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13.06.2013 | 14:30

Flutopfer-Hilfsfonds beschlossen - Flutsoli umstritten

Hochwasserhilfe
(c) proplanta
Der Acht-Milliarden-Hilfsfonds kommt - Aber auch neue Schulden

Bis Anfang Juli soll der acht Milliarden Euro schwere Fonds für die Flutopfer stehen. Dafür müssen sich Bund und Länder mehr verschulden. Beim Abzahlen wollen sie sich Zeit lassen:


Welchen Umfang soll der Hilfsfonds haben?

Der Fonds für den Aufbau nach dem Hochwasser und zur Beseitigung der Schäden wird bis zu acht Milliarden Euro umfassen. Aus Sicht von Kanzlerin Angela Merkel und Thüringens Regierungschefin Christine Lieberknecht (beide CDU) ist das großzügig und angemessen. Letztlich bemesse sich das Volumen am Ausmaß der Schäden. Um die Gesetzgebung auf den Weg zu bringen, muss es einen Zahlenvorgabe geben. Der 2002 nach der «Jahrhundertflut» beschlossene Aufbaufonds sah gut sieben Milliarden Euro vor. Wenig später reduzierte sich die Summe auf 6,5 Milliarden, auch weil Kommunen nicht mehr einzahlen mussten. Letztlich wurden auch nicht alle Gelder abgerufen.


Ist Schwarz-Gelb im Wahlkampf großzügiger als damals Rot-Grün?

Das kann man nicht sagen, auch wenn rein zahlenmäßig die Summe höher ausfällt. Farben- und Zahlenspiele sowie Wahlkampf verbieten sich bei Katastrophen dieser Größenordnung in der Regel. Es wird zudem erwartet, dass die Schäden größer ausfallen als vor elf Jahren. Berücksichtigt werden muss auch die Preisentwicklung. Das heißt, sieben Milliarden waren 2002 schlicht mehr wert als heute.


Woher soll das Geld für den neuen nationalen Fonds kommen?

Eigentlich reicht die Palette von Ausgabenkürzungen über Umschichtungen, Steuererhöhungen und Sonderabgaben bis hin zu neuen Schulden. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat eine befristete Anhebung des Solidaritäts-Zuschlags vorgeschlagen. Einen «Flutsoli» lehnen andere CDU-Regierungschefs ab. Steuererhöhungen und Abgaben werde es nicht geben, stellte auch Merkel klar und verwies auf die Rekordsteuereinnahmen. Und ein Sparpaket 100 Tage vor der Wahl gilt als unwahrscheinlich.


Es läuft also wieder auf neue Schulden hinaus?

Genau. Ein Verstoß gegen die Schuldenbremse und das Grundgesetz ist dies aber nicht. Denn solche Naturkatastrophen geben Bund und Ländern mehr Spielraum und erlauben neue Kredite. Allerdings: Irgendwann muss der Staat mal anfangen, seinen Schuldenberg von weit mehr als zwei Billionen Euro abzuzahlen. Das sind mehr als 80 Prozent der Wirtschaftsleistung. Bund und Länder loten Wege aus, um die Rückzahlung der Flutschulden über viele Jahre zu strecken.


Könnten Bund und Länder sich gemeinsam frisches Geld borgen?

Das wird erwartet. Schon länger gibt es die Idee von sogenannten Deutschlands-Bonds - also gemeinsamen Anleihen von Bund und Ländern unter Federführung des Bundes. Dabei profitieren die Länder von den sehr günstigen Zinsen des Bundes und können sich so billiger mit frischem Geld eindecken und mehrere Millionen für Zinszahlungen sparen. Hohe Risikoaufschläge entfallen. Schon in Kürze könnten Bund und Länder erstmals den Kapitalmarkt gemeinsam anzapfen mit einer Milliarden-Anleihe. Der Bund übernimmt aber nicht die Gesamthaftung für Deutschland-Bonds - sie wird anteilig sein.


Was wird der Bund zudem unternehmen?

Der wird schon bald einen Nachtragshaushalt für dieses Jahr vorlegen. Schließlich ist das eine deutliche Ausgabenänderung, die nicht mal eben kurzfristig finanziert werden kann. Der Fonds muss dieses Jahr gespeist werden, auch wenn das Geld erst in den folgenden Jahren ausgezahlt wird. Bisher hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für 2013 neue Schulden von 17,1 Milliarden Euro veranschlagt - und gehofft, am Ende darunter zu bleiben.


Unabhängig von Fluthilfen wollen die Länder auch so mehr Geld?

Ja. Das Gefeilsche kann noch spannend werden. So pochen die Länder auf 13 Milliarden Euro mehr vom Bund als Zuschüsse für kommunalen Wohnungsbau und Nahverkehr. Wegen der Differenzen ist der EU-Fiskalpakt in Deutschland immer noch nicht umgesetzt. Um viel Geld geht es auch bei der Verwertung früherer Militärflächen. Oder Länder wie Rheinland-Pfalz wollen ihre Ausgaben für frühere Hochwascherschutzmaßnahmen bei den Fonds-Beiträgen anrechnen lassen. Der Streit zwischen «armen» und «reichen» Ländern über den Finanzausgleich macht die Sache nicht einfacher - auch wenn alle jetzt vollmundig von nationaler Aufgabe und Solidarität reden. (dpa)
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