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19.10.2012 | 13:16 | Agrarexporte 

Österreichs Agrar-Außenhandel 2011 auf Rekordniveau

Wien - Österreichs gesamte Agrarexporte (Zollkapitel 1 bis 24) steigen weiter, aber nicht mehr so rasant wie bisher. Während 2011 Waren um fast EUR 9 Mrd. ausgeführt und damit ein absoluter Höchstwert erreicht wurde, zeigt das erste Halbjahr 2012 eine weitere, allerdings nicht mehr so rasante Steigerung.

Agrarexporte
(c) proplanta
In den Monaten Januar bis Juni 2012 machten die Exporte EUR 4,5 Mrd. aus, ein Plus von 3,6 % gegenüber dem Vorjahr. Die Warenströme in Richtung der "alten" EU-15-Staaten liegen mit EUR 2,5 Mrd. in etwa auf gleichem Niveau (+3,8 %).

Export-Renner sind aber nach wie vor Käse und Fleischzubereitungen wie Speck. "Ungebrochen beliebt sind österreichische Lebensmittel bei unseren deutschen Nachbarn. Eine überdurchschnittlich gute Entwicklung zeigt sich in den Niederlanden, Frankreich, Belgien und Italien", erklärte heute Reinhard Schuster, Exportmanager der AMA Marketing.

Heruntergerechnet auf die Exporte der heimischen Lebensmittelindustrie (Zollkapitel 16 bis 24) konnten auch diese 2011 deutlich zulegen und erreichten mit fast EUR 5 Mrd. ein Rekordergebnis (+9,9 % gegenüber 2010). "Die Außenhandelsbilanz konnte von EUR 594 Mio. auf über 700 Mio. erhöht werden.

Hauptverantwortlich dafür sind überdurchschnittliche Steigerungen bei den Ausfuhren von Energy-Drinks und Feinen Backwaren 'Made in Austria'", ergänzte Michael Blass, Geschäftsführer im Fachverband der Lebensmittelindustrie. Der Aufwärtstrend konnte im ersten Halbjahr 2012 mit Zuwächsen um 4,7 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2011 fortgesetzt werden. Die Halbzeitbilanz war mit EUR 2,522 Mrd. "zufriedenstellend".


Ein Drittel der weltweiten Exporte geht nach Deutschland

"Ein Drittel unserer weltweiten agrarischen Exporte geht zum großen Nachbarn Deutschland, der mit einem Absatzvolumen von EUR 3 Mrd. wichtigster Handelspartner Österreichs (+2,6 % im ersten Halbjahr 2012) bleibt", erklärte Schuster.

So werden beispielsweise zwei Drittel der weltweiten Exporte von Fleischerzeugnissen wie Wurst-, Schinken- und Speckwaren zum deutschen Nachbarn geliefert, bei Käse und Milchprodukten mehr als die Hälfte, bei Obst und Gemüse mehr als ein Drittel. Wichtigste agrarische Umsatzbringer sind dabei Milch und -produkte, insbesondere Käse, sowie Frischfleisch, Fleischprodukte und -zubereitungen, gefolgt von Backwaren sowie Obst und Gemüse.


Wermutstropfen neue EU-Länder

Einen Wermutstropfen liefern die Umsätze in den neuen EU-12-Ländern, allen voran Ungarn und Rumänien. Der Außenhandel mit diesen Staaten ist im ersten Halbjahr stark eingebrochen. Das Absatzvolumen machte EUR 753 Mio. aus, ein Minus von 8 %. Das könnte, laut Schuster, "einerseits an der allgemeinen Wirtschaftslage liegen, andererseits aber auch am politischen Ziel dieser Länder, vermehrt eigene, im Land erzeugte Waren zu fördern".

