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30.10.2008 | 20:53 | Agrarministerin  

Die Bauern bekommen wieder eine Ministerin - der Kurs ist noch offen

Berlin - Jung und weiblich - das war das Ziel von Horst Seehofer für seine Personalvorschläge. Ilse Aigner (CSU), seine Nachfolgerin als Bundeslandwirtschaftsministerin, erfüllt beides.

Ilse Aigner
Ilse Aigner (c) Dt. Bundestag
Mit 43 Jahren ist sie fast die jüngste Agrarressortchefin, nur Björn Engholm war 1982 etwas jünger. Nach Grünen-Politikerin Renate Künast kommt erneut eine Frau an die Spitze des Bauern- und Verbraucherministeriums. «Ich freue mich», sagte Aigner am Donnerstag in München, als schon durchgesickert war, dass Seehofer sie mit dem Posten betrauen will. Während Künast für eine Kehrtwende hin zu mehr Verbraucherschutz und mehr Öko-Landbau stand, ist bei Ilse Aigner der genaue Kurs noch unklar. Vieles spricht für Kontinuität nach Seehofer.

Die größten Chancen waren in den vergangenen Tagen gar nicht Aigner, sondern ihrem Partei- und Fraktionskollegen Karl-Theodor zu Guttenberg eingeräumt worden. Die CSU-Landesgruppe im Bundestag hielt den Parlamentarischen Agrarstaatssekretär Gerd Müller (CSU) für die logische Lösung. Er weiß, auf welchen Feldern geackert werden muss und kennt sich in der Landwirtschaft bestens aus. Doch Seehofer wählte die Quereinsteigerin, auch wegen angeblicher Widerstände innerhalb des Ministeriums. Den Nachwuchspolitiker zu Guttenberg, eloquent und staatsmännisch, machte er zum neuen CSU-Generalsekretär.

Aigner, gelernte Radio- und Fernsehtechnikerin, ist im Bundestag bisher für Bildung und Forschung zuständig. Das heißt nicht, dass sie keine Erfahrungen mit Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat. Als Künast Minsterin war, beschäftigte sich Aigner im Bundestag mit dem Agrarhaushalt. Opposition und Verbände fordern einen Kurswechsel von Seehofers Politik hin zu mehr Verbraucherschutz. «Das ist ja bei Seehofer an die letzte Stelle geraten», sagt Grünen-Fraktionschefin Künast. Der Bauernverband hofft auf Kontinuität. «Wir trauen ihr zu, dass sie das unter Horst Seehofer gewachsene Gewicht des Ministeriums weiterträgt», sagt Verbands-Generalsekretär Helmut Born. «Sie kennt sich aus in der Landwirtschaft.»

Die neue Ministerin steht vor einem weiten Feld von Aufgaben. Im November geht es um die Wurst für die Bauern, wenn die EU über die Kommissionspläne zur Kürzung der direkten Beihilfen entscheidet. Seehofer hatte dafür zwar Offenheit signalisiert - aber nur, wenn die EU einen Milchfonds zahlt für die Milchbauern. SPD und Grüne wünschen sich von Aigner unter anderem mehr Orientierung am Klimaschutz, eine Einigung auf eine Lebensmittelkennzeichnung in den Ampelfarben rot, gelb und grün, mehr Rechte für Anleger in der Finanzkrise. FDP- Agrarpolitiker Hans-Michael Goldmann spricht von einem «schweren Erbe» Seehofers im Verbraucherschutz. Ein alter Streit könnte wieder aufbrechen.

Aigner hat sich in der Vergangenheit dafür stark gemacht, die Chancen der Gentechnik zu nutzen und einen forschungsfreundlichen Kurs einzuschlagen. «Die Wirtschaftlichkeit der landwirtschaftlichen Produktion steigt, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit werden gestärkt», erklärte sie vor zwei Jahren. Grünen-Fraktionsvize Bärbel Höhn kritisiert:

«Die Gentechnik-Lobby wird sich über eine noch bessere Verbündete im Ministerium freuen.» Aber auch Aigner hat wie Seehofer gemerkt, dass der Widerstand in Bayern groß ist. «Der Schutz von Mensch und Umwelt bleibt dabei oberstes Ziel», sagt sie deshalb. Wie Seehofer. (dpa)
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