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21.02.2009 | 17:30 | ZMP&CMA 

Gespräche über zentrale Marktberichterstattung und Absatzförderung dauern an

Bonn - Während eine Insolvenz der beiden Durchführungsgesellschaften des Absatzfonds, der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) und der Zentralen Markt- und Preisberichtstelle (ZMP), vergangene Woche abgewendet werden konnte, dauerten die Gespräche um mögliche privatwirtschaftliche Nachfolgelösungen weiter an.

Zentrale Marktberichterstattung und Absatzförderung
(c) ZMP/CMA
Hinsichtlich der zentralen Absatzförderung konzentrieren sich die Interessen der betroffenen Branchen offenbar auf ein gemeinsames Auslandsmarketing. Vor allem mittelständische Unternehmen sollen ihr Interesse am Neuaufbau einer Organisation bekundet haben, die ihre Teilnahme an Messen und Ausstellungen koordiniert und eine zentrale Exportförderung betreibt.

Für eine Nachfolgelösung zur ZMP sollen bereits von interessierter Seite Geschäftsmodelle vorgelegt worden sein. Es gebe Bestrebungen, kurzfristig "was in das Handelregister eintragen zu lassen", erklärte der Generalsekretär des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) und Vorstandsmitglied beim Absatzfonds, Dr. Rolf  Meyer, am Freitag gegenüber dem Presse- und Informationsdienst AGRA-EUROPE. Dem Vernehmen nach wird nach einer Lösung gesucht, in der Verbände der Land- und Ernährungswirtschaft sowie Verlage einen Neuaufbau begleiten.

Gesucht werde eine breite Gesellschafterstruktur, die über die Agrarverlage hinausgehe, bestätigte auch der Pressesprecher des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Dr. Michael  Lohse. Gebraucht würden Partner, die einen langen Atem hätten, da davon auszugehen sei, dass das neue Unternehmen zunächst keine schwarzen Zahlen schreiben werde. Man sei aber "guter Dinge, was hinzubekommen", da ein Markt für eine neutrale Berichterstattung vorhanden sei.

Klar sei, dass es keine Eins-zu-eins-Lösung geben werde, sagte Lohse. Die jetzige ZMP verfüge über einen zweistelligen Millionenetat und beschäftigte rund 120 Mitarbeiter. Vorstellbar sei die Übernahme von 30 bis 50 Mitarbeitern.


Liquidation bis 2010 hinein

Zuvor war den Mitarbeitern von CMA und ZMP zumindest insofern eine Last von den Schultern genommen worden, als vom Bundeslandwirtschaftsministerium bestätigt wurde, dass es zu keiner Insolvenz der Gesellschaften kommen werde. Die Rechtsaufsicht des Ressorts gab grünes Licht, so dass Finanzmittel aus den Rücklagen des Absatzfonds bereitgestellt werden können, um eine Überschuldung der beiden Durchführungsgesellschaften des Absatzfonds abzuwenden.

Der Deutsche Bundestag wird voraussichtlich bis Mitte des Jahres das Absatzfondsgesetz aufheben. Die Liquidation von CMA und ZMP dürfte sich nach Angaben von Meyer aber über das laufende Kalenderjahr und möglicherweise noch bis in das Jahr 2010 hinziehen. Eine Pressesprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums stellte dazu fest, es gebe keine zeitliche Vorgabe für die Dauer der Liquidation. Darüber hätten die zuständigen Gremien des Absatzfonds sowie von CMA und ZMP zu entscheiden.

In einem Statement hatte das Ressort bereits am Dienstag festgestellt, dass es gemeinsam mit dem Absatzfonds nach der Bewertung der finanziellen Risiken davon ausgehe, dass eine ordnungsgemäße Abwicklung durch die Gremien beschlossen werden könne. Es werde begrüßt, dass damit die drohende Insolvenz - auch bezüglich ihrer Folgen für die Mitarbeiter von CMA und ZMP - abgewendet und ihnen hiermit "gute Möglichkeiten zur Neuorientierung eröffnet werden". 


