Die Mehrheit der Länder schmetterte am Freitag die Vorschläge ab, die beim Milch- Spitzengespräch im Juli mit Bauern, Industrie und Handel vereinbart worden waren. Bayern und Hessen konnten sich nicht damit durchsetzen, die Verrechnung von zu viel und zu wenig Milchlieferung abzuschaffen.
Die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse
Aigner (CSU) scheiterte damit, die Menge über technische Änderungen bei der Milch-Anlieferung zu senken und so höhere Preise zu ermöglichen. Der Bundesverband Deutscher
Milchviehhalter hält neue Proteste für denkbar.
«Ich möchte nicht ausschließen, dass die jetzige Enttäuschung in Wut und jetzt erst recht in Trotz umschlägt», sagte Verbandschef Romuald Schaber der Deutschen Presse-Agentur dpa. Ein neuer Lieferstopp wie vor fünf Monaten sei aber nicht konkret geplant.
Aigner zeigte sich nach der Entscheidung des Bundesrates «enttäuscht» von den Ländern. «Ich hätte mir gewünscht, dass sie sich an die Vereinbarungen vom
Milchgipfel halten. Die haben bei dem Treffen ja alle mit am Tisch gesessen», sagte sie «sueddeutsche.de».
Zur Zeit sei «zu viel Milch auf dem Markt», betonte Aigner. «Die EU darf die Quote - also die Höchstmenge an Milch, die jeder Landwirt produzieren darf - nicht weiter heraufsetzen.»
Der damalige Agrarminister
Seehofer hatte im Juli mit Ländern, Bauern, Molkereien und Handel vereinbart, Aktionen zur Senkung der Menge zu prüfen, um eine Talfahrt der
Erzeugerpreise zu stoppen.
Aigner bat Länder und Einzelhandel um Unterstützung für Milchbauern. Discounter und Supermärkte hatten die Ladenpreise für Milch Anfang der Woche gesenkt. In einem Gespräch mit Vertretern des Einzelhandels zeigte sie sich besorgt über den Preisdruck. Die Handelsketten erklärten nach ihren Angaben, dass sie zu den Vereinbarungen des Milch-Spitzengesprächs stünden. Der Verband Bioland rief zu einem Boykott von Lebensmittel-Discountern auf.
Bayerns Agrarminister Helmut
Brunner (CSU) beklagte im Bundesrat, die Erzeugerpreise für Milch seien seit Jahresbeginn um 6 Cent auf rund 34 Cent pro Liter gesunken «und werden weiter unter Druck geraten». Die meisten Länder fürchten, dass eine Mengenbegrenzung die Einkommen der Bauern schmälert, weil das Ausland dann zum Zuge kommt.
Der Deutsche
Bauernverband und die FDP werteten die Beschlüsse positiv und forderten einen Milchfonds auf europäischer Ebene. Darüber verhandelt Aigner in der übernächsten Woche in Brüssel. Die Linke-Politikerin Kirsten Tackmann sprach nach dem Bundesratsbeschluss von einer «Ohrfeige für Bauern».
Der
Bundesrat stimmte zugleich für die Umsetzung einer EU-weiten Erhöhung der Milchmengen-Beschränkung. Die
Milchquote soll um zwei Prozent steigen. Dies soll auf alle Erzeuger aufgeteilt werden. Die Erhöhung ist ein Schritt auf dem Weg zum geplanten Wegfall der europaweiten Beschränkung im Jahr 2015. Der FDP-Agrarpolitiker Hans- Michael Goldmann verlangte einen schnelleren Ausstieg. (dpa)