Vorsprung durch Wissen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
05.12.2021 | 01:06 | Fleischhandel 

Rindfleischexport leidet unter Brexit

Brüssel - Auch nach dem Brexit ist das Vereinigte Königreich wichtigster Handelspartner der Europäischen Union bei Rindfleisch geblieben. Der Austritt aus der Gemeinschaft hat den gegenseitigen Warenaustausch jedoch merklich schrumpfen lassen.

Rindfleisch
Rindfleischhandel mit dem Vereinigten Königreich hat sich stark abgeschwächt - EU-Exportmenge auf die Insel in den ersten drei Quartalen 2021 im Vorjahresvergleich um 16,5 Prozent gesunken - Importe um fast ein Viertel gedrosselt - Große Mengen an Rinderfett in die Gemeinschaft geliefert - Aber weniger Rindfleisch aus Drittstaaten - Feste Preise auch für 2022 erwartet. (c) contrastwerkstatt - fotolia.com
In den ersten drei Quartalen 2021 sind laut vorläufigen Daten der EU-Kommission die Ausfuhren auf die Insel - einschließlich Lebendtieren und Nebenerzeugnisse  - um fast 48.000 t oder 16,5 % auf 241.540 t gesunken.

Weniger dramatisch sieht es hingegen beim Umsatz aus, denn der von 3.280 Euro/t auf 4.150 Euro gestiegene Warenwert des ausgeführten Rindfleisches ließ die Exporterlöse im Vorjahresvergleich - trotz der kleineren Menge - um 5,6 % auf gut 1 Mrd Euro zunehmen.

Das entsprach mehr als einem Drittel der mit den betreffenden Ausfuhren im Betrachtungszeitraum erzielten Gesamteinnahmen, die sich auf 2,76 Mrd Euro beliefen und damit um 160 Mio Euro oder 6,1 % über dem Niveau der ersten drei Quartale 2020 lagen. Auch dies war allein den höheren Preisen auf dem globalen Rindfleischmarkt zu verdanken, denn die aus der EU exportierte Menge war wegen des schwächeren Absatzes im Vereinigten Königreich rückläufig.

Laut Kommission wurden von Januar bis September 2021 insgesamt 777.850 t Rindfleisch, Lebendtiere und Nebenerzeugnisse außerhalb der EU-Grenzen verkauft; das waren 32.940 t oder 4,1 % weniger als in der Vorjahresperiode. Dabei nahm die Ausfuhr von Rindern in Drittstaaten - umgerechnet in Schlachtgewicht (SG) - um 4,4 % auf 157.620 t ab.

Die Verschiffung an die Großabnehmer Algerien, Libyen und Libanon war zwischen 17 % und 25 % rückläufig, die nach Marokko um 5 %. Allerdings kaufte Israel erneut mehr Lebendtiere in der EU; hier legte der Handel um 43 % auf 33.940 t zu. Zusammen mit dem Fleischexport war Israel nach Großbritannien mit 50.180 t zweitwichtigste Absatzdestination.

Der Export von Rindfleisch aus der EU nahm auch in zahlreichen anderen Länder spürbar zu, darunter Bosnien und Herzegowina, die Philippinen, die Schweiz und Japan. Ohne das Vereinigte Königreich und Lebendtiere konnte der EU-Rindfleischexport gegenüber den ersten drei Quartalen 2020 trotz höherer Preise um 16.840 t oder 4,5 % auf 388.500 t gesteigert werden.

Fetteinfuhr verfälscht Importergebnis



In den ersten drei Quartalen 2021 ist auf den ersten Blick mehr Rindfleisch aus Drittstaaten auf den europäischen Binnenmarkt gelangt. Die Einfuhrmenge stieg im Vergleich zu Januar bis September 2020 um fast 21.280 t oder 8,2 % auf 279.370 t. Dies war allerdings dem ungewöhnlich starken Anstieg der Rinderfettimporte um nahezu das Achtfache auf fast 61.800 t geschuldet.

Die Ware kam vorwiegend aus Uruguay mit 34.560 t und Argentinien mit 18.570 t, die deshalb in der Statistik starke Einfuhrzuwächse aufwiesen. Allerdings nahmen bei gekühltem und gefrorenem Rindfleisch nur die Lieferungen aus Uruguay gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu, und zwar um 21,2 % auf 31.600 t.

