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06.10.2023 | 14:22 | Unkrautvernichter 
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Erneute Glyphosat-Zulassung: Europaparlament tief gespalten

Straßburg - Die Ansichten im Europaparlament zur erneuten Zulassung des Pflanzenschutzmittelwirkstoffs Glyphosat gehen nicht nur zwischen den Fraktionen weit auseinander. 

Glyphosat-Zulassung
(c) proplanta
Auch innerhalb der politischen Gruppen sind die Auffassungen teilweise höchst unterschiedlich. In der gestern in Straßburg zu dieser Thematik abgehaltenen Aussprache wies unter anderem der Agrarsprecher der EVP, Herbert Dorfmann, auf die Bedeutung von Glyphosat für kohlenstoffarme Praktiken im Ackerbau hin.

Darüber hinaus betonte der Südtiroler allerdings im Einklang mit dem Kommissionsvorschlag, dass der Wirkstoff zukünftig nur noch ausschließlich als Herbizid im Pflanzenbau zum Einsatz kommen sollte. Vorerntebehandlungen, wie die Sikkation, lehne er ab. Schließlich mahnte Dorfmann, die Forschung und Entwicklung sowie die Zulassung von weniger schädlichen Alternativen zu forcieren.

EVP-Umweltsprecher Dr. Peter Liese erklärte in Richtung Zulassungsgegner, dass Verbote der falsche Weg seien. Angesichts der dramatisch gestiegenen Lebensmittelpreise könne man auf Glyphosat aktuell nicht verzichten, sagte der CDU-Politiker. Im Übrigen dränge er darauf die Empfehlungen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ernst zu nehmen.

Die agrarpolitische Sprecherin der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten (S&D), Clara Aguilera, stellte fest, dass Glyphosat zu den am meisten untersuchten und debattierten Wirkstoffen gehöre. Sie sei also für eine Zulassungsverlängerung, stellte die Spanierin klar. Sie empfahl allerdings, die bestehenden Datenlücken zeitnah zu schließen.

Konträr dazu äußerte sich der stellvertretende Vorsitzende der S&D-Fraktion, Mohammed Chahim. Viele Krankheiten bei Landwirten wie Parkinson seien durch den Einsatz des Wirkstoffs bedingt. „Glyphosat ist daher ein Meuchelmörder für Landwirte und Biodiversität“, so der Niederländer.

Der Vorsitzende des Umweltausschusses, der Franzose Pascal Canfin, hält die Stellungnahme der EFSA für nicht eindeutig. Eine Verlängerung um zehn Jahre sei daher inakzeptabel, sagte der Abgeordnete der liberalen Fraktion Renew Europe (RE). Seine Fraktionskollegin Elsi Katainen betonte hingegen, dass derzeit kein harmloseres Pestizid mit einer vergleichbaren Wirkung wie Glyphosat verfügbar sei. Allerdings begrüßte auch die finnische Agrarpolitikerin das vorgeschlagene Verbot der Sikkation.

Benoît Biteau, stellvertretender Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, lehnt es dagegen ab, dass Glyphosat „ungeachtet der Folgen für die Biodiversität“ weiter zugelassen werden soll. Er begrüßte ausdrücklich die ablehnende Haltung von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir. Diesem sei das Vorsorgeprinzip immerhin noch etwas wert, erklärte der Grünen-Politiker aus Frankreich.
AgE/kl
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Kommentare 
maximilian schrieb am 12.10.2023 23:13 Uhrzustimmen(1) widersprechen(1)
Glyphosphatresistente Pflanzen wachsen natürlich weiter.
Magdas Totalherbizid auch für Menschen unbedenklich sein, so ist seine Ungefährlichkeit für wasserlebende Organismen nicht bewiesen.
reben-peter schrieb am 09.10.2023 15:25 Uhrzustimmen(7) widersprechen(2)
Bei der Abstimmung im November 2017 muss man allerdings wissen, dass kurz davor die grüne Umweltministerin genau das gleiche gemacht hatte. Es ging um die Ausweisung von Schutzgebieten in der Ostsee, die vom Agrarministerium abgelehnt wurde. Darüber hatte sich Svenja Schulz einfach hinweggesetzt und für die Ausweisung gestimmt, obwohl eine Enthaltung geboten gewesen wäre.