Die bedeutendste Warengruppe im Außenhandel ist nach wie vor Frischfleisch (EUR 117 Mio.). Dieser Bereich ist auch der einzige, der eine positive Entwicklung aufweist, was, Schuster zufolge, vor allem "an der sehr guten Entwicklung am wichtigen Markt Ungarn - immerhin Platz 4 im weltweiten Exportranking - lag". Hier ist die Nachfrage nach Frischfleisch um fast 50 % gestiegen.

Zurückgegangen ist allerdings auch der langjährige Warenfluss von Milchprodukten - meist functional Foods - nach Österreich, im vergangenen Jahr um -12 %. Die konstant positive Entwicklung bei Käse ist 2011 zum Stillstand gekommen, einzig der tschechische Markt fragt mehr und mehr nennenswerte Mengen an österreichischen Käsespezialitäten nach. Immerhin verbucht Tschechien rund 72 % der gesamten Käseexporte in die neuen EU-Länder für sich.

Positiver Ausreißer in diesem Trend ist die Slowakei, die Steigerungen im Außenhandel konnten beibehalten werden und brachten mit rund fast EUR 100 Mio. im ersten Halbjahr 2012 ein Plus von 14 %.


Blass: Wirtschafts- und Euro-Krise setzen der Exportwirtschaft kräftig zu

Auch für die heimische Lebensmittelindustrie ist Deutschland mit einem Exportvolumen von EUR 806 Mio. (+0,5 %) im ersten Halbjahr 2012 weiterhin unangefochten Zielmarkt Nr. 1, gefolgt von den USA (EUR 247 Mio./+28,7 %), Italien (EUR 212 Mio./+7,7 %), der Schweiz (EUR 118 Mio./+10 %) und Ungarn (EUR 74 Mio./-24,1 %). Infolge der Euro- und Wirtschaftskrise steigt aber der Wettbewerbsdruck für die heimische Lebensmittelindustrie auf vielen Auslandsmärkten.

Gerade der Export in zahlreiche EU-Staaten entwickle sich derzeit schwächer als erwartet, so Blass. Im ersten Halbjahr 2012 sanken die Ausfuhren um 0,3 % auf EUR 1,963 Mrd., das Minus in den "neuen" Mitgliedstaaten betrug sogar fast 10%. Die Exporterfolge der heimischen Lebensmittelwirtschaft werden daher im 1. HJ 2012 hauptsächlich von einer überdurchschnittlich positiven Entwicklung auf den Auslandsmärkten (USA und Schweiz) getragen.


Schwieriger Heimmarkt für Lebensmittelindustrie

Auf dem Heimmarkt müssen sich die Unternehmen der Lebensmittelindustrie derzeit in einem schwierigen Umfeld behaupten. "Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) führt mit 'Tiefpreisfeuerwerken' und 'Bestpreisgarantien' einen harten Kampf um Marktanteile, was die Lieferanten deutlich zu spüren bekommen", erläuterte Blass.

Als Folge dessen nehme der Anteil von Nahrungsmitteln an den monatlichen Haushaltsausgaben weiter ab und hätte nun ein Allzeittief von 12,1% erreicht. Ferner werde die Kauflust der Österreicher durch die anhaltende Staatsschulden- und Eurokrise gedämpft. "Ein Preisdruck auf allen Ebenen, der bei den Herstellern und auch Händlern schmerzhafte Spuren hinterlassen wird", ist Blass überzeugt.

Steigende Rohstoff-, Energie- und Transportkosten erhöhen zudem die Abhängigkeit der Lebensmittelhersteller von den Weltmärkten, während sie gleichzeitig das Problem haben, diese Kosten kaum an den LEH weitergeben zu können. Deshalb müssten die Konsumenten auch weiterhin mit moderaten Preissteigerungen bei Lebensmitteln rechnen, kündigte Blass an. Über einen längeren Zeitraum betrachtet, werde der Verbraucherpreisindex für "Nahrungsmittel und alkoholfreie Getränke" freilich deutlich hinter dem allgemeinen Teuerungsindex zurückbleiben. (apa/ots)
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