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02.04.2023 | 09:21 | Schmerzempfinden 

Töten von Hühnerembryos: ZDG fordert rasche Änderung des Tierschutzgesetzes

Berlin - Angesichts neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse zum Töten von Hühnerembryonen hat der Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) am Donnerstag (30.3.) von der Bundesregierung eine rasche Änderung des Tierschutzgesetzes gefordert.

Töten von Hühnerembryos
Geflügelwirtschaft verlangt Rechtssicherheit für Investitionen in Selektionsverfahren - Agrarressort veröffentlicht neue wissenschaftliche Erkenntnisse - Schmerzempfinden von Hühnerembryos beginnt deutlich später als bislang angenommen. (c) proplanta
Dem aktuellen Gesetz zufolge soll ab 2024 eine strengere Regel greifen, die die Tötung von Hühnerembryonen bereits ab dem siebten Bruttag verbietet. Mit seiner Forderung reagiert der ZDG auf einen Sachstandsbericht des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Demnach hat eine aktuelle Studie ergeben, dass Hühnerembryonen bis einschließlich des zwölften Bebrütungstages keine Schmerzen empfinden können. Ab dem dreizehnten Bebrütungstag könne aber ein Schmerzempfinden der Hühnerembryonen nicht mehr ausgeschlossen werden. Das sei aber deutlich später als bislang angenommen. Die Studie war 2021 vom Agrarressort unter der Leitung von Julia Klöckner in Auftrag gegeben und die betreffende Berichtspflicht im Tierschutzgesetz mit dem damals beschlossenen Verbot des Kükentötens verankert worden. 

Der ZDG verlangt vor diesem Hintergrund Rechtssicherheit, damit die zwingend notwendigen Investitionen in Selektionsverfahren in den Brütereien auch getätigt werden können. Außerdem müsse die Forschung intensiviert werden, um belastbare Aussagen zum Schmerzempfinden auch für die Zeit vom 13. bis zum 15. Bruttag zu erhalten.

Zertifizierung „Ohne Kükentöten“ gefährdet

ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke betonte, dass nur die deutsche Eierwirtschaft das seit dem 1. Januar 2022 in der Bundesrepublik geltende Verbot zum Töten von Eintagsküken im internationalen Wettbewerb umfassend umsetze. „Seither werden Bruderhähne aufgezogen und die Selektionsverfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei kontinuierlich weiterentwickelt“, sagte Ripke.

Der Vorsitzende des Bundesverbandes Ei (BVEi), Henner Schönecke, forderte den Gesetzgeber auf, bis spätestens Ende Juni 2023 eine Änderung des Tierschutzgesetzes zu beschließen. „Als Legehennenhalter müssen wir ab Mai/Juni die Bestellung der Junghennen beauftragen. Jede Verzögerung erhöht die Gefahr, dass Betriebe ihre Zertifizierung ‚ohne Kükentöten‘ verlieren, wenn die eingestallten Legehennen mit einem Selektionsverfahren erzeugt wurden, welches ab 2024 nicht mehr zulässig ist“, erklärte Schönecke.

BVEi kritisiert „gesellschaftspolitische Doppelmoral“

„Im Kern braucht es keinen fixen Tag für die Geschlechtsbestimmung im Ei. Vielmehr bräuchten wir eine europäische Regelung, Technologieoffenheit hinsichtlich der Selektionsverfahren im Ei und eine ehrlichere Debatte um das Töten von Küken“, so der BVEi-Vorsitzende. Auch der aufgezogene Bruderhahn werde schließlich getötet; allerdings sehe er dann nicht mehr so „putzig“ aus wie das männliche Eintagsküken. „Für mich ist das nichts anderes als eine gesellschaftspolitische Doppelmoral“, gab Schönecke zu bedenken.

Unterdessen begrüßte die Agrarsprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Susanne Mittag, die Ergebnisse der Studie als neue Grundlage für eine rechtliche Anpassung. Es sei „noch ausreichend Zeit, diese umzusetzen“, sagte sie. Nach Ansicht von FDP-Agrarsprecher Dr. Gero Hocker wäre es eine Farce, an dem bisherigen Gesetz festzuhalten. Mit einer Änderung würden praktikable und vorausschauende Lösungen möglich, um der Züchtung einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen zu geben und Brütereien in Deutschland die Geschäftsgrundlage zu erhalten.

EU-Regelung in Sicht

Das Tierschutzgesetz sieht bis zum 31. Dezember 2023 keinerlei Regelung vor, bis zu welchem Tag der insgesamt 21-tägigen Brutzeit eine Geschlechtsbestimmung und das Aussortieren der männlichen Bruteier verbindlich durchzuführen sind. Bis dahin sind damit sämtliche Eingriffe zur Geschlechtsbestimmung im Brutei beziehungsweise der Embryonen faktisch bis unmittelbar vor dem Schlupf noch rechtskonform.

Nach Angaben des Bundeslandwirtschaftsministeriums ist das routinemäßige Töten der männlichen Küken der Legerassen EU- und weltweit überwiegend weiterhin gängige Praxis. Nur in Frankreich, Österreich und Luxemburg würden nationale Beschränkungen gelten. Außerdem folgten die Niederlande einer verbindlichen Reduktionsstrategie. Als Replik auf eine französisch-deutsche Initiative habe die Europäische Kommission bereits im vergangenen Jahr angekündigt, einen Vorschlag für eine gemeinschaftsweite Beendigung des Kükentötens vorzulegen.
AgE
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