Unabhängige Marktberichterstattung in Gefahr

Derweil bekundeten der Verband Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) und der Berufsverband Agrar, Ernährung, Umwelt (VDL-Bundesverband) ihre Solidarität mit der ZMP. Der VDAJ warnte vor deren Auflösung. Er sehe die Transparenz auf den landwirtschaftlichen Märkten und die unabhängige Marktberichterstattung in Gefahr.

Für die landwirtschaftlichen Fachmedien sowie für die Wirtschafts- und Verbraucherressorts vieler Publikumsmedien sei die ZMP eine wichtige und über viele Jahre zuverlässige Informationsquelle, betonte der VDAJ. Er bezweifle, ob eine auch nur annähernd kompetente, umfassende und neutrale Berichterstattung über die Agrar- und Lebensmittelmärkte ohne die ZMP überhaupt möglich sei. Eine freie und unabhängige Marktberichterstattung sei für den Qualitätsjournalismus in landwirtschaftlichen und öffentlichen Medien unverzichtbar. Der VDAJ zeigte sich überzeugt, dass die ZMP gerettet werden könnte.

Der VDL-Bundesverband erklärte ebenfalls, er sei besorgt über die weitere Bereitstellung von sachlichen und neutralen Marktinformationen für Landwirte und Verarbeiter, aber auch für Entscheidungsträger in Politik und Verbänden, wie sie die ZMP in sechs Jahrzehnten bereitgestellt habe. Durch die Finanzierung über den Absatzfonds sei bisher eine einzigartige Objektivität bei der Marktberichterstattung gewährleistet gewesen, die bei einer möglichen privatwirtschaftlichen Finanzierung erheblich gefährdet sei, meinte VDL-Präsident Markus  Ebel-Waldmann. Er forderte die Politik auf sicherzustellen, dass das breite Aufgabenspektrum der ZMP weiterhin auf objektiver Basis erhalten bleibe. Ebel-Wald­mann warnte davor, eine über Jahrzehnte gewachsene Infrastruktur und Informationsnetzwerke zusammenbrechen zu lassen. Diese wären so schnell nicht ersetzbar.  

Auch ZVG zeigt sich betroffenBetroffen von den Auswirkungen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum Absatzfondsgesetz zeigte sich auch der Zentralverband Gartenbau (ZVG). Er wies am Mittwoch darauf hin, dass die Gremien des Verbandes stets die Überzeugung vertreten hätten, dass die Arbeiten der CMA und der ZMP für die Gartenbauwirtschaft sehr erfolgreich und in vielen Bereichen unverzichtbar seien. Große Betroffenheit herrsche nun darüber, dass viele wichtige Maßnahmen nicht mehr fortgeführt werden könnten.

Aber auch über die ungewissen Schicksale mehrerer hundert Mitarbeiter, die mit ihrer Fachkompetenz aus bewährten Arbeitsfeldern herausgerissen würden, zeige man sich besorgt, stellte der ZVG fest. Die Möglichkeit einer stillen Abwicklung, die sich jetzt eröffne, lasse die Ausgestaltung eines Sozialplans zu, eröffne aber keine weiteren beruflichen Perspektiven für die Mitarbeiter. Die Gartenbauwirtschaft stelle sich der Herausforderung, auf diese Maßnahmen verzichten zu müssen, oder - in welcher Form auch immer - die finanzielle Basis für die künftigen Aufgaben des Gemeinschaftsmarketings beziehungsweise der Markt- und Preisberichterstattung neu zu organisieren.

Gleichzeitig sei zu prüfen, wo und in welcher Form der Staat sich an diesen Aufgaben beteiligen müsse, erklärte der ZVG, der für diese Woche eine außerordentliche Sitzung seines Erweiterten Präsidiums in Berlin einberufen hat, um über die weiteren Entwicklungen zu beraten.


