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17.02.2013 | 15:55 | Pferdehaltung 

Pferdebesitzer sehen Pferdefleisch-Skandal pragmatisch

Warendorf - Pferdebesitzer sehen den Pferdefleisch-Skandal pragmatisch. Sie beschäftigt eher die Frage, ob sie ihr eigenes Tier schlachten oder einschläfern lassen würden.

Pferd
(c) proplanta
Es ist ein kalter, grauer Tag im Februar. Fürsorglich legt die 25-jährige Katharina Loeck in einem Stall im hessischen Usingen ihrem Pferd Bonnie eine Decke auf den Rücken, damit es sich nicht verkühlt. Seit ihrer Kindheit reitet die angehende Gymnasiallehrerin fast täglich, sie liebt ihre drei Pferde.

Das Thema Pferdefleisch-Skandal sieht sie jedoch pragmatisch. «Ich habe nichts dagegen, wenn Menschen Pferdefleisch essen. Widerlich finde ich an der Sache nur, wie mit Lebensmitteln getrickst wird», sagt sie.

Tanja Kleist aus dem nahen Weinbach denkt ähnlich. Sie wisse gar nicht, warum die Aufregung so groß sei. «Was ist der Unterschied, ob ich Pferdefleisch mit Medikamentenrückständen esse oder ein Schwein, das mit Antibiotika vollgepumpt wurde?», sagt die 37-jährige Rechtsanwältin. Sie selbst würde allerdings kein Pferdefleisch essen, die Usingerin Loeck sieht das ähnlich. «Ich esse ja auch kein Hund», erklärt sie. Kathrin Steinmeier, Besitzerin einer kleinen Reitschule in Usingen, hätte damit keine Probleme. «Probieren würde ich es.»

Was die Reiterinnen viel mehr beschäftigt: Würden sie ihr eigenes Pferd einschläfern oder schlachten lassen? Nach Auskunft der Deutschen Reiterlichen Vereinigung im westfälischen Warendorf sterben die meisten alten oder kranken Pferde in Deutschland im heimischen Stall. So ließen im Jahr 2011 etwa 55.000 dieser Vierbeiner ihr Leben - nur jedes fünfte Tier wurde geschlachtet.

EU-weit werden jährlich nach Auskunft des Deutschen Tierschutzbundes in Bonn mehr als 600.000 Pferde geschlachtet. Die Organisation kritisiert Schlachtpferde-Transporte, bei denen Pferde oft tagelang unter schrecklichen Bedingungen quer durch Europa gekarrt würden. Die häufigsten Routen führten von Polen, Rumänien und Spanien nach Italien. Dort gelte Pferdefleisch als Delikatesse. 85.000 Pferde würden dort jährlich geschlachtet.

In Deutschland fahren die Reiter ihre Tiere auch selbst zum Schlachter, manchmal sind sie bei der Tötung dabei. Darf das Fleisch verwertet werden, kriegen sie dafür meist mehrere hundert Euro. Beim Einschläfern kommt der Tierarzt in den Stall, narkotisiert das Pferd und gibt ihm dann ein Medikament, das zum Herzstillstand führt. «Die Besitzer sind meistens dabei», erzählt der Tierarzt Reiner Ernst aus dem hessischen Neu-Anspach. «Das Ganze dauert so drei Minuten und ist für das Pferd schmerzfrei.» Etwa 150 Euro muss der Tierbesitzer dafür bezahlen, hinzu kommen die Kosten für die Abdeckerei.

Bei den drei hessischen Pferdebesitzerinnen gehen die Meinungen bei diesem Thema auseinander, bei der Tötung eines Pferdes war noch keine von ihnen dabei. Steinmeier und Kleist würden ihre Pferde wohl zum Schlachter bringen, sie haben schon viele Horrorgeschichten über das Einschläfern gehört. Zum Beispiel, dass die Tiere noch lange Zeit wild zucken würden. Wenig schön finden sie auch die Vorstellung, dass das tote Tier im Stall liegt und vom Abdecker abgeholt werden muss. «Bei Schlachtungen geht wohl alles ganz schnell. Bevor die Pferde mitkriegen, wo sie sind, ist schon alles vorbei», sagt Steinmeier.

Die 25-jährige Loeck würde ihre Pferde dagegen vermutlich einschläfern lassen. «Das stelle ich mir friedlicher vor, als wenn das Pferd nach einem Bolzenschuss plötzlich zusammenkracht», sagt sie. Gedanken über den Tod müssen sich die Pferdebesitzer schon sehr früh machen. Jedes Pferd hat einen Equidenpass mit vielen individuellen Daten. Darin muss der Besitzer schon bei einem jungen Tier eintragen, ob es eines Tages eventuell ein Schlachtpferd sein soll. (dpa)
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