Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
25.04.2009 | 19:02 | Agrarmärkte 

Schwieriges Marktumfeld prägt auch die Landwirtschaft

Frankfurt/Main - Das schwierige gesamtwirtschaftliche Umfeld geht auch an der Landwirtschaft nicht spurlos vorüber. Unsichere Märkte prägen derzeit die Landwirtschaft.

Schlepper
(c) proplanta
„Zwar ist die eher euphorische Stimmung vom Herbst 2007 und Frühjahr 2008 vorbei. Doch die Landwirte in Deutschland reagieren nüchtern und vorsichtig beobachtend auf die Wirtschafts- und Finanzkrise, weil sie sich an langfristigen Perspektiven orientieren und Landwirtschaft eine Branche mit langen Wirtschaftszyklen ist“. Dies ist das Ergebnis des aktuellen Trendmonitors der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) vom Frühjahr 2009 für Deutschland und weitere acht Länder West-, Mittel- und Osteuropas, der vom Chefökonom der DLG, Dr. Achim Schaffner, jetzt im Rahmen des DLG-Aussteller-Workshops in Osnabrück vorgestellt wurde. „Vor allem sind die Landwirte weiterhin von der guten Gesamtperspektive für die Landwirtschaft überzeugt. Und sie setzen weiterhin auf Markt. Überall in Europa ist die Marktorientierung der Grundzug“, so Dr. Schaffner weiter. Durch die derzeitige Lage stehen die Landwirte vor neuen Herausforderungen. „Kosten- und Liquiditätsmanagement rücken jetzt wieder in den Vordergrund“. Auch werde sich der Strukturwandel beschleunigen.

Die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die Turbulenzen bei den Produktpreisen und die „Milchpreise im Tiefflug“ schlagen sich in der Einschätzung der deutschen Landwirte über die aktuelle Konjunkturlage nieder. Sie ist gegenüber dem Herbst 2008 von einem Mittelwert von 3,0 auf nun 3,7 gesunken und entspricht damit der Einschätzung von 2005/2006. „Die betriebliche Lage ist besser als die Stimmung“, so Dr. Schaffner, denn die Konjunkturlage werde deutlich zurückhaltender eingeschätzt als die Lage des eigenen Betriebes und die weitere Geschäftsentwicklung für die kommenden zwölf Monate. Die Lage des eigenen Betriebes wird mit der Note 3,1 als „normal“ gesehen, und auch für die kommenden Monate bis Frühjahr 2010 erwarten die Landwirte eine „normale“ weitere Geschäftsentwicklung, wie der Durchschnittswert von 3,0 zeige (bei einer Werteskala von 1: sehr gut, 2: gut, 3: normal, 4: schlecht, 5: sehr schlecht).


Milchpreise und Produktpreise die Top-Themen

Die derzeitige Situation auf den Agrarmärkten spiegelt sich auch in den Themen wider, welche die Landwirte derzeit am meisten beschäftigen. „Die Milch- und Produktpreise allgemein stehen bei den Top-Themen absolut oben an“, fasste Dr. Schaffner die Antworten auf die entsprechende Frage zusammen. Zudem stehen die weitere Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen Situation und die Betriebsmittelpreise im Fokus.


Für Investitionsverhalten entscheidend: Erholung Gesamtwirtschaft und Agrarmärkte im Herbst 2009

Dr. Schaffner zeigt sich davon überzeugt, dass die Landwirte wieder verstärkt investieren werden, wenn sich die Wirtschaftslage beruhigt habe, „denn in Deutschland sind die Voraussetzungen für Investitionen wieder günstig, da das Geld derzeit sehr preiswert ist“, erläuterte der Chefökonom der DLG die Daten für Deutschland und Europa. Wie die aktuelle Umfrage bei führenden Landwirten ergebe, ist die Investitionsbereitschaft in Deutschland bei einem Vergleich über die letzten Jahre weitgehend stabil mit nur geringen Schwankungen, denn "die Zukunftsbetriebe investieren kontinuierlich", so Dr. Schaffner. „Auch trotz der derzeitigen Rahmenbedingungen planen diese Betriebe ihre Entwicklung und verfolgen weiter konsequent ihre mittel- und langfristigen Betriebsziele“. Entscheidend für das Investitionsverhalten der Landwirte in den kommenden Monaten werde die Entwicklung auf den Agrarmärkten ab Herbst 2009 sein. "Da die Marktpreise für die Investitionstätigkeiten der Landwirte ausschlaggebend sind, wird die Entwicklung der Märkte 2009 die Investitionsentscheidungen für 2009/2010 wesentlich beeinflussen.“

Die Landwirte seien bereit zu investieren, denn in Deutschland haben sie "eine große Sorge vor Inflation", ist die Beobachtung von Dr. Schaffner. So würden sie in inflationssichere Anlagen investieren. „Steigende Bodenpreise sind ein Indiz hierfür.“

Investitionen in der Außenwirtschaft werden in Deutschland weiterhin der Schwerpunkt sein. So wollen die Betriebe neben Traktoren verstärkt in Düngungs- und Pflanzenschutztechnik sowie Bodenbearbeitungsgeräte investieren, wie die Absichten nach den Planungen für die nächsten zwölf Monate zeigen. Investitionen in der Innenwirtschaft bilden einen weiteren Schwerpunkt und zwar in Milchviehställe und Lagergebäude. Diese dienen der Ausweitung der Produktions- und Lagerkapazitäten. Die schwierige Lage der Milchviehbetriebe würden diese Vorhaben allerdings gegenwärtig erschweren.