Schreiben der ZMP-Mitarbeiter

Die Mitarbeiter der ZMP machten in einem Schreiben an Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse  Aigner, an die Landwirtschafts- und Verbraucherschutzminister der Bundesländer, die Vorsitzenden der Bundestagsfraktionen und die Bonner Bundestagsabgeordneten Ulrich Kelber und Dr. Norbert Röttgen indes ihrem Ärger über das Verhalten der Politik erneut Luft.

Die derzeitige Haltung der verantwortlichen Ministerien stoße aufgrund ihrer Absage an eine steuerliche Finanzierung auf völliges Unverständnis. Eine institutionelle Förderung sei zumindest für eine Zeit von zwei Jahren erforderlich, um überhaupt die Chance zu erhalten, das System auf eine privatrechtliche Grundlage zu stellen. Schließlich habe das Bundeslandwirtschaftsministerium bei den ZMP-Jahresplänen mitgewirkt, die Zuwendungsbescheide erteilt und sogar auf die Gestaltung des Gesellschaftsvertrages direkt regulierend eingewirkt.

Die arbeitsrechtlichen Rahmenregelungen der Mitarbeiter seien nach öffentlichem Recht ausgelegt und unterlägen dem Besserstellungsverbot. Die privatrechtliche GmbH habe in vollem Umfang unter dem Einfluss und der Kontrolle der Bundesministerien und der Vorschriften des Öffentlichen Dienstes gestanden, so die ZMP-Mitarbeiter. Es habe also immer eine gehörige Verantwortung beim Bund gelegen, eine Verantwortung, die jetzt nicht wahrgenommen werde. Es sei der Staat, der ein verfassungswidriges Gesetz in Kraft gesetzt habe, weswegen erwartet werde, dass er auch die notwendige Verantwortung übernehme.

Eine Steuerfinanzierung sei gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zulässig. Es sei daher eine Übergangsfinanzierung mit Steuermitteln sicherzustellen. Alles andere sei keinem redlich arbeitenden Mitarbeiter von CMA und ZMP zu erklären. Auch verwiesen die ZMP-Beschäftigten darauf, dass in vielen europäischen Ländern und den USA die Markttransparenz für die Agrarwirtschaft und die Verbraucher staatlich organisiert sei.  


ISN geht in die Offensive

Unterdessen sah sich die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Deutschlands (ISN) angesichts des "ZMP-Aus" veranlasst, in Sachen Berichterstattung zum Schweine- und Schweinefleischmarkt "in die Offensive" zu gehen. Man wolle alle Marktbeteiligten, die an Informationen zum Schweine- und Schweinefleischmarkt interessiert seien, "nicht im Regen stehen lassen", erklärte die ISN in Damme.

Dieser Wunsch sei ihr nicht nur von Schweinehaltern herangetragen worden, sondern auch von Schlachtunternehmen, Verarbeitern und dem Lebensmitteleinzelhandel. Es gelte das drohende Vakuum auszufüllen, so die ISN. Ihre wirtschaftliche Tochter, die Interessengemeinschaft der Schweinehalter Wirtschafts (ISW) GmbH, berichte derzeit dreimal wöchentlich über den Schweinemarkt, die verschiedenen Notierungen und das aktuelle Geschehen in der Branche.

Des Weiteren würden am Montagnachmittag die aktuelle Lage am europäischen Schweinemarkt mit korrigierten und damit vergleichbaren Notierungen aus verschiedenen EU-Ländern, die Lage am Ferkelmarkt sowie Ferkelnotierungen und Tendenzen veröffentlicht. Mittwochs würden neben der augenblicklichen Lage am Schlachtschweinemarkt, das Ergebnis der Auktion der Internet Schweinebörse sowie Importe von Ferkeln und Schlachtschweinen aus den Niederlanden publiziert. Freitags würden auch der Vereinigungspreis für Schlachtschweine und Sauen, die ISN-Notierung und der ISW-Preis für Schlachtschweine mitgeteilt. Die Informationen sind laut ISN unter anderem per Fax zum Festnetztarif von 0,69 Euro pro Minute abrufbar. (AgE)
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