Klare Absage von landwirtschaftlichen Jugendorganisationen - Klimaneutralität und Nachhaltigkeit in Südamerika nicht mit demselben Stellenwert - Massiver Produktionskostenunterschied - Industriellenverband beschwört „einmalige Chance“ - Warnung vor Bedeutungsverlust. (c) proplanta
Mehrere landwirtschaftliche Jugendorganisationen erteilten der Übereinkunft in der vergangenen Woche eine klare Absage. „Handelsabkommen sind grundsätzlich zu begrüßen, aber dann müssen auch die gleichen Spielregeln für alle Beteiligten gelten“, erklärte die Bundesobfrau der Jungbauern, Carina Reiter.
In Südamerika spielten Klimaneutralität und Nachhaltigkeit eine „gänzlich andere Rolle“ als in der EU. Das Abkommen sei nicht mit den Klima- und Nachhaltigkeitszielen der Gemeinschaft vereinbar. Der Obmann der Jungen Veredler, Simon Kneissl, wies daraufhin, dass auch nach mehr als 20 Jahren Verhandlungen noch immer keine Einigkeit erzielt worden sei. „Das allein zeigt schon, wie umstritten dieses Abkommen ist“, so Kneissls Einschätzung.
Während in Europa laufend an einer Verbesserung der Klima-, Tierwohl- und Sozialstandards gearbeitet werde, spielten diese in Südamerika nur eine untergeordnete Rolle, was sich auch „massiv“ auf die Produktionskosten auswirke. Laut Kneissl beliefen sich die Produktionskosten für 1 Kilogramm Schweinefleisch 2021 in Österreich auf etwa 1,77 Euro und in intensiven brasilianischen Ackerbaugebieten auf 1,17 Euro.
Handelsbarrieren abschaffen
Ganz anders sieht das die Industriellenvereinigung (IV). Für den Branchenverband ist das Abkommen „eine einmalige Chance für Menschen in unserem Land durch neue Arbeitsplätze und mehr Wettbewerbsfähigkeit und den Schutz von Klima und Umwelt“. „Punkten“ könnte die Alpenrepublik laut Industriellenvereinigung durch das Abschaffen von Handelsbarrieren und den Export von Spitzentechnologien.
„Wer heute immer nur Nein schreit, darf sich morgen nicht wundern, wenn Europa weiter an Bedeutung und internationalem Anschluss verliert“, so IV-Präsident Georg Knill. Der Verband geht davon aus, dass das Mercosur-Abkommen zu einer Verdopplung europäischer Exporte in sieben bis zehn Jahren führen wird und eine Zollersparnis in Höhe von 4 Mrd Euro bewirken kann.
Europäische Werte exportieren
Laut Knill sichert der Handel mit den Mercosur-Staaten in Österreich derzeit bereits 32.000 Arbeitsplätze. Eine intensivere Zusammenarbeit sei im Interesse beider Regionen. „Daher sollten wir heute nicht auf kurzsichtige Einzelinteressen achten, sondern viel mehr auf die Chancen für morgen blicken“, betonte Knill. Ausdrücklich bezog er dabei den Klimaschutz mit ein.
Das Abkommen sei „eine einmalige Gelegenheit, um europäische Werte zum Schutz von Klima- und Umwelt partnerschaftlich auch nach Südamerika zu exportieren“. Damit werde das Freihandelsabkommen mit der Hilfe Europas zur „Chance für die Rettung des tropischen Regenwaldes“.