Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
18.06.2012 | 11:30 | Agrarimmobilie 
Diskutiere mit... 
   1   2

Kamelhof Rotfelden steht für 1,5 Mio. EUR zum Verkauf

Ebhausen - Wilhelm Breitlings Lebenswerk steht aus Altersgründen zum Verkauf.

Kamel
(c) proplanta
Vor 25 Jahren kaufte er die ersten eigenen Tiere. Inzwischen leben auf seinem Kamelhof in Ebhausen-Rotfelden in Baden-Württemberg 87 Dromedare und Trampeltiere.

«Ich wünsche mir jemanden, der ein Herz für Kamele hat», sagt Breitling. Zudem soll der Nachfolger seine Ideale verfolgen: «Das Kamel ist in Europa noch nicht richtig angekommen, da muss noch viel geforscht werden.» Über Kamele kursiere viel falsches Halbwissen. Daher dient der Hof Wissenschaftlern als Forschungsgebiet.

Von der Uni Hohenheim etwa waren unter anderem Ernährungswissenschaftler und Verhaltensforscher da. Giovanni Migliore von der Forschungs- und Lehrmolkerei der Hochschule hat an einem EU-Projekt zum Einsatz von Kamelmilch in der Käse- und Joghurtproduktion gearbeitet. Der Forschungsbedarf bei Kamelen sei groß, bestätigt er. «Die Russen haben viel geforscht. Aber das wird in Europa nicht so wahrgenommen.»

Zudem bietet Breitling eine Therapie mit Kamelen an. Auf autistische oder hyperaktive Kinder wirkten die Tiere gleichermaßen beruhigend, berichtet er. Tatsächlich verhalten sie sich friedlich, lassen sich umarmen oder über das wuschelige und sich allmählich lösende Winterfell streicheln - wie Johanna, die den Kopf auf einen Strohballen gelegt hat und ab und zu nach oben schaut, wer gerade wieder ihren Hals krault. 30.000 Kinder kommen laut Breitling im Jahr mit ihren Familien, zudem Kaffeekränzchen und Kegelclubs. Geduldig trotten die Tiere bei Reittouren durch den Nordschwarzwald.

Das ist nicht selbstverständlich - gelten Kamele doch gemeinhin als störrisch und eigensinnig. «Gerade Hengste können unter Umständen recht aggressiv sein», sagt Peter Dollinger, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zoodirektoren (VDZ). Im Elsass habe ein Kamel mal einen Tierpfleger attackiert und in den Kopf gebissen.

«Ich hatte eine Vision: Was muss man machen, dass das Kamel sich hier wohlfühlt», sagt Breitling. Er schlägt die Tiere nicht, peitscht sie nicht aus, akzeptiert Eigenheiten und versucht ihr Verhalten zu verstehen. Doch er kann es nicht richtig erklären: «Ich bin mir nicht sicher, ob wir alles wissen, warum die Tiere so lieb sind.»

Breitling hat seinem Kamelhof einen guten Ruf erarbeitet. Dabei war der Bauer mit seiner Leidenschaft anfangs auf viel Skepsis und Widerstand bei Verwandten und Nachbarn gestoßen. Die Behörden stellte er vor große Probleme. «Das Kamel gab es in den deutschen Gesetzen nicht.» Breitling erkämpfte sich zum Beispiel eine Schlachterlaubnis - von der er aber dann doch keinen Gebrauch macht: «Ich werde kein Kamel schlachten, um es zu verwerten.»

In seiner Art und Größe gilt der Kamelhof als Exot. Vergleichszahlen haben weder die Bauernverbände noch die Statistikämter. Für die Gemeinde mit weniger als 5.000 Einwohnern sei der Hof ein «wichtiger Vermarktungsaspekt», sagt Bürgermeister Volker Schuler (Freie Wähler). Doch er sieht keine Chance, Breitling bei der Nachfolgersuche zu helfen: «Als Gemeinde ist es schwierig, die Weitervermarkung zu unterstützen.» Bei einem privaten Projekt dürfe die Kommune keine Finanzmittel zuschießen. «Und man kann auch nicht einfach von heute auf morgen einen Ferienpark daraus machen.»

1,5 Millionen Euro schweben Breitling als Kaufpreis vor - für die Anlage inklusive 3,5 Hektar Land und Patenten etwa für Hautcreme und Badekugeln aus Kamelmilch. Gefragt nach der wirtschaftlichen Lage des Hofs, antwortet Breitling: «Das ist ein Hobbybetrieb, der erfolgreich versucht, keine roten Zahlen zu schreiben.» Alles, was etwa über Eintrittspreise reinkommt, investiere er sofort wieder.

Breitling hofft, in gut einem Jahr eine Lösung gefunden zu haben. Seine Kinder interessierten sich nicht für Landwirtschaft. Alles aufgeben ist für ihn keine Option: «Man kann nicht 40 Jahre jede müde Mark und viele Stunden in ein Projekt stecken und dann war's das.» (dpa)
Kommentieren Kommentare lesen ( 1 )
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


Kommentare 
Anita schrieb am 20.06.2015 20:31 Uhrzustimmen(66) widersprechen(74)
dies Projekt sollte unbedingt positiv weiter geführt werden. Es bedarf hierfür mehr öffentlichkeits Arbeit so das es auch an die richtigen Interessenten ankommt. Ich wünsche weiterhin vile Glück und einen gesunden Tierbestand. Vielleicht könnte man noch einbauen Ausbildungsplätze zu schaffen spezialgebiet in Tierpflege & Haltung von Kamelen. Lebensmittelherstellung oder Arzeneien aus Kamelmilch...Dämmmatterial aus den Haaren oder für Mattrazenhersteller, Decken....u.v.m
  Kommentierte Artikel

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet