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21.08.2011 | 13:05 | Brandkatastrophe  

Neue Brandwarnungen in Moskau

Moskau - Russlands Forstexperten warnen vor einer neuen Brandkatastrophe im Riesenreich.

Verbranntes Weizenfeld

Vor genau einem Jahr rollte eine verheerende Feuerwalze durchs Land. Moskau lag tagelang unter einer dicken Smogglocke. Die Regierung Putin erkannte spät das Ausmaß des Flammenmeers.

Giftiger Smog über dem Kreml, Dörfer in Schutt und Asche, Atomanlagen in Gefahr: Die furchtbaren Bilder der schlimmsten Brände in Russlands Geschichte gingen vor einem Jahr um die Welt.

Im Kampf gegen die Jahrhundertflammen stand eine unterbesetzte und schlecht ausgerüstete Feuerwehr von Beginn auf verlorenem Posten. Offiziell starben 53 Menschen, vermutlich waren es viel mehr. Zwar setzte sich Regierungschef Wladimir Putin demonstrativ ans Steuer eines Löschflugzeugs und versprach einen besseren Brandschutz. Doch Forstexperten beklagen weiter das Fehlen von Frühwarnsystemen. Der Feuersturm könne sich wiederholen, warnen sie eindringlich.

Beobachter kritisieren besonders veraltete Löschsysteme und mangelhaften Feuerschutz. Auch gebe es zu wenige Brandschneisen. Um giftige Torffeuer zu löschen, seien Kanalsysteme notwendig, mahnt die Umweltschutzorganisation Greenpeace. Doch die Feuerwehr begnüge sich oft damit, hektoliterweise Wasser auf dampfende Böden zu schütten. Damit seien die in der Tiefe lodernden Flammen nicht zu löschen.

Rußgeschwärzte Fundamente und angekokelte Bäume: Ein Jahr nach den Bränden sind die Folgen vielerorts noch sichtbar. An manchen Stellen zogen die Behörden Ersatzhäuschen hoch, deren frustrierte Bewohner aber eine hastige Bauweise beklagen: das Dach sei undicht, und im Keller wuchere Schimmel. Zwar hatte Putin in den betroffenen Dörfern Videokameras installieren lassen, um den Wiederaufbau persönlich zu überwachen. «Aber "Putins Auge" nutzte gar nichts», klagt ein vom Brand Geschädigter. «Geklaut und geschlampt wurde trotzdem.»

«Als die Feuerwalze kam, umfassten wir unsere Ikonen und knieten uns betend auf die Straße», erzählt Lydia Lutschkina aus Mochowoje. Das Dorf rund 190 Kilometer südlich von Moskau wurde im August 2010 mit sieben Toten ein trauriges Symbol der Katastrophe. Heute erinnert ein großes Holzkreuz am Eingang der «Geistersiedlung» an die Opfer der verheerenden Brände. «Während wir beteten, riefen unsere Männer telefonisch Moskau um Hilfe. Niemand kam», erzählt die 61-Jährige russischen Medien. Insgesamt verwüstete das Flammenmeer etwa 150 Dörfer, verletzte Hunderte und machte Tausende obdachlos. Die Millionenstadt Moskau versank in dichtem Rauch.

«Es ist, als wenn Sie sich in der Garage bei laufendem Motor ins Auto setzen», beschreibt der Arzt Sergej Petrow die damalige Lage in der Metropole mit dem beißenden Rauch brennender Torffelder. «Ein Mundschutz hilft vielleicht gegen Rußpartikel, aber nicht gegen Giftgase.» Nach Angaben des Gesundheitsministeriums stieg wegen des Smogs und der Hitze von tagelang 40 Grad Celsius die Zahl von Atemwegserkrankungen sprunghaft, und allein in der Hauptstadt nahm die Sterblichkeit um 50 Prozent zu. Viele Botschaften und ausländische Unternehmen ließen Mitarbeiter ausfliegen.

In der Provinz fraßen sich die Flammen an Atomanlagen heran. Rund 2.600 Feuerwehrleute mussten die Forschungsanlage Sarow etwa 500 Kilometer östlich von Moskau schützen, und Atombehördenchef Sergej Kirijenko reiste eilig zur Wiederaufbereitungsanlage Majak am Ural, um sich selbst ein Bild zu machen. Brände wirbelten radioaktiven Staub auf, der seit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 vielerorts den Boden verseucht.

Greenpeace schätzt die Schäden der Feuersbrunst auf mehr als 200 Milliarden Euro - viel höher als von den Behörden angegeben. Insgesamt seien den Flammen mindestens zwölf Millionen Hektar und damit eine Fläche größer als der Waldbestand Deutschlands zum Opfer gefallen, errechnete die Organisation. Wochenlange Dürre vernichtete zudem große Teile der Ernte. Der weltweit drittgrößte Weizenexporteur verhängte deswegen ein bis vor kurzem geltendes Exportverbot. Auf dem Weltmarkt schossen die Getreidepreise damals in die Höhe. (dpa)

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