Die Verbraucher müssen Woche für Woche mit neuen Ankündigungen rechnen, dass Lebensmittel teurer werden. Die Bauern sehen das vielfach positiv, weil sie nach mehreren Jahren jetzt mehr für ihre Produkte bekommen. «Die Verbraucher sind eben verwöhnt gewesen», sagt Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. «In allen anderen Ländern der Erde muss man mehr für Nahrungsmittel ausgeben.» Nach dem Schock über den Butterpreisanstieg um bis zu 50 Prozent drohen nun immer mehr Lebensmittel teurer zu werden. Die Bauern halten nun auch höhere Schweinefleischpreise für denkbar.
Die Ursachen liegen nach Ansicht von Experten in der weltweiten Nachfrage, im zunehmenden Anbau von Bioenergiepflanzen, aber auch in der deutschen Preisstruktur. «Dauertiefstpreise waren die Normalität», sagt der Generalsekretär des Bauernverbands, Helmut Born. «Damit ist es jetzt vorbei, darauf müssen sich Verbraucher, Landwirtschaft, aber auch Wirtschaft einstellen.» Wenn die Europäische Union sich für eine Weltmarktöffnung entschieden habe, müssen sich alle auch den Konsequenzen stellen. Interventionen finden immer seltener statt - der Markt bekommt ein größeres Gewicht. Deshalb gehen die Bauern von mehr «Auf und Ab» bei den Preisen aus.
Die Läger zum Beispiel für Milch oder Getreide in der Europäischen Union (EU) sind leergefegt. Wenn die Nachfrage etwa in Asien anzieht, können die Bauern nicht auf Reserven zurückgreifen. Die Anbaufläche für herkömmliches Getreide wird zudem knapper durch Bioenergiepflanzen. Der
Bauernverband sieht europaweit noch Reserven für den Anbau von bis zu 17 Millionen Tonnen, wenn im kommenden Jahr die obligatorische Stilllegung von Flächen entfällt. Ein wesentlicher Grund für Preissteigerungen ist die Bioenergie aus Sicht der Bauern nicht. Weniger als zwei Prozent der gesamten
Getreideernte würden in der EU zu
Bioethanol verarbeitet.
Die Deutsche Bank rechnet mit einem stetigen Anstieg der Preise für Getreide bis mindestens 2009. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) geht aber nur von einem geringen Einfluss auf die Lebenshaltungskosten aus. Seit Mitte der 1990er Jahre seien die Preise für Nahrungsmittel in Deutschland mit neun Prozent weniger stark gestiegen als die Lebenshaltungskosten mit 17 Prozent. Wenn Preiserhöhungen auf wenige Lebensmittel beschränkt blieben, seien die Effekte auf die Inflation gering. Der Anteil von Molkereiprodukten und Eiern an allen Verbrauchsausgaben liegt nach DIW-Angaben bei 1,4 Prozent, bei Brot und anderen Getreidewaren bei 1,7 Prozent.
Viele Preiserhöhungen hängen scheinbar miteinander zusammen. Allerdings sind
Erzeugerpreise das eine, die Preise im Handel das andere. Das Bundeskartellamt prüft deshalb die Preiserhöhungen bei Milchprodukten. Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels beteuert, es handle sich um eine eins zu eins-Weitergabe der gestiegenen Erzeugerpreise. Nun könnte auch Schweinefleisch teurer werden. «Viele Ferkelbetriebe kämpfen schlicht ums Überleben», warnt der Bauernverband. Doch der Bauernpräsident sieht keine Gefahr: «Das wäre dann nicht zu Lasten des Verbrauchers», sagte Sonnleitner. Die Preisspanne ist aus seiner Sicht bei Fleisch größer. Das Bundeswirtschaftsministerium warnte den Einzelhandel bereits vor übertriebenen Preissprüngen und riet zu sensibler Preisgestaltung. (dpa)