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14.11.2015 | 06:56

Indien setzt auf Solarenergie

Solarenergie in Indien
Indiens Energiehunger ist gigantisch. Um ihn zu stillen, will das Land bis 2022 auch rund 100 Gigawatt Solarstrom installieren. Deutschland hilft bei einem Pilotprojekt für Yogis. Solarzellen (c) Franz Metelec - fotolia.com

Indisches Forschungsprojekt: Solarenergie 24 Stunden am Tag



Fernab vom dreckigen Getümmel indischer Großstädte liegt das Hauptquartier der Brahma Kumaris. Hoch auf dem Mount Abu im westindischen Bundesstaat Rajasthan suchen die weiß gekleideten Yogis eine spirituelle Verbindung zu Gott. Dass sich die Organisation mit über einer Million Anhänger nicht nur fürs Nirwana, sondern auch für die Welt im Hier und Jetzt interessiert, zeigt ein Forschungsprojekt am Fuße des Berges.

Auf mehreren hundert Quadratmetern entsteht dort ein solarthermisches Kraftwerk, das in dieser Form bisher weltweit einzigartig ist. Es besteht aus insgesamt 770 Parabolspiegeln, jeweils 60 Quadratmeter groß, in Reih und Glied aufgestellt. Der Clou der 1-Megawatt-Anlage: Sie kann rund um die Uhr Strom produzieren. Hinter dem Forschungsprojekt steckt nicht nur die spirituelle Glaubensgemeinschaft, sondern auch die indische Regierung sowie die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Indien sucht händeringend nach immer neuen Stromquellen. Das aufstrebende Schwellenland leidet unter einer strukturellen Unterversorgung - und ständig werden neue Dörfer ans Stromnetz angeschlossen und neue Fabriken gebaut.

Die Regierung setzt auf den Ausbau der Kohlekraftwerke, aber auch auf erneuerbare Energien. Im Vorfeld des Klimagipfels in Paris verpflichtete sich das Milliardenland, bis zum Jahr 2030 den Stromanteil aus nicht-fossilen Energiequellen auf 40 Prozent zu steigern.

Allein der Solarstrom soll bis zum Jahr 2022 um 100 Gigawatt ausgebaut werden. Ein laut Analysten sehr ambitioniertes Ziel, denn bisher hat Indien nur rund 4 Gigawatt Solarstrom installiert.

Deutschland unterstützt den sonnenreichen Subkontinent mit verschiedenen Projekten auf seinem Kurs. Allein für die Brahma-Kumaris-Anlage hat das Bundesumweltministerium rund fünf Millionen Euro bereitgestellt, etwa die Hälfte der Investitionssumme.

Die Technik des Kraftwerks ist vergleichsweise einfach, die Materialien können fast komplett vor Ort produziert werden. Die 770 Parabolspiegel reflektieren die Sonnenstrahlen auf jeweils gegenüber stehende gusseiserne Röhren, die über drei Tonnen schwer sind. Diese sogenannten Receiver sind mit Spiralen umwickelt, durch die Wasser fließt. Durch die Hitze verdampft das Wasser darin und treibt eine Turbine an, die Strom produziert.

Der deutsche Bundesverband für Solarwirtschaft hält das Projekt für vielversprechend. «Da die Wärme im Hohlraum des Receivers gespeichert werden kann, kann der Generator unabhängig vom Sonnenstand rund um die Uhr Strom produzieren», sagt David Wedepohl vom Bundesverband Solarwirtschaft. Zudem liefere die Anlage nicht nur Strom, sondern auch Wasserdampf. «Die Kopplung von Strom- und Wärmeproduktion ist besonders effizient», sagt er.

Für die Brahma Kumaris ist dabei vor allem Eines wichtig: «Es macht uns teilweise vom Stromnetz unabhängig», sagt Projektleiter Golo Pilz, der aus Deutschland stammt und seit über 20 Jahren als Yogi bei der Organisation lebt. Dadurch spart sie Geld und muss nicht mit den in Indien häufigen Stromausfällen kämpfen. «In Zukunft werden wir außerdem die Küche unseres Campus mit dem Dampf betreiben. Dort können wir dann für bis zu 30.000 Menschen kochen.»

Solarthermie ist seit dem Preissturz von Photovoltaikanlagen in den vergangenen Jahren eigentlich nicht mehr die erste Wahl für Großprojekte. Denn die Anschaffungskosten sind deutlich höher. Die Wärme kann bei der solarthermischen Anlage durch die Bauart und Isolation der Receiver aber vergleichsweise günstig verwahrt werden. «Die Speicherung der Energie durch Batterien wäre bei einer Photovoltaikanlage teurer», sagt der Leiter des Projekts bei der GIZ, Timon Herzog.

Für Herzog ist der Preis zudem nicht maßgeblich. «Es handelt sich um ein Forschungsprojekt, das sich nicht nur für alle Seiten lohnt, sondern darüber hinaus auch neue Erkenntnisse liefert.» So hoffen die Projektpartner, dass sich die Technik langfristig für die indische Industrie nutzen lässt. «Der Dampf könnte als Prozesswärme für die industrielle Produktion interessant sein», sagt Herzog. Diese ist beispielsweise bei der Trocknung von Lebensmitteln, Papierproduktion, Reinigung oder Gärung einsetzbar.
dpa
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