Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
18.03.2023 | 16:15 | Energiepolitik 

Grüne wünschen sich auch im Osten früheren Kohleausstieg

Berlin / Tutzing - Die Grünen-Fraktion im Bundestag peilt an, den Kohleausstieg auf 2030 auch im Osten des Landes vorzuziehen.

Kohleenergie
Bis spätestens 2038 soll in Deutschland Schluss sein mit der Stromerzeugung durch die Verbrennung der klimaschädlichen Kohle. Die Grünen machen weiter Druck, den Ausstieg schon 2030 zu schaffen. In den ostdeutschen Braunkohleländern stößt das auf Widerstand. (c) proplanta
In einer Beschlussvorlage für die Klausurtagung der Fraktion in der kommenden Woche heißt es, dies sei ein «notwendiger Schritt, um die Klimaziele zu erreichen». Das ARD-«Hauptstadtstudio» und die «Süddeutsche Zeitung» hatten zuerst darüber berichtet.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) bezeichnete einen früheren Kohleausstieg am Samstag als «völlig illusorisch» - nicht zuletzt wegen des Wegfalls von russischem Pipeline-Gas im Zuge von Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine.

Ein früherer Kohleausstieg mache nicht nur klimapolitisch Sinn, sondern bringe angesichts neuer Entwicklungen auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Menschen und Regionen vor Ort, heißt es in dem Papier der Grünen-Fraktion, die sich von Dienstag bis Donnerstag in Weimar trifft. Die Annahme, dass die Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 wirtschaftlich sei, habe sich überholt.

Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart, den Kohleausstieg «idealerweise» um acht Jahre auf 2030 vorzuziehen. Für das Rheinische Revier im Westen wurde dies im Herbst bereits vereinbart. Das Vorziehen des Ausstiegs aus der Braunkohle im Osten sei der nächste Schritt, hatte Grünen-Co-Fraktionschefin Katharina Dröge gesagt. Auch Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sprach sich dafür aus, versichert aber, dass dies im Konsens vereinbart werden müsse. Ob die Ampel-Partner SPD und FDP mitspielen, ist offen.

Der stellvertretende Vorsitzende der FDP-Fraktion im Bundestag, Lukas Köhler, betonte bereits: «Ob die Kohlekraftwerke abgeschaltet werden können, entscheidet sich allein an der Frage, ob bis dahin ausreichend Ersatzkapazitäten zur Verfügung stehen.» Versorgungssicherheit sei nicht verhandelbar. «Daher sollten sich die Grünen lieber mit uns gemeinsam um den Ausbau der erneuerbaren Freiheitsenergien und die für den Kohleausstieg zwingend notwendigen neuen Gaskraftwerke kümmern, statt unseriös immer neue Jahreszahlen gesetzlich festschreiben zu wollen.»

In dem Papier der Grünen-Fraktion, die sich von Dienstag bis Donnerstag in Weimar trifft, heißt es, ein früherer Kohleausstieg mache nicht nur klimapolitisch Sinn, sondern bringe angesichts neuer Entwicklungen auch Planungs- und Investitionssicherheit für die Menschen und Regionen vor Ort. Die Annahme, dass die Kohleverstromung bis zum Jahr 2038 wirtschaftlich sei, habe sich überholt.

In den betroffenen Bundesländern Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt wird ein früherer Ausstieg kritisch gesehen. Es werde «schlicht und einfach nicht erklärt, wie wir eine autarke Energieversorgung hinbekommen wollen», sagte Sachsen-Anhalts Regierungschef Haseloff der Deutschen Presse-Agentur am Rande einer Medientagung im bayerischen Tutzing mit Blick auf die Pläne der Grünen-Fraktion.

Das Szenario eines vorgezogenen Kohleausstiegs sei «völlig illusorisch», nachdem mit dem russischen Pipeline-Gas ein entscheidender Baustein als Brückentechnologie weggefallen sei, was auch die Voraussetzung für das ursprüngliche Ziel 2038 gewesen sei.

Der Generalsekretär der sächsischen CDU, Alexander Dierks, warf den Grünen ideologiegetriebenes Handeln vor. Ein früherer Kohleausstieg würde die Planungssicherheit für die Kohleregionen zunichte machen und einen erfolgreichen Strukturwandel gefährden, sagte er am Samstag in Dresden.

Auch Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) reagierte ablehnend auf den Vorstoß. «Wir dürfen den Ast nicht absägen, auf dem wir sitzen. Kein früherer Ausstieg ohne sichere Stromversorgung an 365 Tagen, 24 Stunden lang», sagte Woidke der Zeitung «Welt» (Montag).

Als Alternative zu Braunkohlekraftwerken ist im Papier der Grünen-Fraktion die Rede von «Wasserstoff-ready Gaskraftwerken», also von Kraftwerken, die zunächst durch Gasverbrennung, später aber auch aus Wasserstoff Strom erzeugen können. Es sei absehbar, dass Ostdeutschland zur Erzeugerregion für grünen Wasserstoff werde. «Dort, wo heute noch Braunkohle verbrannt wird, kann die Erfahrung und Netzinfrastruktur genutzt werden. Dieser Einstieg sichert unzählige Arbeitsplätze im Kraftwerksbereich.»

Doch auch daran gibt es Zweifel. Es würde noch Jahre dauern, bis Kraftwerke grünen Wasserstoff herstellen können, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke dem ARD-Hauptstadtstudio. Mit Blick auf moderne Gaskraftwerke sagte der SPD-Politiker: «Es werden also erstmal Kraftwerke gebaut, die zumindest in den nächsten Jahren Gas verbrennen», sagte Woidke. Das würde die deutsche Abhängigkeit vom Ausland - «und zwar egal von welchem Ausland» - weiter erhöhen.

In der Energiewende werden große Hoffnungen in Wasserstoff gesetzt, der aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Er könnte in Zukunft auch für die Herstellung von Strom genutzt werden. Derzeit ist der aus Ökostrom hergestellte Energieträger aber knapp und relativ teuer.
dpa
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Umweltschutzorganisation hält früheren Kohleausstieg für möglich

 Methan-Ausstoß aus Braunkohletagebau höher als angenommen

 Energieversorgung in Deutschland wirklich gesichert?

 Grünen-Fraktionschefin hofft weiter auf Bewegung bei Solar-Förderung

 Sieben Braunkohle-Blöcke stehen vor endgültiger Stilllegung

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken