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16.01.2011 | 17:23 | Dioxin-Skandal 

Aigner giftet im Dioxin-Skandal gegen Niedersachsen

Berlin/Hannover - Ilse Aigner ist das Lächeln abhanden gekommen. Der Dioxin-Skandal ist ihre große Bewährungsprobe.

Ilse Aigner
Ilse Aigner (c) proplanta
Die 46- Jährige ist unter Druck geraten. Sie zeigte sich aber entschlossen, als sie am Freitag ihr Aktionspaket für mehr Sicherheit in Futter und Lebensmitteln vorstellte. Dann kam am Samstag neuer Dioxin-Alarm.
Fast 1.000 Höfe sind wieder gesperrt, nachdem es zwischenzeitlich nur noch knapp 400 waren. Ein Futterhersteller in Niedersachsen soll Daten verschwiegen haben. Aigner wirft dem Land vor, ihr dies bei einem Besuch verschwiegen zu haben. Die CSU-Politikerin will damit den Spieß umdrehen. Das birgt Risiken: Niedersachsen ist CDU-regiert. 

Aigner stellte Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) am Samstag ein Ultimatum, bis zum Abend personelle Konsequenzen zu ziehen. Sie nannte zwar Namen, wollte sich aber nicht festlegen, welche Köpfe rollen sollen. Im Visier hat sie den kommissarischen Agrarminister Hans-Heinrich Sander (FDP), Agrarstaatssekretär Friedrich-Otto Ripke und den Chef des Niedersächsischen Landesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), Eberhard Haunhorst. Denn das Trio sprach mit ihr am Freitag, wohl ohne von dem neuen Fall zu berichten.

McAllister, der im Dioxin-Skandal bisher wenig wahrnehmbar war, ließ das Ultimatum einfach verstreichen. Ihm gehe es um die Sache, nicht um Personen. «Dafür müssen die Verantwortlichen von Bund und Ländern weiterhin vertrauensvoll zusammenarbeiten und deswegen beteilige ich mich an solchen Personaldebatten grundsätzlich nicht», sagte er dem Sender ffn. Aigners Ultimatum löste hinter den Kulissen Kopfschütteln in Hannover aus. Sie stehe unter Druck und wolle offensichtlich davon ablenken, hieß es.

Dabei zeigt ein Bericht aus Niedersachsen, aus dem das Bundesagrarministerium zitiert, dass der neue Dioxin-Verdacht dem Land schon vor Aigners Besuch in Oldenburg bekannt war. Die Bundesministerin ist empört: «Der Bund wurde von den Verantwortlichen in Niedersachsen nicht informiert und das kann nicht sein.» Ripke beruft sich darauf, dass er zunächst noch nichts gewusst habe von der Ausweitung der Dioxin-Verdachtsfälle. Er sei erst darüber informiert worden, als die Ministerin bereits abgereist war.

Aigner hatte in den ersten Tagen des Skandals auf die Länder verwiesen. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) soll sich laut Medienberichten in der vergangenen Woche verärgert darüber gezeigt haben, welches Bild dies in der Öffentlichkeit erzeugt. Wegen der Informationspanne zeigt Aigner nun auf Niedersachsen. FDP-Chef Guido Westerwelle warnt schon vor einem «Schwarzen-Peter-Spiel». Aus der CDU, der auch McAllister angehört, bekommt Aigner dagegen Unterstützung. «Ich habe Verständnis für die Forderung», sagt der CDU-Bundestagsabgeordnete und Agrarexperte Peter Bleser.

Für die Opposition in Niedersachsen ist der Streit ein gefundenes Fressen. Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel hält das Krisenmanagement für ein völliges Versagen. «Sonst könnte nicht drei Wochen nach erstem Bekanntwerden des Dioxinverdachts ein weiterer Lieferant auftauchen, der hunderte von landwirtschaftlichen Betrieben mit dioxinverseuchten Futtermitteln versorgt hat.» Der SPD-Fraktionsvorsitzende Stefan Schostok sieht bereits den Agrarstandort Niedersachsen bedroht. Ausgerechnet jetzt ist das Agrarministerium ohne Chef: Der neue Minister Gert Lindemann wird nach dem Rücktritt von Astrid Grotelüschen erst an diesem Mittwoch vereidigt. Aigner kennt ihn gut: Sie hatte dem damaligen Staatssekretär vor einem Jahr den Laufpass gegeben. (dpa)
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