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28.05.2023 | 16:39 | Herkunftskennzeichnung 

Auch frisches Fleisch künftig mit Herkunftsangabe

Berlin - Die geplante nationale Regelung zur Herkunftskennzeichnung von frischem Fleisch hat ihre erste Hürde genommen.

Frischfleisch
Das Bundeskabinett beschließt Verordnungsentwurf zur nationalen Kennzeichnung - Bestehende Regelung wird ausgeweitet - Bauernverband: Schritt in die richtige Richtung, aber unzureichend - Europaweite Herkunftskennzeichnung notwendig. (c) proplanta
Die Bundesregierung hat am Mittwoch (24.5.) den von Agrarminister Cem Özdemir vorgelegten Entwurf für eine „Zweite Verordnung zur Änderung der Lebensmittelinformations-Durchführungsverordnung“ gebilligt.

Mit der neuen Regelung soll die verpflichtende Herkunftsangabe auf frisches, gekühltes und gefrorenes Schweine-. Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch erweitert werden. Bislang gilt eine verpflichtende Kennzeichnung lediglich für verpacktes Fleisch sowie in Folge der durch die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) ausgelösten Krise für unverpacktes Rindfleisch. Der Deutsche Bauernverband (DBV) reagierte zurückhaltend.

Nach Angaben des stellvertretenden DBV-Generalsekretärs Udo Hemmerling geht die Verordnung zwar in die richtige Richtung, aber längst nicht weit genug. Ähnlich äußerte sich der Fraktionsvize der CDU/CSU-Fraktion, Steffen Bilger. Der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Dr. Gero Hocker betonte die Notwendigkeit einer umfassenden Regelung auf Brüsseler Ebene. Die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZHKL) wies darauf hin, dass mit der Neuregelung zumindest teilweise eine Lücke geschlossen werde, die seit dem Jahr 2015 bestehe.

Maßnahmen gemäß nationalem Spielraum



Die neue Verordnung sei als Stärkung der heimischen Fleischproduktion zu verstehen, betonte die Parlamentarische Staatsekretärin im Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Ophelia Nick. Deutschland habe im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bereits sehr hohe Tierschutz- und Umweltstandards. „Es ist der Bundesregierung wichtig, dies für Verbraucher kenntlich zu machen“, erklärte Nick im Anschluss an die Kabinettssitzung vor Journalisten.

Im Detail sieht der Verordnungsentwurf vor, dass das Aufzuchtsland und das Schlachtland der Tiere ausgewiesen werden - beispielsweise „Aufgezogen in: Frankreich, Geschlachtet in: Deutschland“. Liegen Geburt, Aufzucht und Schlachtung nachweislich in ein und demselben EU-Land, kann die Angabe „Ursprung“ verwendet werden, wie beispielsweise „Ursprung: Deutschland“.

Unmut über Brüssel



Ihren Unmut äußerte Nick darüber, dass die Europäische Kommission bislang keinen Vorschlag für eine EU-weite Herkunftskennzeichnung vorgelegt habe. Die Bundesregierung habe daher im Rahmen ihrer gesetzlichen Möglichkeiten auf nationaler Ebene handeln müssen.

Die Grünen-Politikerin verwies darauf, dass auch andere Mitgliedstaaten bereits vergleichbare Regelungen getroffen hätten. Man setze sich dennoch weiter dafür ein, dass eine europäische Regelung zur Herkunftskennzeichnung noch vor der Wahl des Europaparlaments Mitte 2024 verabschiedet werde.

Özdemir-Vorschlag nur Stückwerk



Für den Bauernverband bekräftigte Hemmerling die Forderung nach einer umfassenden Herkunftsangabe, beginnend beim Geburtsort der Tiere. Eingeschlossen werden müssten auch Wurstwaren und andere Verarbeitungsprodukte. Mittelfristig müsse die Transparenz bei Fleischprodukten auch für Kantinen, Systemgastronomie und Gaststätten gelten. Hemmerling monierte zudem, dass in der Verordnung die Verknüpfung mit der neuen Haltungskennzeichnung nach Tierwohlstufen fehle.

„Statt Verbrauchertransparenz aus einem Guss liefert das Bundeslandwirtschaftsministerium noch eher Stückwerk“, beklagte der stellvertretende Generalsekretär. Er rief die Bundesregierung dazu auf, die angestrebte Einbettung in ein EU-Kennzeichnungssystem mit Nachdruck voranzutreiben.

Ausweitung „konsequent und richtig“



Die ZHKL wertet die Verordnung hingegen grundsätzlich positiv. Die Ausweitung der bestehenden gesetzlichen Vorschriften zur Herkunftskennzeichnung von frischem Schweine-, Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch auf unverpackt angebotene Ware sei „konsequent und richtig“. Der Gesetzgeber unterstütze damit die Bemühungen der ZKHL, die Herkunft von Fleisch aus deutscher Erzeugung für den Verbraucher noch besser sichtbar zu machen.

Im Gegensatz zur gesetzlichen Kennzeichnung, die alle Herkünfte abbilden müsse, konzentriere sich das von der ZKHL angestrebte „Herkunftskennzeichen Deutschland“ auf die vollständig in der heimischen Landwirtschaft erzeugten Produkte. Außerdem gehe das Herkunftskennzeichen über die gesetzlichen Pflichtangaben hinaus, die lediglich Aufzucht und Schlachtung der Tiere umfassten. Beim „Herkunftskennzeichen Deutschland“ sei hingegen immer auch die Geburt der Tiere in Deutschland mit enthalten.

Nationale Teilregelung



Der CDU/CSU-Fraktionsvize Bilger kritisierte, dass „wer verarbeitetes Fleisch im Restaurant, in der Kantine oder aus der Kühltruhe isst, auch weiterhin nicht weiß, woher es kommt“. Anstatt sich für eine nationale Teilregelung feiern zu lassen, sollte der Bundeslandwirtschaftsminister dem CDU-Politiker zufolge Druck machen, damit die EU endlich den lang erwarteten Vorschlag für eine verpflichtende und umfassende Kennzeichnung liefere.

Ohne eine lückenlose Herkunftskennzeichnung hätten deutsche Tierhalter weiterhin Wettbewerbsnachteile. Für die Verbraucher fehle es nach wie vor an Transparenz. FDP-Agrarsprecher Hocker begrüßte, dass Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir mit der Verordnung die Spielräume nutze, die das EU-Recht für eine nationale Kennzeichnung biete. Notwendig sei jedoch weiterhin eine umfassende Herkunftskennzeichnung insbesondere bei tierischen Produkten. Daran müsse jetzt weiter auf Brüsseler Ebene gearbeitet werden.
AgE
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