Bei einer Anhörung mit zahlreichen Lebensmittelexperten sprachen sich am Mittwoch in Wiesbaden Verbraucherschützer sowie Vertreter von Kommunen und Verbände gegen den vorliegenden
Gesetzentwurf aus, der für das Ministerium ein uneingeschränktes Weisungsrecht bei der
Lebensmittelüberwachung vorsieht. Zustimmung kam dagegen vom Handelsverband Hessen-Süd und der Task-Force Lebensmittelsicherheit.
Der Geschäftsführende Direktor des hessischen Landkreistages, Matthias Drexelius, hob die besonderen regionalen Kenntnisse der Kontrolleure vor Ort hervor. Statt dem Verbraucherschutzministerium per Gesetz ein uneingeschränktes Weisungsrecht bei der Lebensmittelüberwachung festschreiben zu lassen, sollten die Kommunen finanziell besser für ihre Aufgaben ausgestattet werden.
Die Vorsitzende des Landesverbandes der Lebensmittelkontrolleure, Diana Schuster, mahnte, die aktuellen Probleme bei der
Überwachung würden nicht durch die geplante
Gesetzesänderung gelöst. Das hätte vielmehr einen Vertrauensbruch mit den Kontrolleuren vor Ort zur Folge. Es müsse mehr Personal und eine bessere Ausstattung an der Basis geben. Ähnlich äußerte sich Maria Dolderer-Litmeyer, die Vorsitzende des Landesverbands der Amtstierärzte.
Bei dem nordhessischen Fleischhersteller Wilke waren wiederholt Listerien-Keime in Produkten entdeckt worden. Sie können bei geschwächtem Immunsystem lebensgefährlich sein.
Drei Todes- und 37 Krankheitsfälle werden mit Wilke-Produkten in Verbindung gebracht. Anfang Oktober wurde das Unternehmen wegen der Vorfälle geschlossen. Die Staatsanwaltschaft Kassel ermittelt wegen fahrlässiger Tötung gegen den Geschäftsführer.
Verbraucherschutzministerin Hinz wirft vor allem dem für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landkreis Waldeck-Frankenberg erhebliche Versäumnisse bei den Kontrollen von Wilke vor. Als Konsequenz aus dem Fall will sie mit einem neuen Gesetz ein uneingeschränktes Weisungsrecht für ihr Haus bei der Lebensmittelüberwachung festschreiben lassen. Die bisherige Regelung könne gerade dann, wenn schnelles Handeln erforderlich ist, zu Auslegungsschwierigkeiten und Verzögerungen führen.
«Mit der Gesetzesänderung stellen wir sicher, dass das Ministerium selbst Kontrollen bei einem Lebensmittelbetrieb anordnen kann, wenn dieser negativ auffällt oder Unklarheiten vor Ort geklärt werden müssen», sagte Hinz der Deutschen Presse-Agentur in Wiesbaden.
In anderen Bundesländern seien mit einem uneingeschränkten Weisungsrecht gute Erfahrungen gemacht worden. Zusammen mit zusätzlichen Berichtspflichten und der Stärkung der Task-Force sei das der richtige Schritt zu mehr Verbraucherschutz. Der Gesetzentwurf soll nach Angaben von Hinz nun in der Dezembersitzung des hessischen Landtags beraten werden.
Nach Einschätzung der Verbraucherzentrale Hessen und der Verbraucherorganisation
Foodwatch werden mit dem neuen Gesetz die strukturellen Probleme bei der Lebensmittelüberwachung nicht gelöst.
Es müsse eine grundlegende Reform und bessere rechtliche Grundlagen geben. Es sollte eine politisch möglichst unabhängige Landesanstalt geschaffen werden, forderte Foodwatch-Geschäftsführer Martin Rücker. Auch die Landtagsopposition erneuerte ihre deutliche Kritik am Vorgehen und Krisenmanagement des Ministeriums und lehnte den Gesetzentwurf als unzureichend ab.
Positiv zu den Plänen äußerten sich bei der Anhörung im hessischen Landtag dagegen Vertreter der beim Regierungspräsidium Darmstadt angesiedelten Task-Force
Lebensmittelsicherheit sowie vom Handelsverband Hessen-Süd. Einheitliche Standards und klare Regelungen der Kompetenzen seien für den Schutz der Verbraucher wichtige bei der Überwachung.