Die französische Staatsanwaltschaft ermittelt derzeit, ob eine private Sicherheitsfirma im Auftrag von EDF illegal in den Computer des damaligen Greenpeace-Chefs Yannick Jadot eingedrungen ist. Die bizarre Affäre, mit der sich derzeit ein französisches Gericht beschäftigt, könnte den weltgrößten Anbieter von Atomstrom in Bedrängnis bringen. Das Unternehmen, das zu 85 Prozent dem französischen Staat gehört, will von dem weltweit anziehenden Atomgeschäft profitieren und ist deswegen auf seinen guten Ruf angewiesen.
Thierry Lorho, Chef des Sicherheitsdienstes Kargus, gibt freimütig zu, dass er zu Hacker-Methoden gegriffen hat. Schließlich sei es um nationale Interessen gegangen. «Es wäre allerdings gut, wenn EDF, die den Auftrag erteilt haben, auch die Verantwortung dafür übernehmen würden», sagte Lorho. Der französische Greenpeace-Chef Pascal Husting vermutet, dass letztlich der Staat seine Finger im Spiel hatte: «Es gibt genug von diesen Freischärlern, die Hand in Hand mit dem Staat oder zumindest mit den Geheimdiensten arbeiten, die ihnen die dreckigen Aufträge zuspielen», sagte Husting dem Online-Magazin Mediapart.
Nach ersten Ermittlungsergebnissen sollen zwei verschiedene Sicherheitsdienste im Auftrag von EDF sowohl
Greenpeace als auch die Organisation Sortir du nucléaire ausspioniert haben. Als dies bekannt wurde, suspendierte EDF umgehend zwei ranghohe Mitarbeiter und versuchte, sich als Opfer der privaten Sicherheitsdienste darzustellen. Der Richter wies eine entsprechende Klage jedoch ab.
Der Auslöser der Affäre liegt möglicherweise schon sechs Jahre zurück. Damals war Sortir du Nucléaire ein vertrauliches EDF-Papier zugespielt worden, in dem es um die Sicherheit des geplanten Europäischen Druckwasserreaktors (EPR) in Flamanville ging. Nach Ansicht der Lobbybewegung warf dieses Papier Zweifel auf, ob der EPR-Reaktor tatsächlich einer Terrorattacke mit einem Flugzeug standhalten würde.
Dass EDF seine Gegner überwacht, ist nicht weiter verwunderlich - zumal Greenpeace für seine spektakulären Aktionen gegen die Atomindustrie bekannt ist. Offen ist jedoch, ob sich der Atomkonzern dabei illegaler Methoden bedient hat. Angesichts des laufenden Verfahrens lehnte EDF dazu bislang jede Stellungnahme ab.
Ungeachtet dessen schwappt das unangenehme Gefühl, womöglich gesetzeswidrig überwacht worden zu sein, auch schon nach Deutschland. Die deutsche Sektion von Greenpeace, in der Anti-Atomkraftbewegung besonders engagiert, fragt sich derzeit, ob sie möglicherweise auch im Auftrag von EDF ausspioniert worden ist. Sie hat eine entsprechende Anfrage an die Energie Baden-Württemberg AG (
EnBW) gestellt. An dieser ist der französische Konzern mit 45 Prozent beteiligt. «Wir haben keine befriedigende Antwort erhalten», sagte Thomas Breuer von Greenpeace in Berlin. (dpa)