Die Argentinier verkauften wegen der selbstauferlegten Exportbeschränkungen hingegen mit 35.760 t fast 13 % weniger Rindfleisch in der Gemeinschaft. Wird die Warenposition Fett außer Acht gelassen, war die Einfuhr von Fleisch, den kaum bedeutenden Lebendrindern sowie Nebenerzeugnissen in die gesamte EU gegenüber den ersten drei Quartalen 2020 um 32.530 t oder 13,0 % auf 217.560 t rückläufig.

Lebendtierexport rückläufig



Zum EU-Einfuhrrückgang von Rindfleisch und Nebenerzeugnissen trug wesentlich bei, dass sich die Bezüge aus dem Vereinigten Königreich um 20.580 t oder fast ein Viertel auf 66.060 t verringerten. Aber auch Brasilien als zweitwichtigster Lieferant verkaufte weniger Rindfleisch in die Gemeinschaft; mit 58.420 t wurde die Vergleichsmenge von 2020 um rund 13 % unterschritten.

Ware wurde von den Brasilianern vermehrt nach China umgeleitet. Hinzu kam, dass auch die Exporteure in Ozeanien weniger Rindfleisch im Angebot hatten, da beispielsweise in Australien der Wiederaufbau der Rinderherden nach Dürrejahren dessen Verfügbarkeit stark einschränkt.

Die Importe von „Down Under“ gingen um gut ein Fünftel auf 7.040 t zurück, diejenigen aus Neuseeland um ein Viertel auf 3.330 t. Zudem lieferten die USA mit 10.300 t im Vergleich zu den ersten drei Quartalen des Vorjahres 17,7 % weniger Rindfleisch in die Gemeinschaft. Die Schweiz weitete ihre Verkäufe dagegen um 24,0 % auf 3.670 t aus, Kanada sogar um 68,4 % auf die allerdings recht geringe Menge von 1.250 t.

2022 etwas weniger Rindfleisch



Nicht nur die Ex- und Importe, auch die Rindfleischerzeugung in der EU ist bei abnehmenden Tierbeständen gesunken. Sie ging in den ersten acht Monaten 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum laut Kommission um 0,7 % zurück, während sich nach der Lockerung von Corona-Maßnahmen die nationale und internationale Nachfrage wieder belebte. Dies hat die Erzeugerpreise auf das höchste Niveau seit vielen Jahren steigen lassen. So lagen die Erlöse für R3-Jungbullen Ende November im Mittel der Mitgliedstaaten mit 4,33 Euro/kg SG um fast 23 % über dem vergleichbaren Vorjahresniveau; bei den mit 3,53 Euro/kg abgerechneten Schlachtkühen belief sich das Plus auf 35 %.

Auch wenn die aktuell wieder verschärfte Corona-Lage mit möglichen Lockdowns einen Rückschlag bedeuten könnte, gehen Analysten für 2022 von einem eher knapp versorgten Rindfleischmarkt mit festen Preisen aus. Die EU-Kommission prognostizierte für die Gemeinschaft zuletzt für 2022 eine Produktionsabnahme von 1 %, und die niederländische Rabobank erwartet dies in ihrem jüngsten Ausblick auf den globalen Proteinmarkt auch für den Weltmarkt.

Den Bankern zufolge wird in Nordamerika und in Europa die Rindfleischerzeugung sinken, während sie in Südamerika und Australien leicht zunehmen könnte. Gemessen an der voraussichtlich weiter wachsenden Nachfrage dürften die verfügbaren Mengen jedoch knapp und die Preise entsprechend hoch bleiben. Für China wird ein weiterer Anstieg der Importe vorhergesagt, was Südamerika mehr Exporte ermöglichen sollte.
Rindfleischhandel der EUBild vergrößern
Rindfleischhandel der EU
AgE
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 EU-Schlachtrindermarkt: Preisaufschläge für weibliche Tiere

 Argentinische Rindfleischbranche: Exportmenge kräftig gestiegen

 Jungbullen weiter über 500 Euro

 Schlachtkuhnotierung hält Kurs

 Schlachtkuhnotierung im Mittel weiter fest

  Kommentierte Artikel

 Was will die CDU in ihrem neuen Programm?

 LED-Lampen in Straßenlaternen sparen massiv Strom ein

 Zahl der Bäckereien weiter rückläufig

 Wundermittel und Jahrhundertgift PFAS: Derselbe Circus - andere Clowns

 Deutsche Verbraucher offen für abgelaufene Lebensmittel

 Brandenburger Dackel wohl von Wolf angegriffen

 Tag des Wolfes - Bauern machen Druck für vereinfachten Abschuss

 Erleichterungen bei GAP-Anträgen und Hanfanbau

 In der Corona-Pandemie wurden zu oft Antibiotika verschrieben

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen