Nach dem ersten Runden Tisch zur
Gentechnik kündigten Forschungsministerin Annette Schavan und
Agrarministerin Ilse
Aigner (CSU) einen weiteren Dialog an. «Es gibt kein schlichtes "Weiter so!"», sagte Schavan am Mittwoch in Berlin. Sie forderte, dass die deutsche Forschung international besser aufgestellt werden müsse. Die Bedenken müssten aber auch ernst genommen werden. «Der Mensch darf nicht alles, was er kann.» Aigner forderte einen verantwortlichen Umgang für Mensch und Umwelt bei der Anwendung.
An dem Runden Tisch nahmen mehr als 20 Vertreter von Forschung, Landwirtschaft, Wirtschaft und Kirchen teil. Gegner und Befürworter näherten sich aber kaum an. Forscher und Industrie warnten davor, dass Deutschland ins Hintertreffen gerate. Verbraucher- und Umweltschützer sehen weiter Risiken. Der Deutsche Naturschutzring warnte, die kritischen Fragen seien noch nicht beantwortet. Der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft kritisierte Schavan. «Dieses Bundesministerium setzt auf unverantwortliche Weise auf einen Pfad von Entwicklung», sagte Verbandschef Felix Prinz zu Löwenstein.
Die deutschen Wissenschaftsorganisationen zeigten sich besorgt, «dass wir uns von der Forschung verabschieden». Der Chemiekonzern
BASF kritisierte, es dürfe nicht nur Forschung von Gentechnik geben, sondern auch Anwendung, sonst müsse Deutschland die Produkte importieren. Mehrere Wissenschaftler sehen in der Gentechnik ein notwendiges Mittel im Kampf gegen Armut und Hunger, weil die Nachfrage nach Nahrungsmitteln sich bis 2050 verdoppeln könnte. Der Vizepräsident des Bauernverbands, Udo Folgart, sagte: «Wir kommen an der grünen Gentechnik nicht vorbei.» Er forderte praktikable Regeln für ein Miteinander von Gentechnik und konventionellem Anbau.
Aigner hatte den Anbau von Genmais
MON 810 des US-Konzerns
Monsanto verboten und damit den Streit neu entfacht. Sie sagte am Mittwoch, die Biotechnologie könne einen Beitrag leisten, Pflanzen der Zukunft zu erzeugen. «Der Schutz von Mensch und Umwelt muss dabei Vorrang haben vor Gewinn und Markt.» In Bayern nimmt der Protest gegen Gentechnik zu und auch in Berlin demonstrierten Mitglieder des Online-Netzwerks Campact gegen den Anbau von Genpflanzen.
Die einzige genveränderte Pflanze, die in der EU kommerziell angebaut werden darf, ist Genmais MON 810. Darin ist ein Gift gegen den Schädling
Maiszünsler eingebaut. Aigner hat Bedenken wegen möglicher Risiken für die Umwelt. Sie sieht in dem
Anbauverbot keine Grundsatzentscheidung und hatte die genveränderte Industriekartoffel
Amflora genehmigt. Drei Viertel der Bundesbürger sind einer Forsa-
Umfrage zufolge gegen genveränderte Lebensmittel. Gentechnik findet sich bereits zum Beispiel in Futtermitteln. (dpa)