Ach ja, die POEAs: die sind wegen ihrer guten Benetzungsfähigkeit in manchen Badesalzen und Duschbädern ebenfalls enthalten, also zur direkten Anwendung für den Menschen zugelassen.

Sehr fraglich ist für mich zudem, ob der zwei- bis fünffache Durchgang mit Eggen und Fräsen mehr Bodenbrüter übrig lässt, als eine ein- bis zweimalige Herbizidanwendung.
Nachtigall, ick hör dir drapsen!
Till Eugenspiegel schrieb am 09.10.2023 10:55 Uhrzustimmen(5) widersprechen(3)
Guten Tag Reben Peter,

das mit der Ausweisung der Schutzgebiete in der Ostsee will ich nicht verharmlosen, weibliche Amigas gibt es auch.
Frau Ministerin Lemke hat dazu einen Brief geschrieben, 2018.

https://www.steffi-lemke.de/uploads/2018/11/181114_Brief_Schulze_Meeresschutzgebiete.pdf

POEAs
" Polysorbate waren in Deutschland früher nicht erlaubt, sind aber seit 1998 im Zuge der EU-weiten Harmonisierung des Zusatzstoffrechtes für bestimmte Lebensmittel und in gewissen Mengen zugelassen.
Sie dürfen in Kuchen und Keksen, Eiscreme, Kaugummi, Süßigkeiten, Desserts, Suppen und Soßen sowie in pflanzlichem Milchersatz und Sahne enthalten sein.
Außerdem sind sie für Diätnahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel zugelassen.

Der Zusatzstoff E 433 verursachte bei Untersuchungen französischer Wissenschaftler an Mäusen selbst in geringen Dosen eine Veränderung der Bakteriengemeinschaft im Darm, des sogenannten Mikrobioms, was in der Folge zu Schäden an der Darmwand führte."
Mehr:
https://food-detektiv.de/zusatzstoffe/?enummer=Polyoxyethylen(20)-Sorbitan-Monostearat%20(Polysorbat%2060)

Eigentlich könnte man den Kopf in den von ihnen frisch gefrästen, geeggten Sand stecken,
wenn man sich mit politische Themen vertieft
auseinandersetzt.

Das wäre aber glaube ich keine Option für sie oder für mich.
Danke für ihren Beitrag.

PS:
Wann und wie sollte gefräst werden?

Üblicherweise fräst man im Herbst oder im Frühjahr.
Mehr:
( ist das ein DIXIKLO in der Wüste oder eine Übernachtungsmöglichkeit für Tiere, die es an einem Tag nicht schaffen das Feld zu durchqueren? )
https://www.agritec.de/fraesen-2/#:~:text=%C3%9Cblicherweise%20fr%C3%A4st%20man%20im%20Herbst,bis%20zum%20Fr%C3%BChjahr%20nicht%20mehr.
reben-peter schrieb am 09.10.2023 08:01 Uhrzustimmen(8) widersprechen(2)
Bei der Abstimmung im November 2017 muss man allerdings wissen, dass kurz davor die grüne Umweltministerin genau das gleiche gemacht hatte. Es ging um die Ausweisung von Schutzgebieten in der Ostsee, die vom Agrarministerium abgelehnt wurde. Darüber hatte sich Svenja Schulz einfach hinweggesetzt und für die Ausweisung gestimmt, obwohl eine Enthaltung geboten gewesen wäre.

Ach ja, die POEAs: die sind wegen ihrer guten Benetzungsfähigkeit in manchen Badesalzen und Duschbädern ebenfalls enthalten, also zur direkten Anwendung für den Menschen zugelassen.

