Vorsprung durch Wissen
schließen x
Suchbegriff
Rubrik
 Suchen
Das Informationszentrum für die Landwirtschaft
28.12.2012 | 21:07 | Umweltpolitik 

Peter Altmaier und sein Amt als Bundesumweltminister

Berlin - Die Entlassung von Norbert Röttgen als Bundesumweltminister war ein besonderer politischer Moment 2012.

Peter Altmaier
(c) deutscher bundestag, lichtblick, achim melde
Nachfolger Peter Altmaier ist ein komplett anderer Typ, doch auch er konnte bisher keine Wunder vollbringen. Im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur erklärt der 54-Jährige, warum er nicht bereut, das Angebot von Kanzlerin Angela Merkel angenommen zu haben, wie sein Computer fast einen Reformvorschlag zu Fall gebracht hätte und was er den Bürgern rät, damit die Stromrechnung bezahlbar bleibt.


Herr Minister, denken Sie ob der Schwierigkeiten manchmal, hätte ich doch dieses Angebot der Kanzlerin nicht angenommen?

Altmaier: «Ganz im Gegenteil. Je länger ich Minister bin, und je intensiver ich mich mit der Materie auseinandersetze, desto spannender finde ich die Aufgabe. Mir wird klar, dass die Energiewende fast alle Lebensbereiche betrifft. Ich empfinde es als große Auszeichnung, dass ich daran mitarbeiten darf.»


Haben Sie unterschätzt, dass selbst unionsregierte Länder sie so wenig unterstützen, wenn es darum geht, den Ausbau erneuerbarer Energien zur Begrenzung der Kosten in geordnetere Bahnen zu lenken?

Altmaier: «Ich habe ja schon als Parlamentarischer Geschäftsführer erlebt, wie mein Vorgänger bei der Solarförderung mit dem Bundesrat zu kämpfen hatte. Das ist deshalb leicht zu erklären, weil die Energiewende auf der einen Seite Kosten hat, diesen Kosten aber auch Gewinne und Wertschöpfung gegenüberstehen. Deshalb möchte jedes Bundesland intensiv daran teilhaben. Als Bundesumweltminister lege ich Wert auf ein geschlossenes Konzept, das möglichst bezahlbar ist, während die Bundesländer bisher die eigenen Ausbaupläne im Blick hatten. Deshalb ist es wichtig, dass sich die Bundeskanzlerin und die Bundesländer darauf verständigt haben, eine nationale Ausbaukonzeption zu erarbeiten.»


Sie sagen oft, erst seit einem halben Jahr werde intensiv über die Energiewende gesprochen. Hat sie unter ihrem Vorgänger und früheren Weggefährten Norbert Röttgen etwa nicht stattgefunden?

Altmaier: «Das sollte und kann man nicht auf die persönliche Ebene runterbrechen. Es ist so, dass durch die Debatte im letzten halben Jahr die Energiepolitik stärker in den öffentlichen Fokus gerückt ist, was dem Thema gut tut und was für den zuständigen Minister eine große Erleichterung ist.»


Also werfen Sie Norbert Röttgen keine Versäumnisse vor?

«Nein. Ich würde niemals einem Vorgänger Versäumnisse vorwerfen.»


Ihr Stil ist auf Konsens ausgerichtet, oft wirken sie spontan mit ihren Vorschlägen. Die Opposition kritisiert zu viele Ankündigungen.

Altmaier: «Er ist weniger spontan, als es manchmal scheint. Ich würde meinen Politikstil als freundliche Nachdrücklichkeit und nachdrückliche Freundlichkeit bezeichnen.»


Was hat Sie am meisten in der bisherigen Amtszeit überrascht?

Altmaier: «Mich hat am stärksten überrascht, wie stark die Energiewende in den letzten zehn Jahren vorangekommen ist, zunächst größtenteils unbemerkt von der politischen Öffentlichkeit, vorangetrieben von sehr engagierten und talentierten Menschen, die ihren Beitrag leisten wollen zu einer nachhaltigeren und umweltverträglicheren Ökonomie.»


Es heißt, Sie schreiben wichtige Papiere komplett selbst. Beim Verfahrensvorschlag für eine Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) soll das fast in die Hose gegangen sein...

Altmaier: «90 Prozent des Verfahrensvorschlags waren in der Nacht vor der Vorstellung fertig, als um halb vier der Computer plötzlich heruntergefahren ist. Es stellte sich heraus, dass ein Drittel des Textes gespeichert war, der Rest war aber verschwunden und ließ sich nicht wiederherstellen. So dass ich dann nochmal bis halb sechs am Morgen das Papier ein zweites Mal aus dem Kopf heraus geschrieben habe. Als ich dann den Computer runterfahren wollte, fragte er mich, ob ich das verschwundene Dokument wiederherstellen möchte. Ich habe die Fassung nochmal gelesen und fand die zweite aber besser als die erste.»


