Die Bauernregeln strotzten auch nur so von Vorurteilen und Halbwahrheiten. Der Wahnsinn habe Methode, beklagte die CDU-Politikerin.Angriffe auf die Landwirte gehörten mittlerweile offenbar zu den Kernaufgaben des Bundesumweltministeriums. Statt miteinander für Umwelt- und Naturschutz in Deutschland zu arbeiten, gebe es bei Hendricks nur ein Gegeneinander.
Connemann konterte mit einem Spruch im Stil der Bauernregeln: „Spricht die Hendricks über Bauern, bekomme ich das kalte Schauern.“ Die Vorsitzende des Bundesfachausschusses Landwirtschaft und ländlicher Raum der CDU, Christina Schulze Föcking, erklärte, die Kampagne sei einer Bundesministerin „unwürdig und ganz klar ein Fall,mit demsich der Bundesrechnungshof befassen sollte“.
Die Agrarsprecherin der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Marlene Mortler ,mahnte eine sachgerechte Debatte über die Landwirtschaft der Zukunft an. Diese könne man aber nur dann führen, wenn man auch die betroffenen Menschen im Blick habe. Auch für den CSU-Bundestagsabgeordneten Artur Auernhammer ist die Kampagne „ein billiger Wahlkampfversuch und parteipolitische Profilierung“. Hendricks bestätige damit eindrucksvoll ihre „Unkenntnis und Unfähigkeit im Amt“.
Mit großer Verärgerung hat Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt auf „die neuen Bauernregeln“ des Bundesumweltministeriums reagiert. Mit dieser Kampagne werde der gesamte bäuerliche Berufsstand undifferenziert an den Pranger gestellt, so Schmidt am Freitag (3.2.) in einem Schreiben an seine Kabinettskollegin Dr. Barbara Hendricks . Er wirft der SPD-Politikerin vor, ihre Kampagne gebe Millionen Menschen in der Landwirtschaft sowie den vor- und nachgelagerten Bereichen der Lächerlichkeit preis.
„Eine vermeintliche ‚Meinungselite‘ aus den Metropolen amüsiert sich hier auf Kosten der Menschen im ländlichen Raum“, schreibt Schmidt. Das sei Gift für eine sachliche Debatte über die Zukunft der Landwirtschaft und der ländlichen Räume. Der CSU-Politiker fordert seine Kabinettskollegin auf, die Kampagne sofort zu beenden und sich bei den Bäuerinnen und Bauern öffentlich zu entschuldigen. „Eine steuerfinanzierte Kampagne, die die Diffamierung eines gesamten Berufsstands mindestens in Kauf nimmt, gehört meiner Ansicht nach nicht in den Instrumentenkasten guter Regierungskommunikation“, so der Landwirtschaftsminister. Er bekräftigte zugleich seine Bereitschaft zu einem sachlichen, konstruktiven und zielführenden Dialog mit Hendricks über die künftige Ausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Seine Ideen vor allem für eine stärkere Berücksichtigung gesellschaftlicher Leistungen bei den Direktzahlungen habe er in seinem Grünbuch dargelegt.
Mit ihrer Kampagne „Gut zur Umwelt. Gesund für alle.“, die anlässlich des Beginns der öffentlichen Konsultation der EU zur Zukunft der GAP (Dokumentation) startete, will Hendricks für eine Reform der Agrarpolitik werben. Der Berufsstand zeigte sich empört und reagierte teils ironisch bis zynisch auf die Kampagnesprüche, die in mehr als 70 Städten plakatiert und per Ansichtskarten über soziale Netzwerke und eine Webseite verbreitet werden sollen. Aus Sicht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) ist damit ein neuer Tiefpunkt in der agrarpolitischen Auseinandersetzung erreicht. DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken stellte fest: „Mit aktivistischen Reimen lässt sich keine seriöse Agrarpolitik machen.“
Parlamentarische Aufarbeitung angekündigtDer Vorsitzende des Bundestagsernährungsausschusses, Alois Gerig , kündigte eine parlamentarische Aufarbeitung der Kampagne an. Auch er appellierte an die Bundesumweltministerin, die Plakatierung zu stoppen. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion, Franz-Josef Holzenkamp, forderte ebenfalls, die Kampagne unverzüglich einzustellen. Er sprach von einer „geschmacklosen Diffamierungskampagne“ gegen die Landwirte. Hier würden Vorurteile auf Kosten des Steuerzahlers verbreitet. Dies belege einmal mehr „die fachliche Inkompetenz der Bundesumweltministerin“, so Holzenkamp. Ganz offensichtlich habeman sich nun endgültig entschlossen, das Ministerium in die Geschäftsstelle bestimmter Nichtregierungsorganisationen umzuwandeln. Die Gesellschaft könne aber nur mit der Landwirtschaft bestehen, nicht gegen sie.
