Dessen Einführung im Oktober 2019 war mit wettbewerbsverzerrenden Staatsbeihilfen bei der Herstellung in diesen Ländern begründet worden. Ihre ablehnende Haltung rechtfertigt die Brüsseler Behörde in ihrem Ende Oktober veröffentlichten Durchführungsbeschluss im Wesentlichen damit, dass der treibende Faktor für die hohen Stickstoffpreise „die gegenwärtigen Rekordpreise für Erdgas“ sei. Diese stellten eine Belastung für die EU-Düngemittelhersteller dar.
Den Antrag auf Aussetzung der
Antidumpingzölle hatten die EU-Ausschüsse der
Bauernverbände (
COPA) und ländlichen Genossenschaften (
COGECA) schon 2021 gestellt. Dabei hatten die beiden Dachverbände auf die bereits damals deutlich gestiegenen Düngemittelpreisen für die Landwirte verwiesen. In Deutschland hat der kräftige Preisanstieg den Absatz von Mineraldüngern zuletzt weiter deutlich sinken lassen.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) nahm der Inlandsverkauf von
Stickstoffdünger im zweiten Quartal 2022 gegenüber dem Vorjahr um 18,5 % auf 238.000 t ab. Der Kommission zufolge war die Branche der
Düngemittelhersteller in der EU aufgrund der „extremen Gaspreise“ im dritten Quartal 2021 in die Verlustzone gerutscht.
Kostenanstieg nicht weiterzureichen
Diesen Kostenanstieg konnten die Hersteller nach Angaben der
EU-Kommission seither nicht an die Kunden weiterreichen, da die Landwirte oftmals beschlossen hätten, den Kauf von Düngern zu verschieben beziehungsweise deren Einsatz zu reduzieren. Ein weiterer wesentlicher Grund dafür sei ein anhaltender Preisdruck durch Düngemitteleinfuhren.
Die Düngemittelhersteller in der EU seien unter den derzeitigen Marktbedingungen nicht in der Lage, zu rentablen Preisen zu produzieren beziehungsweise zu verkaufen, erklärt die EU-Behörde. Eine Aussetzung der Antidumpingmaßnahmen würde die Lage dieses Wirtschaftszweiges weiter verschlechtern.
Einfuhren zu Dumpingpreisen aus den betroffenen Ländern, insbesondere Trinidad und Tobago, würden zu einem weiteren Druck auf die Preise am EU-Düngemittelmarkt und möglicherweise zu einem
Preisverfall führen.
USA auf Inlandsabsatz fokussiert
In dem Durchführungsbeschluss geht die Kommission auch auf die mögliche weitere Entwicklung der Einfuhren ein. Dabei wird festgestellt, dass die USA ihre Verkäufe von Harnstoff und Ammoniumnitrat seit 2020 „anscheinend auf den Inlandsmarkt konzentriert haben“.
Die Einfuhren aus Trinidad und Tobago seien durch die Antidumpingmaßnahmen „offensichtlich nicht beeinträchtigt“ worden. Im Jahr 2021 machten die Einfuhren von dort 50 % der gesamten Einfuhren in die EU aus. Gemäß der Kommission entspracht dies 389.000 t. In den ersten vier Monaten 2022 lieferte der karibische Inselstaat mehr als 234.000 t Harnstoff und Ammoniumnitrat in die Europäische Union; das waren 54 % mehr als im Vorjahrszeitraum.
Mit Blick auf Einfuhren aus Russland stellt die Kommission fest, dass das russische Handels- und Industrieministerium am 4. März 2022 bekanntgegeben habe, es habe den russischen Herstellern empfohlen, die Düngemittelausfuhr vorübergehend auszusetzen. Zudem befinde sich eine Reihe von Hauptaktionären der großen russischen Hersteller von Harnstoff und Ammoniumnitrat auf der Sanktionsliste der EU.