Ab Januar müssen Millionen Deutschen viel mehr für Strom zahlen. Sie schlugen als Gegenrezept Stromsparen vor und ernteten Häme.

Altmaier: «Wir haben gegen viele Widerstände konkrete Initiativen auf den Weg gebracht - angefangen mit einem Runden Tisch, gefolgt von einer Internetplattform zum Stromsparen bis hin zu konkreten Programmen. Inzwischen stellen wir fest, dass es beim Thema Stromsparen eine so nicht erwartete Eigendynamik gibt. In der Bevölkerung ist eine Diskussion in Gang gekommen, wo man zu Hause am besten Strom sparen kann. Das kann dazu führen, dass wir im nächsten Jahr den Stromverbrauch stärker im Rahmen halten, als dies andernfalls der Fall wäre.»


Was konkret raten Sie den Bürgern?

Altmaier: «Es gibt die Möglichkeit den Versorger zu wechseln. Man kann veraltete Geräte wie Heizungspumpen, Kühlschränke und Waschmaschinen austauschen. Vor allem kann man dafür sorgen, dass der Stromverbrauch bei Geräten niedriger ausfällt, ohne dass es Abstriche bei der Bequemlichkeit gibt: Zum Beispiel, indem man Computer über Nacht runterfährt und Geräte nicht im Stand-by-Modus lässt oder Handy-Ladekabel nach dem Laden aus der Steckdose zieht. So kann man die Erhöhungen nicht nur ausgleichen, sondern im Gegenteil sogar die Stromrechnung ein paar Euro billiger machen.»


Einkommensschwache Bürger haben aber meist gar kein Geld, um den Kühlschrank auszutauschen...

Altmaier: «Wir haben ganz spezielle Programme für Einkommensschwache, dazu gehört der Stromspar-Check. Wir sind dabei, diese Angebote auszubauen. Wenn jemand mit geringem Einkommen dabei eine Stromsparberatung bekommt, wird ihm unter anderem mit dem kostenlosen Austausch von Leuchtmitteln geholfen. Das sind keine großen Beträge, aber es führt dazu, dass 10 oder 15 Prozent Strom eingespart werden können.»


Es gibt ja neben der Energiewende auch andere Projekte, wie die bundesweite Einführung einer einheitlichen Wertstofftonne, aber kommunale und private Entsorger sind bei den Zugriffsrechten tief zerstritten. Warum ist davon nichts mehr zu hören?

Altmaier: «Ich habe immer gesagt, dass ich in der Kürze der Zeit, nur dann einen Gesetzesvorschlag vorlege, wenn sichergestellt ist, dass dieser Vorschlag Bundestag und Bundesrat passiert. Im Augenblick zeichnen sich noch keine Mehrheiten im Bundesrat ab, weil alle für die Wertstofftonne sind, aber jeder unterschiedliche Vorstellungen hat, wie es organisiert werden soll. Hier geht es um viel Geld. Deshalb sich dort bisher noch relativ wenig bewegt.»


Sie haben noch knapp zehn Monate bis zur Bundestagswahl, was ist Ihr persönlicher Wunsch für 2013?

Altmaier: «Dass die Energiewende als Projekt unstrittig wird, weil sie nicht mehr zurückgedreht werden kann. Dass wir vorankommen beim Ausbau der Leitungen und dass die Energiewende endlich als gesamtgesellschaftliches Projekt verstanden wird. Die Weihnachtszeit nutze ich auch zum ausschlafen, lesen und nachdenken. Ich will die Batterien aufladen, damit ich dann Anfang des Jahres mit voller Kraft weitermachen kann.»
zurück
Seite:12
weiter
Kommentieren
weitere Artikel

Status:
Name / Pseudonym:
Kommentar:
Bitte Sicherheitsabfrage lösen:


  Weitere Artikel zum Thema

 E-Autos müssen die breite Masse erreichen

 Naturschutzgesetz der EU soll Ernährungssicherheit gewährleisten

 BUND fordert Umbau der Landwirtschaft in Sachsen

 Parlamentsentscheidung zu EU-Bodenrichtlinie im April erwartet

 Bayerns Wassercent soll spätestens im Sommer ins Kabinett

  Kommentierte Artikel

 Jäger sehen dringenden Handlungsbedarf bei Umgang mit Wölfen

 Söder setzt sich gegen Verbrenner-Aus ab 2035 ein

 2023 war Jahr der Wetterextreme in Europa

 Wind- und Freiflächen-Solaranlagen: Niedersachsen führt Abgabe ein

 Keine Reduzierung beim Fleischkonsum durch Aufklärung

 Größter Solarpark von Rheinland-Pfalz eröffnet

 Gipfelerklärung der EU setzt auf Lockerungen für Landwirte

 Grundwasser in Bayern wird weniger

 Lindnerbräu - Hoch die Krüge!

 Mutmaßlicher Wolfsangriff - mehrere Schafe in Aurich getötet