RücktrittsforderungDer
Präsident des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), Walter Heidl , forderte den Rücktritt der Bundesumweltministerin. Wer den Feinstaub in deutschen Städten mit Auflagen für Ställe bekämpfen wolle oder beim Klimaschutz die Weidehaltung als eines der größten Probleme identifiziere, „hat entweder keine Ahnung oder will gezielt Bauernhöfe zum Aufgeben zwingen“, so Heidl.
Der
Präsident des Landvolks Niedersachsen, Werner Hilse, beklagte die pauschale Diffamierung eines Berufsstandes. Information werde hier zum Wahlkampf umgemünzt, und das auch noch aufKosten der Steuerzahler. Das sei nicht die Art von Fairness und respektvoller Auseinandersetzung, die SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz vor wenigen Tagen für den Wahlkampf angekündigt habe, erklärte Hilse.
Der
Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) betonte, gerade ein Bundesministerium stehe in der Pflicht, „sich um einen konstruktiven Dialog zu bemühen, statt im Trump-Stil polemisch und herabsetzend Bauern zu verunglimpfen“. Das Ministerium begebe sich auf Stammtischniveau.
Der
Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV), Michael Horper, verwies darauf, dass nicht alle SPDPolitiker die Vorstellungen von Hendricks teilten. Er werde sich an Ministerpräsidentin Malu Dreyer und SPD-Generalsekretärin Katarina Barley wenden und die sofortige Einstellung der Kampagne fordern, sagte Horper.
Im postfaktischen Zeitalter angekommenDer
Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern zeigte sich „zutiefst entsetzt“. Die Kampagne sei nicht kreativ oder witzig, sondern dreist und polemisch. Damit werde staatliches Mobbing an Landwirten in ganz Deutschland betreiben. Solche Kampagnen demotivierten die Landwirte, ließen aber gleichzeitig auch die Wut auf den Höfen wachsen.
Der
Landesbauernverband (LBV) Brandenburg sieht durch die Bundesumweltministerin ebenfalls den gesamten Berufsstand beleidigt. „Ich habe lange nicht so einen diffamierenden Unsinn gelesen“, erklärte LBV-Präsident Henrik Wendorff . Am meisten störe ihn bei der Kampagne „der populistische, einseitige und deswegen unwahre Blick auf die Landwirtschaft von heute und die Ideologie dahinter“.
Der
Präsident des Thüringer Bauernverbandes (TBV), Dr. Klaus Wagner, verwahrte sich gegen die „flache und infantile Darstellung“, die ein völlig falsches Bild von der heimischen Landwirtschaft suggeriere. Landwirte würden als Tierquäler und Umweltvergifter diffamiert. Das Bundesumweltministerium sei offenbar auch im postfaktischen Zeitalter angekommen.
Ganz unten angelangtDie
Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) sprach von „
postfaktischen Bauernregeln“ und reagierte ihrerseits mit einem Spruch: „Fakten braucht der Wahlkampf nicht, Frau Hendricks reicht ein Reimgedicht.“ Die ISN kündigte an, nach dem Motto „Bauernfakten statt Hendricks-Platitüden“ zum Wahlauftakt diewahren Fakten auf Plakate zu bringen.
Der
Deutsche LandFrauenverband (dlv) stellte unterdessen die Frage, welche Absicht Ministerin Hendricks mit den neu formulierten Bauernregeln verfolge. Wenn so das Niveau der Politik aussehe, „dann sind wir ganz unten angelangt“, erklärte dlv- Präsidentin Brigitte Scherb.
Mehr Geld für den NaturschutzDas Bundesumweltministerium lässt bei seiner Kampagne Insgesamt elf „neue Bauernregeln“ verbreiten, so beispielsweise: „Gibt's nur Mais auf weiter Flur, fehlt vom Hamster jede Spur“ und „Steht das Schwein auf einem Bein, ist der Schweinestall zu klein“. „Wir wissen, dass die intensive Landwirtschaft die Belastungsgrenzen von Böden und Natur viel zu oft überschreitet“, erklärte Hendricks zum Start ihrer Kampagne am Donnerstag (2.2.) in Berlin. Das wollten die meisten Bürger nicht. Die Landwirtschaft habe nur dann eine Zukunft, wenn sie naturverträglich sei und Artenvielfalt, Klimaschutz und die Gesundheit der Menschen mit berücksichtige.
„Wir setzen uns deshalb vehement dafür ein, die EU-Agrarförderung umzubauen“, betonte die SPD-Politikerin. In Zukunft sollten Landwirte stärker für öffentliche Leistungen wie den Naturschutz bezahlt werden. Das Bundesumweltressort wies ergänzend darauf hin, dass unter
www.bundesumweltministerium.de/bauernregeln die Website zur Kampagne mit den neuen Bauernregeln online geschaltet sei. Die Internetseite liefere zusätzliche Hintergrundinformationen über relevante Themen wie Biodiversität und Landwirtschaft oder den Zusammenhang von Düngung und sauberem Grundwasser.