(c) proplanta Offiziell wollten sich Sprecher der großen Stromkonzerne Eon, RWE, Vattenfall und EnBW am Montag zum Wahlergebnis und zu den möglichen Koalitionsperspektiven Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün überhaupt nicht äußern. Unter der Hand hieß es, Klientelpolitik und Eingriffe der Politik in die Energiewirtschaft werde es in jeder Konstellation geben. «Schließlich war es eine CDU-Kanzlerin, die nach Fukushima die Kernenergie dicht gemacht hat», «Wir müssen mit jeder Koalition klarkommen» und «Das ist wie Pest oder Cholera», hieß es hinter den Kulissen.
An der Börse rutschten die Aktien der Versorger Eon und RWE leicht ins Minus. Nach der Wahl bleibe die Unsicherheit bestehen, begründete ein Händler die Verluste. Eine - wenn auch unwahrscheinliche - schwarz-grüne Variante könnte die Versorgerwerte belasten. Aber auch eine große Koalition würde keine Stimmungsaufhellung bringen, sagte der Händler.
Ein Fachmann aus einem Stromkonzern befürwortete die große Koalition: Es gebe durchaus Sympathien für die SPD als CDU-Regierungspartner, sagte er. Die Sozialdemokraten hätten mit den Interessen der Beschäftigten auch das Wohlergehen der Großindustrie im Blick. Der Bundesverband Erneuerbare Energie (BEE) zeigte sich dagegen skeptisch: Er befürchte eine Stagnation der Energiewende, wenn rote Kohlebefürworter und schwarze «Masterplaner» sich träfen, erklärte BEE-Geschäftsführer Hermann Falk. Beide Parteien hätten sich bisher nicht durch eine zukunftsweisende Wirtschafts- und Umweltpolitik hervorgetan.
Einig ist sich die Branche, dass eine Reform des Erneuerbare- Energiengesetzes (EEG) jetzt sehr schnell kommen müsse. Das EEG in der jetzigen Form mit Einspeisevorrang und langfristiger Preisgarantie für Ökostrom produziert Förderbedarf in Milliardenhöhe. Zugleich sind die Börsen-Strompreise wegen des hohen Angebots an Wind- und Sonnenstrom abgestürzt. Die Branche fordert unter anderem eine Wiederbelebung des CO2-Handels sowie einen finanziellen Ausgleich für das Vorhalten konventioneller Energie, mit der die Stromnetze stabilisiert werden.
Die neue Bundesregierung müsse in den ersten 100 Tagen eine Energiekonferenz einberufen, forderte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Ulrich Grillo, am Montag in Berlin. Nötig sei eine «radikale» Reform. Entlastungen energieintensiver Industriezweige seien dabei wegen des internationalen Wettbewerbs weiter wichtig.
Der Verband der Chemischen Industrie (VCI), dessen Mitglieder als große Stromverbraucher sehr an bezahlbaren Strompreisen interessiert sind, forderte einen sofortigen Förderstopp für Neuanlagen mit erneuerbarer Energie. Nur so könne die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes gesichert werden, erklärte VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann.
Auf der anderen Seite forderte die Präsidentin des Bundesverbandes Windenergie, Sylvia Pilarsky-Grosch, den Erhalt von Einspeisevorrang und Mindestpreisvergütung und verwies auf die rund 118.000 Jobs der Branche. An diesem Freitag (27.9.) legt der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) sein Konzept für eine Reform des Energiemarktes vor. (dpa)
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