Wie stehen Sie persönlich zu den Direktzahlungen? Die Direktzahlungen sind kein finanzielles Geschenk an die Bauern, sie sind eine Gegenleistung des Bürgers und Steuerzahlers für die Leistungen, die unsere Bäuerinnen und Bauern für die ganze Gesellschaft erbringen. Die Direktzahlungen sind die logische Konsequenz eines europäischen Agrarmodells, das auf eine nachhaltige, multifunktionale und flächendeckende Landwirtschaft abzielt. Hätten wir sie nicht, würden sich die Landwirtschaft und mit ihr die Landschaft in Europa drastisch verändern.
Im Durchschnitt gesehen machen die Direktzahlungen etwa die Hälfte des Gewinns unserer landwirtschaftlichen Betriebe aus. Ohne diese Honorierung öffentlicher Leistungen wäre ein Großteil der bäuerlichen Betriebe nicht überlebensfähig, unsere intakte Kulturlandschaft in weiten Teilen gefährdet. Deshalb ist es auch künftig wichtig, dass wir bäuerliche Strukturen stärker unterstützen als Großbetriebsstrukturen. Mit der jüngsten GAP-Reform ist es mir gelungen, die ersten 46 Hektar von Betrieben mit einem Zuschlag bei den Direktzahlungen auszustatten. Das war ein wichtiger Durchbruch und ist ein Signal für die Zukunft.
Glauben Sie, dass das Konzept (Veröffentlichung) funktioniert? Die Veröffentlichung selbst ist technisch kein Problem. Ob sie allerdings die Ergebnisse bringt, für die sie geschaffen ist, kann man dagegen sehr wohl bezweifeln. Denn das Ziel ist es letztlich, durch die Veröffentlichung zum einen eine soziale Kontrolle über die Verwendung der EU-Mittel und zum anderen eine Diskussion über die Ziele und Instrumente der Gemeinsamen
Agrarpolitik anzuregen. Die Veröffentlichung der einzelbetrieblichen Daten halte ich für den falschen Weg, diese Ziele zu erreichen.
Haben Sie einen Vorschlag, wie man es besser/anders machen könnte? Ja. Denn jeder Wissenschaftler versucht, aus vorhandenen Einzeldaten Entwicklungen aufzuzeigen und neue Erkenntnisse zu gewinnen. Das wäre auch hier sinnvoller. Es macht aus meiner Sicht keinen Sinn, EU-weit millionenfach Einzeldaten abrufbar zu machen, ohne sie statistisch aufzubereiten und politische Schlussfolgerungen anzubieten. Nur zusammenfassende, statistische Auswertungen lassen sich auch interpretieren. Warum man hier nur Einzeldaten einfach ins Netz stellt, erschließt sich mir nicht.
Wie groß schätzen Sie die durch die Direktzahlungen entstandenen Abhängigkeiten ein? Was die Abhängigkeit der Existenz unserer Landwirte von den Direktzahlungen angeht, habe ich die Antwort schon gegeben: ohne die Honorierung wäre ein Großteil der bäuerlichen Betriebe nicht überlebensfähig. Weitere Abhängigkeiten können sich aufgrund einer Beleihung von Zahlungsansprüchen durch Kreditgeber oder im Zuge von Pachtverhandlungen ergeben. Das darf man aber nicht überbewerten.
Eine etwas diffizile Frage: Was glauben Sie, wie die Empfänger nach der Veröffentlichung aufeinander reagieren? Ich gehe davon aus, dass mit den veröffentlichten Daten verantwortlich und besonnen umgegangen wird. Denn neu ist, dass nun mehr Informationen über die Gründe und die Ziele der erhaltenen Zahlungen in der Datenbank bereitgestellt werden. Das ist ein Fortschritt. Bayern hatte übrigens bereits beim letzten Mal viel umfassender als andere Länder über die Zahlungen informiert. Hier hat auch Brüssel dazugelernt.
Wie finden Sie die Umsetzung des Portals hinsichtlich Nutzerfreundlichkeit und Transparenz auch in Bezug auf die verwendeten Abkürzungen? Ich glaube nicht, dass die Öffentlichkeit damit viel anfangen kann. Aber ich möchte mich nicht in Fragen der Gestaltung und Bedienung des Portals einmischen. (Proplanta)