Dieses alarmierende Umfrageergebnis nannte Friedrich Scholten, Präsident der
Landwirtschaftskammer Niedersachsen, zu Beginn des von seinem Haus organisierten 2. Arbeitnehmertages. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Fachkräftemangel - auch ein Thema in der Landwirtschaft“ und fand gestern im Rahmen der
EuroTier im Convention Center auf dem Messegelände Hannover statt.
Die Probleme seien nicht nur in der Zukunft, sondern bereits aktuell deutlich spürbar. Weder für freie Arbeitsplätze noch für freie Ausbildungsplätze gebe es genügend geeignete Bewerber. „Agrarbetriebe brauchen Top-Leute“, sagte Scholten den rund 250 Zuhörern. Im qualifizierten Berufsnachwuchs sieht der Kammerpräsident einen entscheidenden Zukunfts- und Wettbewerbsfaktor.
Scholten warb für die vielen interessanten Aufgabenfelder in der Agrar- und Ernährungswirtschaft. Er appellierte an die Unternehmer nicht nachzulassen, junge Leute für grüne Berufe zu begeistern und sie in der Ausbildung fit zu machen für zukünftige Aufgaben.
„Wir müssen uns auf einen schärferen Wettbewerb um die nachrückenden Generationen einstellen“, stellte Prof. Dr. Hans-Ulrich Jung vom Niedersächsischen Institut für Wirtschaftsforschung, Hannover, fest. Nach Auffassung des Wissenschaftlers ist die Qualifikation von Mitarbeitern ein zentraler Wettbewerbsfaktor in der Wissensgesellschaft. Das gelte ganz besonders für ländliche Räume.
Prof. Jung riet den Unternehmen, die Erwerbs- und Qualifikationspotenziale von Frauen besser auszuschöpfen und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen. Ebenso empfahl er, den Anteil älterer Arbeitnehmer am Erwerbsleben zu erhöhen. Dazu müssten die Innovations- und Leistungsfähigkeit erhalten, aber auch Einstellungs- und Beschäftigungsbarrieren abgebaut werden. Außerdem forderte Prof. Jung regionale Bündnisse für Bildung und Qualifizierung.
„Wenn wir das Fachkräfteproblem lösen wollen, muss am betrieblichen Personalmanagement gearbeitet werden“, resümierte Matthias Heyder von der Georg-August-Universität in Göttingen. Handlungsbedarf sieht der Wissenschaftler bei den nur „schwer zu verändernden Faktoren“ Lohn- und Gehaltshöhe, Betriebsklima und Führungsstil. Einfacher sei es dagegen, die Nutzung von Fort- und Weiterbildungsangeboten und die Gestaltung der Arbeitszeit zu optimieren.
Wichtig sei es zudem, das Image grüner Berufe zu verbessern. Dazu benötige die Wirtschaft die Unterstützung ihrer Verbände, betonte Heyder. Das Arbeiten in der Land- und
Agrarwirtschaft müsse als interessant, abwechslungsreich, mit der Natur verbunden, modern und innovativ gelten. Zur Imagepflege müsse die Medienpräsenz verstärkt und das Internet als dominierendes Informationsmedium junger Menschen noch stärker genutzt werden. (PD)