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12.01.2009 | 10:18 | In der Branche festigt sich Optimismus - Nachhaltigkeit der Trends fehlt aber noch 

Getreidemärkte starteten mit kurzer Preisrallye ins Jahr 2009

Wien/Paris/Brüssel/Chicago/ Bonn/Moskau - Zu Jahresbeginn legten die Notierungen an den Getreideterminbörsen in den USA und in Paris eine spekulativ angetriebene kurze Rallye hin und stiegen kurzfristig auf ein Dreimonatshoch.

Getreidemarkt
(c) proplanta
Der europäische Weizenfutures an der Euronext in Paris kratzte dabei am Dienstag dieser Woche die Marke von EUR 150,- pro t, nachdem er Anfang Dezember noch auf EUR 123,50 pro t verfallen war. Die Rallye beschränkte sich aber auf lediglich eine Sprintetappe. Die Kurssteigerungen waren von geringen Umsätzen angetrieben, sodass schon relativ geringer Kapitaleinsatz für deutliche Ausschläge reichte. Von einer rasch wieder geplatzten "Miniblase" war die Rede.

In Österreich kehrten die Mühlen entgegen der sonst üblicherweise herrschenden Weihnachtsruhe zu Jahresbeginn auf den Markt zurück, nachdem sie im ausgehenden Kalenderjahr aus Unsicherheit über die weitere Preisentwicklung beim Rohstoffeinkauf "von der Hand in den Mund" gelebt haben. Auch die Wiener Produktenbörse vollzog bei den Brotweizennotierungen die internationale Preisbefestigung nach, allerdings weit vorsichtiger als die Terminbörsen. Bei der ersten Notierungssitzung seit der Woche vor Weihnachten stiegen die Notierungen für Qualitäts- und Mahlweizen um EUR 4,- beziehungsweise 3,50 pro t. Mahlweizen blieb aber knapp EUR 10,- pro t unter der kurzfristig an der Euronext in Paris erreichten Spitze von fast EUR 150,- pro t.

Auch in Österreich geht man bei der Nachfrage und der Preisbefestigung noch von einem vorübergehenden Aufflackern aus. Einen nachhaltigen Trend zu längerfristigen Deckungskäufen erwartet man erst, wenn sich auch der Trend zu ansteigenden Preisen international festigen könne. So bleibt die Branche aber nach wie vor im Ungewissen. Auch sei es noch viel zu früh, über mögliche Ernteeinbußen 2009 durch Auswinterungsschäden zu spekulieren. In Österreich seien die kritischen Temperaturen bisher noch nicht erreicht worden.

Auch an den US-Börsen zogen die Weizennotierungen in den vergangenen drei Wochen an. Die EU-Kommission nannte am Donnerstag im Verwaltungsausschuss als Gründe dafür Kahlfröste in den USA und eine niedrigere Ernteschätzung für die Ukraine. Der Preis für Soft Red Winter kletterte von USD 192,- (EUR 141,-) pro t fob Golf am 18.12.2008 auf USD 212,47 (EUR 156,33) pro t am 08.01.2009. Hard Red Winter verteuerte sich in diesem Zeitraum um USD 24,- (EUR 17,63) pro t.


Überraschend wenig von Intervention Gebrauch gemacht

Die Interventionsstelle AMA gab bekannt, dass bis zum 31.12.2008, dem Stichtag der ersten Angebotsphase der EU-weit auf 700.000 t beschränkten Maisintervention, überraschenderweise keine Andienungen österreichischer Maispartien einlangten. Es blieb daher bei einer Interventionsandienung von 406 t Gerste. Auch EU-weit wurde bei der Maisintervention die Grenze von 700.000 t deutlich unterschritten, wenngleich auch in den letzten Tagen des alten Kalenderjahres noch größere Mengen angedient worden waren.

