Nach einer seit der Ernte 2007 auf hohem Niveau pendelnden Marktphase ließ eine weltweit große und qualitativ gute Ernte 2008 die Preise für Getreide und Ölsaaten innerhalb weniger Wochen auf ein Rekordtief abfallen. Doch resultierte dieser massive Rückgang der Preise nicht nur aus dem größeren Angebot, sondern ist auch auf den zunehmenden Einfluss von Spekulanten zurückzuführen, welche Agrarrohstoffe als neues „monetäres Lustobjekt" entdeckt haben.
So beschrieb Wilhelm Lohrmann, Vorsitzender der Fachgruppe Landhandel Baden-Württemberg im Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW) e.V., das vergangene Jahr und die aktuelle Situation des Landhandels anlässlich der Jahresmitgliederversammlung der Fachgruppe in Kirchheim.
Langfristige Strategien Vor diesem Hintergrund würden neue Strategien und Ideen für das Agieren in den Märkten gefordert, so Lohrmann an die Berufskollegen. „Wir müssen damit kalkulieren, dass die Ertragsicherheit aus der klassischen Getreidevermarktung und dem Betriebsmittelgeschäft abnimmt". Um solche Schwankungen auffangen zu können, müsse jedes Unternehmen seine Strategien langfristig anlegen und umsetzen. Dabei würde der Gewinnung und Pflege von neuen Märkten und Marktnischen künftig besondere Bedeutung zukommen.
Harte Kritik Im Hinblick auf die Finanzkrise äußerte Lohrmann schwere Vorwürfe gegenüber den Bankern, die mit einer „Naivität und Ignoranz" Geschäfte gemacht hätten, für die jetzt der Steuerzahler gerade stehen dürfe. Aufgrund der Krise stehe dem Agrarhandel mit großer Wahrscheinlichkeit ein schwer kalkulierbares Düngerjahr bevor, befürchtete der Vorsitzende. Weitere Kritik übte Lohrmann an den Politikern, „die nur noch global denken und reden, aber Kompetenz in Sachfragen oft vermissen lassen". Als Beispiel nannte er hier die Novellierung im
Pflanzenschutz, „die jenseits jeder Praxis, unter Ignoranz anerkannter wissenschaftlicher Verfahren und jenseits jedes gesunden Menschenverstandes" zu einem Kahlschlag bei unentbehrlichen Pflanzenschutzmitteln führen würde.
Zur Besonnenheit bei der Pflanzenschutznovelle rief auch Gerhard Glaser, Vizepräsident des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg, in seinem Grußwort auf. Er bemängelte das zunehmende Fehlen vernünftiger Kommunikation und das daraus resultierende Misstrauen gegenüber anderen Positionen und Meinungen.
Positive Aussichten Bernhard Stetter vom Landwirtschaftministerium Baden-Württemberg erinnerte in seinem Grußwort an die hervorragende Stimmung des Landhandels im letzten Jahr und gab in diesem Zusammenhang zu Bedenken, dass eine Abkopplung von den Weltmärkten nun einmal nicht möglich sei, weder in guten noch in schlechten Zeiten. Doch würde die jetzige Lage nichts an der eigentlichen Grundsituation ändern: die Entwicklung der Nahrungsproduktion würde noch immer hinter der weltweiten Nachfrage zurückstehen. Darum wären die allgemeinen Aussichten durchaus positiv. (VdAW)