Weiter Interesse an erneuerbaren Energien

Der aktuelle Trendmonitor der DLG verzeichnet weiterhin großes Interesse an erneuerbaren Energien sowohl in Deutschland als auch in Frankreich und Tschechien. Am stärksten sei das Interesse an Solarenergie, auch Biogasanlagen stünden durch die neue gesetzliche Regelung wieder im Fokus, berichtete Dr. Achim Schaffner. Dies bedinge auch Investitionen in Technik für Ernte, Transport und Saat. In Frankreich gelte das Interesse vor allem der Solarenergie, während in Polen Windkraftanlagen im Vordergrund stehen.


Zurückhaltende Stimmung auch in den anderen Ländern

Die Wirtschafts- und Finanzkrise sowie die Turbulenzen bei den Agrarpreisen schlagen sich auch in der Konjunktureinschätzung und in einer abgekühlten Stimmung der Landwirte in den anderen befragten Ländern nieder. Deutlich gesunkene Werte bei der Konjunktureinschätzung und eine zurückhaltende Stimmung ergibt der DLG-Trendmonitor für Frankreich, wenngleich sich die Lage bei den Investitionen in den vergangenen Wochen stabilisiert hat. Bei den geplanten Investitionen bildet die Außenwirtschaft den Schwerpunkt, im Bereich der Innenwirtschaft steht das Interesse in der Milchwirtschaft im Vordergrund.

Leicht bessere Werte ergeben die Antworten für Großbritannien und für Kasachstan sowohl für die Einschätzung der Konjunkturlage als auch für die weitere Geschäftsentwicklung. In den geänderten Währungsrelationen mit einem gesunkenen Kurs des britischen Pfundes, was den Export britischer Produkte erleichtere, sieht Dr. Schaffner einen Grund für die positivere Stimmung in England.

Die derzeitige Lage der Landwirtschaft in Polen und Tschechien wird von den Landwirten und Betriebsleitern aufgrund der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Situation, den Turbulenzen bei den Produktpreisen und beim Milchpreis sowie den hohen Betriebsmittelpreisen als schlecht eingeschätzt, wie die Mittelwerte von jeweils 4,1 ergeben. In den deutlich gesunkenen Ergebnissen schlägt sich auch die schlechte Situation der Schweineproduzenten nieder. Deutlich positiver werde auch in Polen und in Tschechien die Lage des eigenen Betriebes und die weitere Geschäftsentwicklung für die kommenden 12 Monate mit Werten von 3,2 (Tschechien) und 3,4 (Polen) gesehen und als „normal“ eingeschätzt. Dies gilt auch bezüglich der Geschäftsentwicklung in den kommenden Monaten.


Hohe Verunsicherung in Osteuropa

Die Lage und die Stimmung der landwirtschaftlichen Betriebe in Osteuropa, so vor allem in Russland und in der Ukraine, werde durch eine hohe Verunsicherung gekennzeichnet. Mit 4,2 verzeichnet die Ukraine den niedrigsten Wert aller befragten Länder zur derzeitigen Konjunkturlage für die Landwirtschaft. Zwar bestehe in Russland ein hoher Investitionsbedarf, vor allem an Ersatzinvestitionen und bei der Renovierung und Modernisierung von Wirtschaftsgebäuden und Ställen, doch die Finanzkrise schlage sich hier deutlich nieder. „Neben der Entwicklung der Marktpreise und dem schwierigen politischen Umfeld sehen diese Betriebe in der Finanzierung und in der Liquidität das größte Problem“, erläutert Dr. Schaffner die Ergebnisse. „Wie groß die Verunsicherung und wie schwierig die Beschaffung von Liquidität in Russland ist, unterstreicht die Tatsache, dass fast 40 Prozent auf die Frage nach der Einschätzung zur weiteren Geschäftsentwicklung keine Antwort geben können, obgleich sie die Lage des eigenen Betriebes mit 3,4 angeben.“ Dies gilt auch für die Ukraine, wo ebenfalls ein Drittel der befragten Betriebsleiter keine Antwort geben können zur weiteren Geschäftsentwicklung. Daher werden Investitionen in Osteuropa nach Einschätzung von Dr. Schaffner stärker von der Gesundung des Bankensektors abhängen.


Wirtschafts- und Trendindex für Europa

Mit diesem Wirtschafts- und Trendindex bietet die DLG zweimal jährlich im Frühjahr und nach der Ernte ein Instrument für die Agrarwirtschaft, das über die Stimmung und das Geschäftsklima sowie die wichtigsten Trends und die Zukunftserwartungen führender Landwirte in Europa Auskunft gibt. Im Auftrag der DLG führt seit Herbst 2003 das Marktforschungsinstitut Kleffmann Group (Lüdinghausen) den DLG-Trendmonitor Europa durch. Im Rahmen dieser repräsentativen Befragung wurden kürzlich insgesamt 3.500 führende Landwirte und Betriebsleiter befragt, außer in Deutschland auch die Berufskollegen in acht weiteren Ländern, nämlich in Frankreich, Großbritannien, Polen, Tschechien und Ungarn sowie erstmals in Russland, Ukraine und Kasachstan. (dlg)
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 Kleinere Getreideernte in Russland erwartet

 Ukraine-Beitritt würde strategische Lage auf Agrarmärkten verbessern

 FAO-Preisindex: Agrarpreise geben weiter nach

 Niedrigere Agrarpreise drücken Umsatz von Agravis

 Ökologische Landwirtschaft in Sachsen wächst

  Kommentierte Artikel

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet

 Weniger Schadholz - Holzeinschlag deutlich gesunken