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11.11.2020 | 11:11 | Bauernproteste 

Bauern wollen mehr Geld: Proteste vor Molkereien und Firmen

Dargun / Teterow / Schwerin / Rhauderfehn / Hannover - Bauern haben am Mittwoch in einer bundesweiten Aktion den Verarbeitern ihrer Produkte Papiere mit konkreten Preisforderungen überbracht.

Bauernproteste Mecklenburg-Vorpommern
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Mit Traktoren sind Bauern bei Molkereien und anderen Verarbeitern vorgefahren, um ihre Forderungen nach besseren Erzeugerpreisen zu unterstreichen. In einer Woche wollen sie Antworten sehen. (c) proplanta
In Mecklenburg-Vorpommern fuhren Landwirte unter dem Aktions-Motto «Schluss mit lustig» zum Teil mit Schleppern bei acht Molkereien, dem Schlachthof Teterow (Landkreis Rostock) und dem Pizza-Hersteller in Wittenburg (Landkreis Ludwigslust-Parchim) vor. Hintergrund der Aktionen war nach Angaben mehrerer Verbände die existenzbedrohende wirtschaftliche Situation vieler Tierhalter. So würden die Preise für Milch derzeit ein Drittel der Produktionskosten nicht decken, während die Anforderungen an die Betriebe und damit auch deren Kosten weiter stiegen.

Die Landwirte verlangen 15 Cent mehr pro Liter Milch, für den sie derzeit im Schnitt 30 Cent bekommen. Zudem verlangen sie einen Euro mehr pro Kilogramm Rindfleisch, 50 Cent mehr pro Kilogramm Schweinefleisch sowie 20 Cent mehr pro Kilogramm Geflügel.

Der Vorstandsvorsitzende der Milcherzeugergemeinschaft Milch Board, Peter Guhl, sagte im Anschluss an die Aktionen, die Bauern hätten in den vergangenen Jahren viele Lösungsvorschläge gemacht, die weder beachtet noch umgesetzt wurden. Daher werde jetzt nur gefordert. In der Vergangenheit hatten die Bauern unter anderem eine Marktordnung bei Milch angeregt, damit die Preise in Krisenzeiten nicht ins Bodenlose fallen. Zudem forderten sie eine Vertragspflicht zwischen Molkereien und Milcherzeugern, damit der Milchpreis vor der Produktion ausgehandelt werden müsse.

In der Corona-Krise zeigt sich nach Ansicht Guhls, dass die Landwirte unter allen Marktbeteiligten in der Ernährungswirtschaft die einzigen sind, die ein Risiko tragen. Verarbeitungsbetriebe und Handel würden keine Not leiden. Er kündigte eine erneute Aktion für den 19. November an, um die Stellungnahmen der Verarbeiter abzuholen.

Agrarminister Till Backhaus (SPD) zufolge haben die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest den Preisverfall bei Milch und Fleisch beschleunigt. «Durch den erneuten Ausfall der Gastronomie und die Ausfuhrbeschränkungen für Schweinefleisch in Drittstaaten stehen die Erzeuger vor kaum mehr lösbaren Problemen», sagte er. Dies sei eine unheilvolle Entwicklung: «Bricht die Branche zusammen, ist es um den Frieden in Europa geschehen», mahnte Backhaus.

Er forderte die Bundesregierung zum Handeln auf. Es würden Milliarden zur Rettung der Werften ausgegeben. «Doch in der Landwirtschaft wird dem Höfesterben achselzuckend zugesehen. Dabei verlieren wir vor allem die Betriebe, die wir eigentlich stärken wollen: Es sind die kleinen bäuerlich geprägten Betriebe, die dem Druck des Lebensmitteleinzelhandels nicht standhalten können», sagte Backhaus. 

Bei den Aktionen kam es Guhl zufolge in Mecklenburg-Vorpommern nicht zu Verkehrsbehinderungen, da vergleichsweise wenige Traktoren unterwegs waren. Die Aktionen hätten nicht den Charakter von Versammlungen oder gar Demonstrationen gehabt und seien deshalb nicht angemeldet worden. Bei Altentreptow (Mecklenburgische Seenplatte) sprach die Polizei von etwa 25 Landwirten, die sich vor dem Käsewerk mit elf Traktoren und Transparenten trafen. Die unangemeldete Versammlung sei friedlich und ohne Beeinträchtigung des Straßenverkehrs verlaufen. Die Versammlungsbehörde soll prüfen, ob ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vorliegt.
dpa/mv
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