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20.09.2016 | 08:15 | Lebensmittelkartell 
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Zuckerhersteller nach Kartell im Prozesskarussell

Mannheim - Kein Zuckerschlecken: Die drei großen Produzenten Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen (Diamant-Zucker) sitzen im Prozesskarussell. Die Liste der Kläger ist lang. An diesem Dienstag wird die Klage des Lebensmittelriesen Nestlé in Mannheim verhandelt.

Zuckerhersteller
Die großen Zuckerhersteller Südzucker, Nordzucker und Pfeifer & Langen bekommen den bitteren Nachgeschmack von Kartellabsprachen zu spüren. Nach einem Bußgeld folgt ein Schadenersatzprozess auf den nächsten. Jetzt an der Reihe: Nestlé. (c) Oleg Golovnev - fotolia.com
Wie kam es dazu?

Nach Überzeugung des Bundeskartellamts haben die drei Unternehmen über viele Jahre hinweg Vertriebsgebiete unter sich aufgeteilt und damit Preiswettbewerb verhindert. 2014 verpflichtete die Behörde die Produzenten deshalb, 280 Millionen Euro Bußgeld zu zahlen. Südzucker musste mit 195,5 Millionen Euro die höchste Einzelstrafe berappen.

Seither häufen sich die Klagen von Unternehmen aus der Lebensmittelbranche. Sie meinen, zu viel für den Zucker in ihren Produkten gezahlt zu haben. Solche Absprachen sind auch deshalb verboten, weil sie am Ende zu höheren Endpreisen für die Verbraucher führen können.

Wie groß ist die Dimension der Prozesse?

Sehr groß - und es ist unklar, wie viele Klagen noch nachkommen. «Das ist in Deutschland mit Abstand der bedeutendste Verfahrenskomplex im Bereich Kartellschadenersatz», sagt der Düsseldorfer Kartellrechtsexperte Johann Brück mit Blick auf geforderte Summe und Anzahl der Kläger.

Wer sind die Kläger?

Die Reihe großer Firmennamen ist lang, insgesamt sind an deutschen Gerichten mehr als 30 Klagen anhängig, mit gut 20 die meisten in Mannheim, dem Sitz von Südzucker: Als einer der ersten war Bonbonhersteller Vivil vor das dortige Landgericht gezogen. Auch Katjes und Goldeck Süßwaren GmbH (Marke Zetti) klagen in Mannheim.

Die drei Verfahren laufen, Entscheidungen gibt es noch nicht. An diesem Dienstag (20. September) beginnt in Mannheim der Prozess Nestlé gegen die drei Zuckerhersteller. Auch Deutschlands größte Genossenschaftsmolkerei DMK hat neben anderen eine Kartellschadenersatzklage eingereicht.

Um wie viel Geld geht es?

Kartellrechtsexperte Brück schätzt die Summe der Klagen auf rund 500 Millionen Euro. Nestlé fordert laut Landgericht Mannheim rund 50 Millionen Euro Schadenersatz. Vivil verlangt 1,3 Millionen Euro, Katjes insgesamt rund 37 Millionen Euro. Die Markenhersteller Bauer, Ehrmann und Zentis wollen vor dem Kölner Landgericht gemeinsam Schadenersatz in Höhe von fast 119 Millionen Euro erstreiten. Der Printenhersteller Lambertz klagt auf 11,6 Millionen Euro. Krombacher/Schweppes will eine Million Euro.

Was sagen die Zuckerhersteller?

Aus Sicht der Beklagten wären die Preise im regulierten Zuckermarkt auch ohne Kartell nicht anders gewesen. Ein wirtschaftlicher Schaden sei den Kunden nicht entstanden.

Wo liegen die Schwierigkeit der Prozesse?

Wer Schadenersatz haben will, muss auch einen Schaden nachweisen - und den bestreiten die Zuckerhersteller. Mit dem Nachweis des Schadens stehen und fallen die Verfahren.

Wie geht es weiter?

Vor dem Mannheimer Landgericht werden am 21. Oktober sechs Klagen verhandelt, darunter Rübezahl Schokoladen (Marke Gubor). Insgesamt geht es dabei laut einem Gerichtssprecher um fast 15 Millionen Euro. Auch am 8. November ziehen in Mannheim sechs Kläger vor Gericht, darunter Teusser Mineralbrunnen.
dpa
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Kommentare 
agricola pro agricolas schrieb am 20.09.2016 09:42 Uhrzustimmen(95) widersprechen(55)
Das Szenario dieses gerichtlichen Nachspiels weitergedacht: Man ruiniert die deutsche Zuckerindustrie systematisch vorsätzlich, „veratmet“ die dortigen Bauerngelder in Form der Eigentümereinlagen, um billigst an den Rohstoff Zucker heranzukommen. Auf die jeweiligen Verbraucherpreise übt DAS im Endresultat ganz sicher keine preissenkenden Effekte aus, weit eher das Gegenteil wird infolge der sodann flugs hintergründig suggerierten „Rohstoffverknappung“ eintreten. // Beispielgebende Vergleiche im Agrarsektor hierzu: Der Weizenpreis dümpelt auf Erzeugerebene aktuell in welchem Talkessel vor sich hin!? Wie reagieren hierauf die Brötchenpreise an der Ladentheke!?***Eine noch eklatantere Anschaulichkeit demonstriert die Entwicklung des Braugerstenumfeldes. Ein Prosit auf dem heurigen Münchner Oktoberfest öffnet die Verbraucheräuglein für den beliebten süffigen Gerstensaft. // Als Rübenanbauer harre ich schon heute erfreut der Dinge, wenn sämtliche u.a. obig gelisteten, nun gehörig abpressenden Großkonzerne sich künftig mit gentechnisch verändertem brasilianischem Rohrzucker eindecken. Hier ist an vorderster Front der an Scheinheiligkeit kaum mehr zu überbietende Schweizer Konzern NESTLE hervorzuheben!(?) Letzterer entpuppte sich als größter Widersacher der alternativen Energien und befeuerte die Teller-oder-Tank-Diskussion , hier nachhaltig fatalen Einfluss ausübend, mit recht unlauteren Mitteln. Nestle ist im übrigen einer der größten Befürworter der GRÜNEN GENTECHNIK!(?). Wenn man nun in derartiger Art und Weise Gerechtigkeit für sich selbst in Anspruch zu nehmen gedenkt, so darf man sich glaubhaft einer Offenlegung der eigenen „Firmenphilosophie“ durch eine entsprechend transparente jeweilige Produktkennzeichnung für den Verbraucher nicht durchgängig widersetzen wollen. ***Sollen die deutschen Bauern für selbige Süsswarengiganten vielleicht den Zucker nun allenfalls für Gottes Lohn in deren begierigen Schlund stopfen!? - Die Zuckerrübenpreise im kommenden Jahr verheißen durchweg desaströse Bauernrenditen, wo sämtliche Anbaualternativen auf deutschen Äckern diese Kultur mittlerweile betriebswirtschaftlich toppen. -Selbst Weizen für nur 14,00 €/dt ist hier weitaus lukrativer. In einer ehrlichen, vergleichend gegenüberstellenden Berechnung mit dem Erzeugnis „Zuckerrübe“ fließen kaum mehr 10,00 Euronen/dt, auf das vorstehende Weizenpreisniveau transferiert, auf das Erzeugerkonto. - Der ehemaligen Königin des Ackers droht somit das gnadenlose AUS in der alljährlichen Fruchtfolgeplanung von uns Ackerbauern.
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