Insgesamt summiere sich die angediente Maismenge in der EU bisher auf 527.623 t, berichtete die EU-Kommission am Donnerstag im Verwaltungsausschuss in Brüssel. Die Menge verteile sich auf 358.830 t in Ungarn, 167.993 t in der Slowakischen Republik und 800 t in Tschechien. Da die Obergrenze von 700.000 t Mais noch nicht erreicht ist, können ab Februar weitere Mengen der Intervention angedient werden. Die Gerstenmenge für die Intervention belaufe sich auf 105.316 t, davon 38.000 t in Ungarn und 21.648 t in Deutschland. In Österreich zeigen sich Marktteilnehmer ebenfalls überrascht, dass auch die Gerstenintervention der EU als mögliche indirekte Stützung für den Maismarkt nicht stärker in Anspruch genommen wurde.

Es heißt sogar, dass in Österreich tschechische Anbieter Gerste eher unter dem Interventionspreis andienen würden als die Preisgarantie der EU in Anspruch zu nehmen. Die Weizenintervention spiele mit 16.145 t nur eine untergeordnete Rolle, erklärte die Kommission.


EU-Kommission zeigt sich optimistisch für Weizenmarkt - bisher gute Exportzahlen

Für den Weizenmarkt zeigt sich die EU-Kommission überhaupt optimistisch gestimmt. Weizen aus der EU finde nach ihrer Einschätzung trotz der fortgeschrittenen Saison gute Absatzmöglichkeiten auf dem Weltmarkt. Die Kommission begründete am Donnerstag im Verwaltungsausschuss in Brüssel ihre Hoffnung mit zahlreichen Ausschreibungen für den Einkauf von Weizen in Drittländern.

Allerdings zogen Weizenanbieter aus der EU am Donnerstag bei einer Ausschreibung Ägyptens wiederum den Kürzeren gegenüber der russischen Konkurrenz, die mit 56.000 t Weizen zu USD 181,- (EUR 132,92) pro t fob zum Zug kam. An Frachtkosten kommen dazu noch EUR 8,- pro t. Das billigste Angebot aus Frankreich soll dagegen bei USD 198,90 (EUR 146,67) pro t fob gelegen sein.

Die mangelnde Wettbewerbsfähigkeit bei den Exportpreisen gegenüber Russland setzte - neben der Mitnahme der zuvor herbeispekulierten kurzfristigen Kursgewinne - auch die neuerliche Abschwächung der Pariser Weizenfutures fort. An den US-Börsen zeigt sich die Lage ähnlich. Die amerikanischen Weizenanbieter beklagen zu geringe Wettbewerbsfähigkeit am Weltmarkt und eine deutlich schwächere Exportkonjunktur als die EU. Denn immerhin konnte die EU von ihrem Plansoll 2008/09 von 18 Mio. t Weizenexport bis Weihnachten, also zur Halbzeit, schon knapp 11 Mio. t am Weltmarkt absetzen.

Daher bleibt die Kommission optimistisch und verweist darauf, dass in Marokko ein Tender über 300.000 t Weizen eröffnet werde. Zudem lief in Pakistan eine Ausschreibung über 250.000 t, in Syrien über 200.000 t und in Jordanien über 100.000 t. Der Irak soll zum Jahresbeginn 500.000 t Weizen zu Preisen von USD 193,50 bis 219,- (EUR 142,10 bis 160,83) pro t fob in Kanada, Australien und Rumänien gekauft haben.

Weiterhin berichtete die Kommission über ein Geschäft, bei dem Pakistan 490.000 t Weizen aus der Schwarzmeerregion zu USD 213,50 (EUR 156,79) pro t cif bezogen haben soll. Schließlich habe Russland schon vor dem jüngsten Deal weitere 100.000 t Weizen an Ägypten zu USD 173,- (EUR 127,47) pro t fob verkauft, hieß es im Ausschuss. In der EU wurden zwischen dem 17.12.2008 und dem 06.01.2009 Ausfuhrlizenzen für weitere 813.500 t Weizen nachgefragt, vor allem in Frankreich, Deutschland und in den Niederlanden.


