«Das ist eine leidenschaftliche Debatte. Da geht es um ein Herzensanliegen», sagte der Grünen-Abgeordnete Ott in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. «Es wird kein so großes Übergewicht für die eine oder andere Seite geben». Der Vorstand werde auf dem Sonderparteitag am 25. Juni in Berlin nicht durchkommen, wenn er einen einseitigen Antrag vorlege. «Das muss sehr differenziert gemacht werden.»
Insbesondere sieht Ott keinen Grund, vom Ausstiegsdatum 2017 abzuweichen, wie es die Grünen seit langem fordern. «Entweder nimmt man die Gefahr ernst oder nicht», sagte er zu den Konsequenzen aus der Reaktorkatastrophe von Fukushima. Bundeskanzlerin Angela Merkel (
CDU) will erst bis 2022 alle Atomkraftwerke in Deutschland abschalten. «Die Menschen wollen schneller raus», meint der Grünen-Abgeordnete.
Ott forderte, die Grünen dürften «nicht ohne Not» das Ziel eines früheren Ausstiegs aufgeben. «Wir müssen ja nicht zustimmen! Die ziehen das eh durch.» Dies gelte umso mehr für die Punkte Endlagersuche, Kaltreserve und Dezentralisierung der
Energieversorgung, wo der Entwurf der schwarz-gelben Regierung weit entfernt von den Forderungen der Grünen sei. «Da ist gar nichts drin von unseren Vorstellungen.»
Zur Kehrtwende der Kanzlerin, die noch im Herbst 2010 eine Laufzeitverlängerung durchgesetzt habe, meinte Ott: «Merkel macht das sehr geschickt.» Sie habe damit den Koalitionspartner, das Parlament und gesellschaftliche Gruppen ausmanövriert.
Die Grünen stünden jetzt vor der Frage: «Wie verhält man sich zu so einem unmoralischen Angebot?»
Zu der These, die Grünen könnten mit dem Atomausstieg ihr zentrales Thema und damit auch Zustimmung bei den Wählern verlieren, sagte Ott: «Unsere Aufgabe fängt jetzt erst an». Es gebe noch zahlreiche offene Fragen in der Folge des Atomausstiegs, etwa die Suche nach einem Endlager und der Rückbau der Kraftwerke. Vor allem aber gehe es darum, im Sinne des Klimaschutzes aus den fossilen Energien auszusteigen und den Einstieg in die erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Bis 2020 könne deren Anteil an der Stromversorgung 50 Prozent erreichen. «Wir stehen am Beginn einer großen Transformation unserer Industriegesellschaften - dagegen ist der Atomausstieg ein Kinderspiel.»