Anders sieht es nach Einschätzung von Politikern und Experten in anderen Regionen der Welt aus. Der stellvertretende Generalsekretär des Bauernverbandes, Udo Hemmerling, sagte der Deutschen Presse-Agentur am Montag: «Sollte es eine längere Unterbrechung der Schwarzmeerroute für Getreide, Ölsaaten und Düngemittel geben, könnte es erneut zu Versorgungsengpässen und Preissteigerungen im globalen Agrarhandel kommen.» Das ginge vor allem zu Lasten von Importeuren von Brotgetreide in Arabien, Afrika und Asien. «In Mitteleuropa ist hingegen nicht mit Versorgungsengpässen zu rechnen, da hier die eigene Ernte zur Verfügung steht.»
Russland hat am Montag das Abkommen zur Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer gestoppt. Man werde zur Erfüllung der Vereinbarung zurückkehren, sobald alle russischen Forderungen für den Export eigenen Getreides erfüllt seien, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Im vergangenen Sommer hatte die Vereinbarung eine russische Seeblockade der ukrainischen Schwarzmeerhäfen beendet. Die Ukraine konnte dadurch zumindest in begrenztem Umfang wieder Getreide ausführen.
Hemmerling sprach mit Blick auf die aktuelle Lage von einem «politischen Poker Russlands» zu Lasten der Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern. «Tatsächlich hat Russland erhebliche Eigeninteressen, den globalen Marktzugang für seine Getreideexporte nicht zu verlieren.» Für den Bauernverband sei klar, dass der Handel mit Lebensmitteln auch im Krieg nicht blockiert werden dürfe.
Der Grünen-Vorsitzende, Omid Nouripour, sagte der dpa: «Durch den Stopp des
Getreideabkommens verschärft der Kreml bewusst die weltweite Nahrungsmittelkrise.» Damit trage Russland eine direkte Verantwortung für Millionen Hungernde. «Es ist richtig, dass sich Deutschland weiterhin um eine Verlängerung der Vereinbarung bemüht», fügte er hinzu.