Sehr fraglich ist für mich zudem, ob der zwei- bis fünffache Durchgang mit Eggen und Fräsen mehr Bodenbrüter übrig lässt, als eine ein- bis zweimalige Herbizidanwendung.
Nachtigall, ick hör dir drapsen!
maximilian schrieb am 07.10.2023 19:47 Uhrzustimmen(4) widersprechen(8)
Die ablehnende Haltung von Herrn Özdemir zur erneuten Zulassung von Glyphosat ist lobenswert und beruht auf dem in der Europäischen Union geltenden Vorsorgeprinzip. Es gibt nach Erkenntnissen der EFSA keine gesicherten Erkenntnisse über die Unbedenklichkeit von Glyphosat auf im Wasser lebende Organismen. Dabei beruht die Reinheit unseres Grundwassers auf Millionen von Krebsen und Muscheln im Wasser unter den Flussbetten. Es gibt keine gesicherten Erkenntnisse über die Wirkung von Glyphosat auf diese Organismen. Denkbar ist also eine weitere Verwendungseinschränkung und zeitliche Begrenzung der Zulassung für fünf Jahre. Verbunden mit intensiver Forschung zu diesem Thema. Auch der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen hat Verfassungsrang und muss im Zweifelsfall hinter den ökonomischen Belangen zurückweichen. Auch die Lebensmittelproduktion muss ethischen Kriterien entsprechen.
Der Landwirtschaft fehlt die Expertise, um diese Frage evident und ethisch korrekt zu beantworten.
Till Eugenspiegel schrieb am 07.10.2023 00:02 Uhrzustimmen(2) widersprechen(13)
Da werden sicher wieder SCHMIDT's und andere Amigos ( * ) dafür sorgen
das mir Vogelgezwitscher nicht der Schlaf raubt,
oder gefährliche Bienen auf meinem Kuchen landen.

Bei der letzten Verlängerung der Zulassung auf EU-Ebene im November 2017 wollte sich die Bundesregierung eigentlich enthalten – die SPD war dagegen, die Union dafür.
Der damalige CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt stimmte aber in Eigenregie mit Ja und sagte im Anschluss lapidar:

„So isser, der Schmidt.“
Aus:
https://www.tagblatt.de/Nachrichten/Was-wird-aus-Glyphosat-513703.html

Für viele so nicht bekannt:

Erstaunlicherweise wuchsen die Pflanzen, die mit einer reinen Glyphosatlösung besprüht wurden, munter weiter. Das liegt daran, dass Glyphosat stark wasserlöslich ist.
Es bleibt an der Oberfläche des Blattes und tropft ab oder trocknet ein.
Um seine Wirkung zu entfalten, muss es mit Tensiden wie Polyoxyethylenamine (POEA) vermischt werden, die es durch die Schutzschicht der Blätter ins Innere transportieren.
Dementsprechend ließen die drei glyphosathaltigen Pestizide mit POEA die Tomatenpflanzen welken.
Noch zerstörerischer wirkte das in der Praxis nur als Zusatzstoff verwendete POEA alleine.
Auch bei Toxizitätsversuchen mit menschlichen Zellen zeigte Glyphosat alleine die geringste Wirkung.
Fertige Pestizide und der POEA-Zusatz waren deutlich giftiger,
wobei die Wirkung laut Studie vor allem auf die Zusatzstoffe zurückging.

Ausserdem kam bei den Messungen heraus, dass einige der Produkte mit Schwermetallen wie Arsen, Kobalt, Chrom und Nickel belastet waren.

Spannend dabei auch diese Aussage: »Glyphosat wird nie allein in der Landwirtschaft verwendet,
sondern nur mit Verbindungen gemischt, die hauptsächlich aus verschiedenen oxidierten Erdöldestillaten oder Derivaten bestehen.
Dabei handelt es sich um Tenside, Verdünnungs- oder Hilfsstoffe, die Glyphosat stabilisieren und sein Eindringen in Pflanzen ermöglichen. Die Tatsache, dass ihre Zusammensetzung als vertraulich eingestuft wird, erlaubt es den Wissenschaftlern jedoch nicht,
ihren Wirkungsmechanismus entweder bei Nichtzielorganismen oder sogar bei Pflanzen zu beschreiben.
Sie werden von den Herstellern als inert deklariert,
da sie nicht als direkt verantwortlich für die herbizide Wirkung angesehen werden. […]
Die vorliegenden Ergebnisse und andere überprüfte Ergebnisse zeigen, dass der Unterschied zwischen „Wirkstoff“ und „inerter Verbindung“ eine regulatorische Angelegenheit ohne nachgewiesene toxikologische Grundlage ist.«

Kein Wunder, dass die Forschung in diesem Gebiet bisher kaum vorwärts kam, und sich die Glyphosat-Industrie ins Fäustchen lacht…
Mehr:
https://aufbauende-landwirtschaft.de/glyphosat-zusatzstoffe-besonders-giftig-sowie-mit-schwermetallen-belastet/

( * )
Spezln, Freunde und Amigos
https://www.n-tv.de/politik/Spezln-Freunde-und-Amigos-article22440529.html
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