Auch Importe in die EU nehmen 2008/09 deutlich zu - Billigangebote locken

Allerdings importiert die EU 2008/09 auch riesige Mengen billigen Getreides. Vor allem die Tierhalter auf der iberischen Halbinsel reißen sich um Billigimporte aus dem Schwarzmeerraum - davon können sie auch die wiederholt von der Kommission hinaufgesetzten Importzölle nicht abhalten.

Der Ansturm auf Einfuhrkontingente für Weizen und Mais zum verbilligten Zollsatz ist groß. Die EU-Kommission setzte für Weizen mittlerer und einfacher Qualität einen Koeffizienten von 0,979772 % fest, veröffentlicht im Amtsblatt der EU am Donnerstag in Brüssel. Das heißt, ein Bieter bekommt nur rund 1 % der gebotenen Weizenmenge. Das Kontingent für 594.597 t Weizen aus allen Drittländern für das erste Quartal wurde bei Weitem überzeichnet. Nicht anders erging es den Importeuren von Mais. Hier standen 121.037 t Mais für das erste Halbjahr 2009 zur Verfügung. Die Kommission setzte für den Mais einen Koeffizienten von 0,880928 % fest.


Österreichischer Handel mit Absatz bisher zufrieden - allerdings rote Zahlen

In Österreich hieß es zur Halbzeit der Saison von namhaften Getreidehändlern, der Absatz sei 2008/09 von den Mengen her bisher sehr gut gelaufen und man liege am Plan. Rot scheinen allerdings die Bilanzen im Erfassungshandel und im Großhandel dort auszufallen, wo aus der oder kurz nach der Ernte noch hohe Preise im Einkauf bezahlt worden sind und nunmehr im Verkauf deutliche Verluste hingenommen werden müssen.

Aus Sicht der Bauern erwies sich vor dem Hintergrund dieser Preisentwicklung die Poolvermarktung mit Akontozahlung sowohl als die sicherste und auch den besten Ertrag bringende Vermarktungsschiene. Bessere Preise konnte nur erzielen, wer schon im Frühjahr die Höchststände an den Warenterminbörsen mit den von den RWA-Lagerhäusern angebotenen Weizen-Euronext-Verträgen ausnützte, um für Qualitätsweizen noch Erlöse bis zu mehr als EUR 220,- pro t abzusichern.

Für die zweite Saisonhälfte stimmt die heimische Branche optimistisch, dass weltweit das Angebot an hochwertigem Brotweizen gering bleibt - auch weil Regen die Ernte in Australien weiter beeinträchtigt und das Exportpotenzial dieses Qualitätsweizenanbieters am Weltmarkt reduziert. Ebenso steht in Argentinien sehr wenig Weizen für den Export zur Verfügung. Der Mengendruck herrscht aber beim Futterweizen. Österreich blieb von Ersatzimporten ungarischen Weizens aber bisher weitgehend verschont und der Markt sollte sich - so die Beteiligten ruhig weiteragieren - auflösen lassen.

Einige Sorge bereitet aber, dass in den im Landesinneren gelegenen Regionen der EU von Süddeutschland über Tschechien, die Slowakei bis Ungarn sich beträchtliche Überlager aufbauen könnten. Zusammen mit fehlender Nachfrage und Interventionsmöglichkeit, hoher Verschuldung der Produzenten und mangelnder Liquidität für die Betriebsmittelversorgung für den Anbau zur Ernte 2009 könnte sich besonders in Ungarn ein "Giftcocktail" für den Markt zusammenbrauen.

Welche Auswirkungen unattraktive Preise und schwer finanzierbare, teure Inputs auf das Anbauverhalten und die Erntemengen 2009 haben werden und welche Schäden Frost anrichtet, darüber wird der Markt aber erst im weiteren Jahresverlauf zu grübeln beginnen.


