«Immer wieder stoßen wir auf Formen ausbeuterischer Beschäftigung», sagte der Chef der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), Klaus Wiesehügel, am Dienstag in Mainz. «Das führt zu Löhnen, von denen hier niemand auf Dauer leben kann.» Mit der Freizügigkeit bei der Arbeitssuche sei in der Europäischen Union (EU) aus seiner Sicht eine «neue Variante der Lohnsklaverei» entstanden. Wegen Sprachproblemen wüssten Arbeiter nicht genug über ihre Rechte. Der DGB schloss sich der Kritik an.
Der IG-BAU-Chef und der DGB Rheinland-Pfalz eröffneten in Mainz die erste kostenlose Beratungsstelle für Wanderarbeiter im Land. Der Service im DGB-Haus richtet sich zum Beispiel an Arbeiter für die Weinlese, aber auch für Kräfte am Bau. Berater Mihai Balan will die Betroffenen in Rumänisch, Deutsch und Englisch informieren. Die Stiftung Soziale Gesellschaft Nachhaltige Entwicklung der IG BAU fördert das Vorhaben zunächst für ein Jahr. «Wir hoffen, dass die Landesregierung uns bei diesem Projekt unterstützt», sagte DGB-Landeschef Dietmar Muscheid. Vor allem in Rheinhessen gebe es viele Wanderarbeiter im Weinbau und in der Landwirtschaft.
Wiesehügel sprach von knapp 46.400 Saisonarbeitern in Rheinland-Pfalz und im Saarland, die Zahl liege auf Platz drei hinter Baden-Württemberg und Niedersachsen. Die neue Beratung, die vom Europäischen Verein für Wanderarbeiterfragen ins Leben gerufen wurde, kostet der IG BAU zufolge rund 100.000 Euro im Jahr. Eine solche Informationsstelle gibt es bereits in Frankfurt, ähnliche Beratungen laut DGB auch in Berlin und Hamburg.
Wanderarbeiter gehen für die Arbeit ins Ausland - sie sind etwa beim Bau oder in der Landwirtschaft beschäftigt, Saisonarbeiter helfen zum Beispiel bei der Ernte. Das Problem zu geringer Bezahlung kann nach Ansicht der SPD-Europa-Abgeordneten Jutta Steinruck EU-weit bekämpft werden. Die Entsenderichtlinie müsse geändert werden, forderte sie.
«Wir brauchen mehr Kontrollen.» Die
EU-Kommission plane aber weniger Kontrollen. Wiesehügel sieht auch die Bundesregierung in der Pflicht. «Wir fordern seit Jahren bessere Kontrollen.» Oft seien Arbeiter in ganzen Kolonnen auch als Selbstständige angemeldet, eine Anmeldung als Gewerbe sei derzeit zu einfach. (dpa/lrs)