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06.10.2021 | 04:42 | Lithium-Vorkommen 

Lithiumabbau in Sachsen als Bergbau-Renaissance?

Altenberg / Zinnwald - Fällt das Licht der Taschenlampe auf das Gestein an Decken und Wänden des Besucherbergwerks in Altenberg, glitzert und funkelt es.

Bergbau
Unter dem Kamm des Erzgebirges lagern tausende Tonnen des begehrten Rohstoffes Lithium. Dieser wird für Batterien von E-Autos dringend gebraucht. Erlebt der Bergbau in der Region damit eine Renaissance? (c) cirquedesprit - fotolia.com
Lithiumglimmer - so nennt es Armin Müller. Tief unter dem Kamm des östlichen Erzgebirges, an der deutsch-tschechischen Grenze, lagert der begehrte Rohstoff im Erz.

Das Lithium-Vorkommen wird auf rund 125.000 Tonnen geschätzt und gilt laut dem sächsischen Oberbergamt als eine der größten Lagerstätten in Zentraleuropa. Müller, Geschäftsführer der Deutschen Lithium GmbH, erkundet mit seinem Unternehmen seit gut zehn Jahren die Region um Zinnwald und Altenberg. Er ist optimistisch: «Wir gehen davon aus, dass wir 2025 in Größenordnungen in die Produktion gehen.»

Dafür will die Firma ein Bergwerk und eine eigene Aufbereitungsanlage in der Region errichten. Die Kosten allein für das Bergwerk liegen bei gut 30 Millionen Euro, das Investitionsvolumen für das gesamte Projekt beträgt etwa 160 Millionen Euro. Rund 35 Millionen Tonnen Erz müssen abgebaut und aufbereitet werden, um an das Lithium zu kommen.

Es funktioniere wie klassischer Bergbau, erklärt Müller. «Unter Tage werden Bohrlöcher gesetzt, mit Sprengstoff gefüllt und gezündet.» So erhalte man drei bis vier Tonnen Gestein, die aus dem Berg gebracht, mechanisch zerkleinert, mittels Magnetwalze getrennt und dann weiter verarbeitet werden.

Bis zu 250 zusätzliche Arbeitsplätze sollen so im Osterzgebirge entstehen, davon 70 für die Arbeit unter Tage. Der Bürgermeister von Altenberg, Thomas Kirsten, steht hinter dem Projekt: «Wir würden uns freuen, wenn das Berggeschrey hier wieder Zukunft hat.» Gemeint ist die Hoffnung, dass umfangreiche Erzfunde den Bergbau voranbringen.

Lithium ist weltweit begehrt, das chemische Element wird auch als «weißes Gold» bezeichnet. Es ist ein Kernbestandteil von Akkus in Elektroautos, kommt aber auch in Laptops, Smartphones und vielen weiteren akkubetriebenen Geräten zum Einsatz. Laut dem Verband Deutscher Wirtschaftsingenieure (VWI) ist das Alkalimetall wegen seiner Nutzung in Lithium-Ionen-Speichern eine Schlüsselressource.

Die Deutsche Rohstoffagentur (Dera) geht davon aus, dass der Bedarf an wichtigen Metallen wie Lithium in den nächsten zwei Jahrzehnten deutlich über dem heutigen Produktionsstand liegen könnte.

Weil die Nachfrage auch im Zuge der Energiewende steigt, wird mit einer «drastischen Verknappung» des Rohstoffes schon ab 2022 oder 2023 auf dem Weltmarkt gerechnet, sagt Müller. Verglichen mit den größten Lithium-Vorkommen sei die Lagerstätte im Erzgebirge klein, sie könne aber einen Beitrag leisten - und zudem lange Transportwege sparen. «Mit dem hiesigen Vorkommen könnte man etwa 20 Millionen Elektroautos wie den VW ID.3 ausrüsten», rechnet Müller vor.

Zudem ist die Gewinnung von Lithium etwa aus den großen Salzsee-Solen in Chile, Argentinien und Bolivien umstritten. Die Förderung ist wasserintensiv, und Umweltverbände verweisen auf die Wasserknappheit in den Regionen. Während die Reserven in Chile am größten sind, gilt Australien als wichtigster aktueller Lithium-Lieferant. Dort wird der Rohstoff im Bergbau gewonnen - mit entsprechendem Energieverbrauch.

Es gehe darum, sich unabhängiger von internationalen Lieferketten zu machen, betont Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig. Lithium könne in Sachsen regional unter hohen ökologischen und sozialen Standards abgebaut werden und einen Beitrag zur Energiewende leisten.

Gleichzeitig mahnt der SPD-Politiker zur Eile: «Wenn man sich die Weltmärkte anschaut, müssen wir schnell sein.» Er hoffe, dass in den kommenden drei bis vier Jahren in Sachsen mit dem Abbau begonnen werden könne. «Sachsen hat eine lange Bergbautradition. Die soll bewahrt und in ein neues Zeitalter geführt werden.»

Ein Teil des Lithium-Vorkommens im Erzgebirge liegt allerdings auf tschechischer Seite. Dort soll sich ein staatliches Unternehmen um den Abbau kümmern. Es gebe zwar Gespräche, aber bisher noch kein gemeinsames Projekt, erklärt Dulig. Weil die Zeit drängt, soll das Vorhaben nun zunächst auf deutscher Seite vorangetrieben werden.

Auch anderswo wird mit Hochdruck an der Gewinnung von Lithium gearbeitet. So will das Unternehmen Vulcan Energy aus Karlsruhe Lithium aus heißem Thermalwasser im Oberrheingraben gewinnen. Dort enthält das Tiefenwasser Lithium, das abgefiltert werden soll, ehe es wieder in die Erde geleitet wird. Durch den Einsatz erneuerbarer Wärme will das Verfahren ohne zusätzliches CO2 auskommen.

«Letztlich dreht sich alles um die Frage, ob es wirtschaftlich ist», sagt Müller. Die ersten Hürden für den Abbau im Erzgebirge sind genommen, Erkundungen beendet. Nun laufen Genehmigungsverfahren für den Betrieb beim Oberbergamt, das den Bergbau im Freistaat überwacht.

Eine Entscheidung soll in den nächsten Monaten gefällt werden, so Oberberghauptmann Bernhard Cramer. Bergbau habe immer einen «massiven Einfluss» auf die Umwelt - zum Beispiel Grundwasser, Standfestigkeit, Landschaft und auch den Verkehr etwa durch Abtransport. «Erst wenn alle Zweifel ausgeräumt sind durch das Unternehmen und nach deutschem Recht und Gesetz, kann das Projekt auch genehmigt werden.»
dpa/sn
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