In deutschem Agrarhandel überwiegt Optimismus - Talsohle gilt als durchschritten

An den Getreide- und Ölsaatenmärkten könnte der Preistiefpunkt möglicherweise durchschritten sein. "Wir sehen derzeit eine feste Tendenz mit leicht steigenden Preisen", sagte der Präsident des deutschen Bundesverbandes der agrargewerblichen Wirtschaft (BVA), Bruno Fehse, vor Journalisten in Bonn.

Bei einer normalen Getreideernte hält Fehse ein Preisniveau von EUR 130,- bis EUR 150,- pro t für die kommende Ernte für realistisch. Eine Prognose zu diesem frühen Zeitpunkt sei jedoch schwierig, weil der Markt von verschiedenen unkalkulierbaren Impulsen wie Spekulation abhängig sei, sagte der BVA-Präsident. Hinzu komme die Unsicherheit durch die angekündigten Exportsubventionen Russlands. Der BVA schätzt, dass höchstens noch ein Drittel der Getreideernte 2008 bei den Erfassern und Landwirten eingelagert ist. Mit einem zügigen Abfluss der Ware sei Ende Januar bis Anfang Februar zu rechnen.

Der private Agrarhandel in Deutschland gehe daher mit Optimismus in das Jahr 2009. Fehse erwartet trotz volatiler Märkte normale Erlöse. Die Finanzkrise treibe den Agrarhändlern nicht die Sorgenfalten auf die Stirn. Die Branche sei belastbar und ihre Produkte seien immer verkäuflich, hieß es beim BVA. Laut Fehse sehen die Banken und Versicherungen das genauso, denn sie schätzten das private Agrargewerbe grundsätzlich positiv ein.


Sorgenkind Russland: Rekordernte von 105,5 Mio. t Getreide drückt auf die Märkte

Laut Landwirtschaftsminister Alexej Gordejew betrage die russische Getreideernte 2008 105,5 Mio. t. Im Vergleich zur vergangenen Saison bedeutet das einen Produktionszuwachs um 28,9 %. Gordejew gab vor dem Jahreswechsel weiters bekannt, dass neben Weizen, Roggen und Gerste auch Körnermais interveniert werden solle, und zwar zum Preis von RUB 4.000,- (EUR 95,90) je t. Bis Ende Dezember dürften sich nach seinen Angaben in den Interventionsfonds insgesamt 5 Mio. t Getreide angehäuft haben.

Russland drängt mit seinen Überschüssen deshalb auch mit aller Kraft und unter Ausschöpfung staatlicher Markteingriffe auf den Weltmarkt. Hier drohte Gordejew denjenigen Ländern mit Gegenmaßnahmen, die den Import von Getreide aus seinem Land erschweren. Bei einem traditionellen Gespräch mit den Agrarattaches ausländischer Botschaften in Moskau plädierte Gordejew erneut für eine abgestimmte internationale Marktpolitik. Leider verschärfe sich nach seinen Worten aber der Kampf auf den Märkten. So bemühe sich die Europäische Union derzeit um eine Einschränkung der Importe von russischem Getreide, behauptete der Minister laut dem Ressortpressedienst. Auf derartige Handlungen werde Moskau "adäquat und mit gleichen Mitteln" reagieren, warnte Gordejew.

Russland exportierte in dieser Saison erstmalig auch Körnermais nach Ägypten, und zwar 25.000 t. Dies entspricht etwa den gesamten Maisausfuhren im Oktober, die mit 25.600 t einen monatlichen Rekord darstellten, konstatiert das Moskauer Consulting- und Forschungszentrum für Agrarökonomie, Sovecon. Die erste Lieferung von Körnermais nach Ägypten, so Sovecon, sei daher nicht nur ungewöhnlich umfangreich für Russland gewesen, sondern auch ein Signal für das wachsende Interesse der russischen Getreideexporteure an diesem neuen Geschäftsfeld. (aiz)
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