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13.09.2020 | 11:15 | Geheimniskrämerei 

Baden-Württemberg zur Herausgabe von Pflanzenschutzmitteldaten verpflichtet

Stuttgart -  In Baden-Württemberg haben drei Verwaltungsgerichte die Landesregierung zur Herausgabe von Informationen zur Anwendung von Pflanzenschutzmitteln in Natur- und Wasserschutzgebieten verpflichtet.

Geheimniskrämerei Pflanzenschutzmitteldaten
Verwaltungsgerichte entscheiden zugunsten von NABU und Zweckverband Landeswasserversorgung (c) proplanta
Geklagt hatten der Landesverband vom Naturschutzbund Deutschland (NABU) und der Zweckverband Landeswasserversorgung (LW). Wie die beiden Organisationen am vergangenen Montag (7.9.) berichteten, haben die Verwaltungsgerichte Karlsruhe, Stuttgart und Freiburg in den vergangenen Monaten in drei von insgesamt sechs anhängigen Verfahren zugunsten der Kläger entschieden und ihnen in allen Punkten recht gegeben. Tenor aller Urteile sei, dass das Informationsrecht ein Jedermannsrecht sei, sich die Landesverwaltung auf einen europarechtswidrigen Paragrafen im Bundespflanzenschutzgesetz stütze und damit selbst europarechtswidrig handele.

„Die drei Urteile sind eine Klatsche für die Juristen der Landwirtschaftsverwaltung des Landes“, so der NABU-Landesvorsitzende Johannes Enssle. Mit der „Geheimniskrämerei“ beim Thema Pflanzenschutz müsse endlich Schluss sein. Die Landesregierung dürfe verbriefte Bürgerrechte wie das Transparenzprinzip und den Zugang zu Umweltinformationen nicht mit Füßen treten.

Der Geschäftsführer des LW, Prof. Frieder Haakh , erwartet „nach diesen klaren Urteilen“ einen Kurswechsel und die Offenlegung der Daten. Wenn diese vorlägen, könnten Wasseruntersuchungen deutlich wirtschaftlicher und effizienter gestaltet und das Trinkwasser besser geschützt werden.

Laut NABU und LWhat das Land gegen die Urteile allerdings Berufung eingelegt. Man frage sich schon, wie viele Gerichtsurteile es brauche, damit das Landwirtschaftsministerium endlich das Bürgerrecht auf Informationsfreiheit respektiere, so Enssle und Haakh. Sie wollen zur Not durch alle Instanzen gehen und sehen in den Urteilen eine gute Möglichkeit, um bei der jüngst beschlossenen Verringerung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes voranzukommen und die Erfolge messbar zu machen.

Anonymisierte Daten angefordert

Wie Ennsle betonte, geht es dem NABU nicht darum, einzelne Landwirte oder die Landwirtschaft an den Pranger zu stellen. „Wir haben die Daten anonymisiert angefordert, denn es geht uns nicht um Personen, sondern darum, den Einfluss der landwirtschaftlichen Pestizide auf unsere Umwelt besser zu verstehen“, erklärte der Landesvorsitzende. Wer einen sachlichen Umgang mit dem Thema verlange, müsse bereit sein, Transparenz herzustellen.

Der Landesbauernverband in Baden-Württemberg (LBV) erklärte, die größte Sorge der Landwirte sei, dass veröffentlichte Daten zum Einsatz von Pflanzenschutzmitteln nicht vorurteilsfrei diskutiert und kommentiert würden. Laut LBV-Hauptgeschäftsführer Marco Eberle haben die Umweltverbände das Thema in der Vergangenheit „leider sehr einseitig und unsachlich kommuniziert“. In der Gesamtdiskussion sei es künftig dringend notwendig, dass der unbestrittene Nutzen des Pflanzenschutzes für die Lebensmittelqualität, die Ertragssicherheit oder den weltweiten Klimaschutz deutlich aufgezeigt werde.

Der NABU will Daten zu Pflanzenschutzmittelanwendungen in allen Naturschutzgebieten. Die drei bereits ergangenen Urteile gelten für Schutzgebiete im Zuständigkeitsbereich des Regierungspräsidiums Freiburg, für das Naturschutzgebiet Kalkofen im Enzkreis sowie das Wasserschutzgebiet Egautal.
AgE
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