Agrarminister Peter
Hauk (
CDU) und die Autoindustrie unterstützen den Trend. Der Bauerverband warnt jedoch auch vor wirtschaftlichen Risiken. «Für die Bauern ist das Geschäft mit Biodiesel nicht nur eine Chance», sagte der Sprecher des Bauernverbands, Heiner Krehl, in einem dpa-Gespräch in Stuttgart. «Sie müssen mit sehr spitzem Bleistift kalkulieren, sonst drohen ganz schnell Existenzprobleme. Das ganze ist kein Schlaraffenland. Eine Goldgräberstimmung haben wir nicht.»
Von den knapp 60.000 landwirtschaftlichen Betrieben in Baden- Württemberg sind nach Angaben des Bauernverbands fünf bis zehn Prozent in diesem Wirtschaftszweig tätig. «Die Tendenz ist landesweit steigend.» Vor allem in den Regionen Biberach und Sigmaringen sei eine starke Zunahme zu beobachten, dass die Landwirte mehr in Bioenergie investierten, berichtete Krehl. Auf diesem Weg versuchten die Bauern, ihr Ernterisiko zu streuen. Der
Winterraps könne sowohl für die Nahrungsmittelkette als auch die Produktion von Biodiesel verwendet werden.
Agrarminister Peter Hauk (CDU) sprach von einer lohnenden Alternative für die Bauern, die aber ein begrenztes Potenzial habe. «Die Landwirte haben eine große Chance, damit wichtige Deckungsbeiträge für ihre Arbeit zu erzielen.» Wegen der Beimischungspflicht zum Diesel gebe es auch genügend Absatzmöglichkeiten. Negativ wirke sich aber die große ausländische Konkurrenz auch durch die Importe von Palmöl aus. Außerdem seien die Herstellungskosten für Biodiesel recht hoch, schränkte der Minister ein.
Nach Einschätzung von Hauk ist das Geschäft mit den Biokraftstoffen der so genannten zweiten Generation mittel- und langfristig lukrativer. Ähnlich schätzt es auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) ein. «Die Beimischung von Biodiesel ist - wie von Bio-Ethanol auch - neben unseren Verbesserungen bei den Motoren- und Antriebstechnologien ein zusätzlicher wichtiger Hebel, die Abhängigkeit vom Öl und die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs weiter zu senken», sagte VDA-Präsident Bernd Gottschalk. Die Zukunft gehöre jedoch den synthetischen Biokraftstoffen der zweiten Generation.
Gottschalk hob das Ziel der deutschen Autoindustrie hervor, die Beimischung dieser
Biokraftstoffe zu fossilen Kraftstoffen von auf zehn Prozent zu verdoppeln. Wenn dieses Ziel bis 2012 umgesetzt würde, könnten allein in Deutschland acht Millionen Tonnen oder knapp acht Prozent Kohlendioxid (
CO2) pro Jahr eingespart werden. «Auf Grund dieses Potenzials ist es so wichtig, Biokraftstoffe im Rahmen des Integrierten Ansatzes der EU in die weitere CO2- Reduzierungsstrategie einzubeziehen», betonte Gottschalk.
Nach Angaben des Bauernverbands leiden die Landwirte derzeit auch unter «Knebelverträgen», wenn sie ihre
Biomasse zu billig anbieten. «Im Moment arbeitet noch jede zweite Biodieselanlage im Land ohne Gewinn», erklärte Krehl. Die Landwirte erwirtschafteten vielfach nicht ihre Abschreibungen. Es müssten daher Wege gefunden werden, die seit Jahresbeginn höheren Steuern auf Biodiesel auszugleichen. Grundsätzlich muss Diesel fünf Prozent Bio-Anteil zugemischt werden.
Der
Bauernverband forderte die Autoindustrie auf, die Motorentechnologie schneller für die Biokraftstoffe weiterzuentwickeln. «Die Bürger müssen aber auch die Möglichkeit haben, diese zu nutzen», mahnte der Experte für nachwachsende Rohstoffe im Bauernverband, Marco Eberle. Biodiesel sei zwar mittlerweile der Kraftstoff der Zukunft und marktrelevant. «Es gibt immer noch sehr wenige Motoren, die mit Biodiesel fahren können.»
Es fehle vor allem an Kleinwagen mit entsprechenden Motoren, sagte Krehl. «Es geht um die breite Käuferschicht, denen Wagen zu normalen Preisen angeboten werden sollten.» Unterstützung erhielt der Verband bei seiner Forderung von Umweltministerin Tanja
Gönner (CDU): Neben der Mineralölwirtschaft sei auch die Automobilindustrie gefordert, die technischen Möglichkeiten zu einem verstärkten Einsatz von Biokraftstoffen weiter zu entwickeln. «Die Nachfrage nach Biokraftstoffen ist auch wegen des gestiegenen Kraftstoffpreises auf Wachstumskurs und kann durch ein verbessertes Angebot attraktiver Fahrzeuge - insbesondere Kleinwagen - weiter gesteigert werden», betonte die Ministerin. (MLR-BW)
HintergrundinformationenEine Biodieselproduktion im industriellen Maßstab gibt es in Baden-Württemberg nicht. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums sind zwar Planungen bekannt, am Standort Marbach ein Biodieselwerk zu bauen. Angesichts des Biokraftstoffquoten- und Energiesteuergesetzes sind die potenziellen Investoren aber noch zögerlich bis abwartend, da sie ursprünglich auf die Vermarktung von reinem Biodiesel an Endverbraucher gesetzt haben.
Im kleinen Maßstab soll in Herrenberg eine landwirtschaftliche Biodieselanlage aufgebaut werden. Die Vermarktung des Biodiesels soll an die Landwirtschaft und auch darüber hinaus erfolgen. In Donaueschingen wird eine Ölmühle betrieben, die auch Rapssaaten für den Kraftstoffmarkt verarbeitet. Die so genannte Veresterung des Öls erfolgt aber in Bayern.
Grundsätzlich verfügt Baden-Württemberg nach Einschätzung des Ministeriums auch im Hinblick auf die nationale und internationale Rohstoffversorgung über wenige günstige Standorte für Biodieselanlagen. Dies gilt laut Ministerium sowohl für die Rapsproduktion, die deutlich unter den ackerbaulichen Möglichkeiten liegt. Zudem sind die Wasserstraßen im Land nur eingeschränkt für den weltweiten Warentransport geeignet.
In Baden-Württemberg wurden 2005/2006 auf rund 70.000 Hektar Raps für die Nahrungsmittel- und Biokraftstoffproduktion angebaut. Im Jahr 2004/2005 waren es etwa 69.700 Hektar Raps.