuchen, wie sich daraus chemische Grundstoffe gewinnen lassen, beispielsweise für die Schmierstoffindustrie.

Prof. Weißer: „Wenn es gelingt, wirtschaftliche neue Verwendungen für das Grünland zu finden, wäre nicht nur den Landwirten gedient, sondern auch der Landschaft mit allen ihren vielfältigen Nutzern." (TUM)
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